Bittersweet Moon
winkte ihm noch zu, als er mir umhüllt von einer Rauchwolke ein
Küsschen zuwarf, bevor er in den Aufzug einstieg.
Zögernd
schloss ich die Tür auf und trat mit gemischten Gefühlen in die Suite ein. In
Robins Hotelzimmer einzutreten war diesmal ein völlig anderes Gefühl als vor
vier Monaten. Damals war ich maßlos glücklich, berauscht und unsterblich
verliebt. Robin legte mir die ganze Welt zu Füßen, er machte mich zu seiner
Ballkönigin und genauso hatte ich mich auch gefühlt.
An
diesem Abend aber musste ich die undankbare Rolle einer alten Bekannten
spielen, die privilegiert genug ist, um eine Privataudienz bei dem berühmten
Rockstar zu kriegen und die sich in seinem Hotelzimmer frei bewegen darf. Diese
wie selbstverständliche Vertrautheit, mit der Robin mich empfing, würde so
manchen seiner hartgesottenen Fans mit grünstem Neid erfüllen, mich bedrückte
sie aber wie ein viel zu schwerer Mantel, der einem unangenehm an den Schultern
hängt. Es war noch viel zu früh für mich, um Robins gute Bekannte zu werden,
ich liebte ihn noch zu sehr und die Erinnerungen an unsere blutjunge
Vergangenheit brannten noch zu heiß in mir, um diese geschlechtslose Intimität
zwischen uns akzeptieren zu können.
Das
große Zimmer im Designerstil wirkte auf mich kalt und unfreundlich. Im sterilen
Weiß und mit viel Glas und Metall strahlte die Einrichtung eine unpersönliche
Eleganz aus, die mich aber unberührt ließ. Diese Suite bildete einen Kontrast
wie Tag und Nacht im Vergleich zu unserem romantischen Liebesnest damals in
Dezember. Umso besser. So komme ich nicht auf dumme und sinnlose
Gedanken . Ich setzte mich auf die große, weiße Ledercouch und wartete
einfach, dass Robin kommt. Durch die offene Verbindungstür sah ich das Bett im
Schlafzimmer, auch weiß, mit silbergrauer Bettwäsche. Nicht gerade einladend.
Aber ich saß in diesem Luxuszimmer nicht, um mir Gedanken über Robins Bett zu
machen. Es wurde mir plötzlich kalt, obwohl ich immer noch meine Jacke anhatte
und ich stand auf, um die Heizung unter dem Fenster aufzudrehen. Durch die
dünne Gardine bot sich mir ein schöner Anblick auf die Stadt, die versunken in
das abendliche Meer aus Lichtern verträumt und dämmerig aussah. Unter anderen
Umständen würde mich dieser Anblick bezaubern und fesseln, aber in meiner
Stimmung ließ er mich fast gleichgültig. Aus dieser Höhe wirkten die Straßen
ruhig und still, die Distanz nahm der City ihre Intensität und Hektik und
machte sie friedlich und langsam.
Die
Distanz. Auch ich versuchte in Robins Nähe die Distanz zu bewahren, die
verhindern sollte, dass meine unterdrückten, verbotenen Emotionen die Kontrolle
über mich gewannen. Ich fürchtete mich vor meiner Schwäche und ich hoffte,
Robin würde mich nicht zu sehr verunsichern. Auch wusste ich nicht, was mich
bei dem Gespräch mit ihm erwartete, wenn er endlich bei mir war.
Minuten
vergingen nur zögernd, während ich sitzend auf der Heizung zu der Tür starrte
und Robins Schritten lauschte. Die hörte ich nicht, nur ein leises Klopfen
weckte mich aus meinem in mich versunkenen Zustand. Wie ausgewechselt sprang
ich hoch und machte die Tür schwungvoll auf. Robin trat lächelnd ein.
"Sorry, es hat doch länger gedauert, als ich dachte." Als er
geräuschlos die Tür hinter sich schloss, blieben wir eine Weile stehen und schauten
uns nur an.
Endlich
waren wir alleine, nach all diesen vielen langen Wochen, die so schwer und
belastend hinter uns lagen. Sein Anblick erinnerte mich schmerzvoll an die
klaffende Leere in meiner Herzgegend, die er in mir hinterlassen hatte und die
sich durch seine bloße Anwesenheit trotz meines aufgezwungenen Abstands mit
einem wohltuenden, fast glücklichen Gefühl zu füllen begann.
Erst in
diesem Augenblick bemerkte ich die silberne Kette um Robins Hals, an der ein
schweres, keltisches Kreuz hing und hell auf seiner nackten Brust
aufschimmerte. Tristan… Robin näherte sich mir noch um einen Schritt und
nahm mein Gesicht zwischen seine Hände. Ich liebte diese zärtliche Geste
unendlich, aber diesmal verkrampfte ich mich dabei. Robins Berührung fühlte
sich in dieser Situation fast unerträglich an, weil sie mich zu sehr ermahnte,
dass wir kein Liebespaar mehr waren. Sein leicht geneigtes Gesicht näherte sich
mir und ich konnte mich von seinen leuchtenden Augen, die mich augenblicklich
entwaffneten, nicht lösen. Erst als seine sanft gewölbten, leicht geöffneten
Lippen mich wie ein weicher, warmer Hauch
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