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Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic

Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic

Titel: Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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keine Schuhe?«, fragte ich interessiert.
    Seine Miene blieb undurchschaubar. »Einfacher, als etwas aus deiner Fußwarenkollektion auszuwählen, das möglicherweise unpassend gewesen wäre.«
    Fußwarenkollektion? Ich besaß gerade mal zwei Dutzend Schuhe und noch mal so viele Boots und Turnschuhe, kaum Imelda-Marcos-Niveau. Er hatte es gesagt, ohne eine Miene zu verziehen, also wusste ich nicht, ob er Witze machte. Außerdem erklärte es nicht, wieso er selbst keine Schuhe anhatte. Und was gab ihm überhaupt das Recht, meine »Fußwarenkollektion« zu inspizieren?
    »Ich nehme an, dass wir deshalb hier auf der Tower Bridge sind, ja? Vertraute Umgebung?« Ich wies mit einer ausholenden Armbewegung auf den Laufgang und den herrlichen Blick über London. Die goldenen Wolken spiegelten sich in den unruhigen Wassern der Themse, was dem Fluss einen beinahe metallenen Glanz verlieh. In der Ferne drehte sich die runde Silhouette des London Eye vor dem Abendhimmel. Näher bei uns befand sich der Tower of London mit seinen zwei mächtigen Außenwällen, die den eigentlichen Burgbereich mit dem wuchtigen mittelalterlichen weißen Turm umgrenzten. Seltsame Schatten schienen die Zinnen und die Bleidächer der Türme zu umwabern. Als ich näher hinschaute, ballten sich diese Schatten zu einer riesigen amorphen Masse zusammen, die langsam gen Himmel stieg. Ein Windstoß traf mich, dann noch einer, und plötzlich wurde die Brücke unter mir durchsichtig, verlor an Substanz. Ich schwankte, ruderte verzweifelt mit den Armen.
    »Genevieve, schau mich an!«
    Ich zuckte zusammen bei diesem scharfen Befehl, blinzelte und richtete meinen Blick dann auf Malik. Die Brücke nahm wieder ihre ursprüngliche Gestalt an. Ich atmete erleichtert auf und ließ die Arme sinken.
    »Je vertrauter dir die Umgebung ist«, erklärte er, »desto unwahrscheinlicher ist es, dass dein Unterbewusstsein in den Traum einsickert. Auf diese Weise wird die Illusion von Realität leichter aufrechterhalten.«
    Aha. Also Augen nicht in die Ferne schweifen lassen. Außer … »Es gibt also keinen anderen Grund dafür, dass wir ausgerechnet hier sind?«
    »Warum fragst du?«
    »Das Faelingmädchen, das heute früh gestorben ist, wurde im Dead Man’s Hole gefunden.« Ich deutete zum Tower, hütete mich aber, dorthin zu sehen. »Sie hatte Vogelblut, wahrscheinlich Rabe.«
    »Ah. Nein, ich wusste nichts von der Herkunft des Faelingmädchens. Nein, tut mir leid, Genevieve. Ich habe diesen Ort hier ausgesucht, weil er einer von zwei öffentlichen Plätzen ist, an denen du dich regelmäßig aufhältst. Und wo du dieses auffällige T-Shirt trägst.«
    Ich zupfte an besagtem T-Shirt. »Trafalgar Square wäre dann wohl der andere?«
    »Ja, aber dort wimmelt es normalerweise von Menschen, als Traumlandschaft wäre es also ungeeignet. Der Mangel an Menschen könnte dein Unterbewusstsein beunruhigen, und es würde versuchen zu kompensieren. Ich habe keine Lust, mich mit dir zu unterhalten, während du Pixies jagst. So unterhaltsam das auch sein mag.«
    Für ihn vielleicht. Und für jeden anderen außer für mich. Er hatte recht, ich hatte genug von den frechen kleinen Kerlen gejagt, dass es mir für den Rest meines Lebens reichte. Die wollte ich bestimmt nicht in meiner Traumlandschaft haben. Ich seufzte und warf Malik resigniert einen Blick zu. »Sollte mich wohl nicht überraschen, dass du mir auch nachspioniert hast.« Schließlich hatte das so ziemlich jeder getan, wie’s aussah. Vielleicht sollte ich Eintritt verlangen?
    »Doch, du wirst überrascht sein.« Seine Augen glitzerten belustigt. »Als ich letztes Mal nachgeschaut habe, gab es allein vierunddreißig Videos von dir auf YouTube zu sehen, wie du Pixies jagst. Von deinen Bemühungen auf der Tower Bridge gibt es nicht so viele – aber das Brückenmanagement ist sehr gewissenhaft, was das Updaten ihrer Blogs betrifft, nachdem eine Störung beseitigt wurde.« Er zeigte mir grinsend seine Fangzähne. »Ich brauche dir gar nicht nachzuspionieren, wenn das die Öffentlichkeit für mich tut.«
    Das überraschte mich wirklich – nicht das mit YouTube, das war ein alter Hut –, aber dass Malik sich neuerdings im Internet auskannte. Er war so ein altmodischer Typ. Beim Surfen konnte ich ihn mir nicht so recht vorstellen, weder auf den Wellen noch im Internet. Doch dann fiel mir ein, dass er und Tavish ja ein verschworenes Pärchen waren. Und Tavish war ein Top-Geek, dessen Dienste man für sehr viel Geld erkaufen konnte.

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