bK-Gruen, Sara
Intervention.
Wir werfen den Affen einen Knüppel zwischen die Beine, und die Stunde
unmittelbar danach kann gratis angeschaut werden. Damit ködern wir die
Zuschauer, dann aber müssen sie abonnieren, um verfolgen zu können, wie es
weitergeht. Mit einem Vierundzwanzig-Stunden-Paket können sie bis zum nächsten Prime
Time-Segment weitersehen. Wer aber aktiv mitbestimmen will, was
im nächsten Prime Time-Segment passiert, muss das
Monats-Abo nehmen.»
«Für den
Anfang brauchen wir was Zündendes», sagte der Finanzchef und schnippte mit den
Fingern. «Pornos, Spielzeugwaffen, irgendwas.»
«Kriegsfilme und Spielzeugwaffen. Pornos und Sexspielzeug.»
Bei
Faulks hob sich fast unmerklich ein Mundwinkel nach oben und blieb zuckend, wo
er war. «Reden Sie weiter», sagte er.
Der
Anblick der geschmacklosen Eidechsenstatue auf dem Parkplatz des Buccaneer
Motor Inn ließ John das Schlimmste befürchten: Der Namenspatron von Lizard war
fünf Meter hoch, trug Overall und Strohhut und hatte verstörend menschliche,
nackte Füße mit knolligen grünen Zehen. Die Eidechse hielt ein Schild, auf dem
stand:
DOPP LBE
TEN VORH ND N FARBFER S HEN RAD O KLIM ANLAGE PAY-TV SOND RANG OTE
Darunter
stand in Neonschrift «Zimmer frei», wobei ein rotes «kein» davor aufflackerte.
Das
Gebäude selbst war ein zweistöckiger Betonklotz mit himbeerfarbenem Sockel. Die
klobigen Klimaanlagen vor den Fenstern spuckten brummend Kondenswasser auf den
Boden darunter. Der kiesbestreute Parkplatz war übersät mit leeren Bierdosen
und Fastfood-Verpackungen.
Auf der
anderen Straßenseite befand sich ein kleines, flaches Gebäude mit zwei
Geschäften: Eines war eindeutig nicht mehr in Betrieb, was das fast senkrecht
aus den Angeln hängende Schild mit der Aufschrift CHIROPRAKTIKER im Fenster
bewies; das andere, ein Restaurant namens Jimmy's, machte Reklame für ein
Sushi-Pizza-Kombimenü. Über der Oberleitung, die zu dem Haus führte, baumelte
ein Paar Schuhe, Stilettos, die jemand vor dem Hochwerfen sorgfältig
zusammengebunden hatte. John wusste, dass Drogenbanden in Großstädten damit ihr
Revier markierten, aber hier? In Lizard?
Am
Motel-Pool räkelten sich auf weißen Plastikliegen vier attraktive Frauen im
Bikini. Sie hatten lange Haare und honigfarbene Haut. Im ersten Stock
watschelte eine korpulente Frau in einem geblümten Hawaii-Kleid auf eine
Zimmertür zu, ihr steinalter Ehemann schlurfte hinterher und warf den
Sonnenanbeterinnen interessierte Blicke zu.
John
parkte den Wagen, stieg aus und ging ins Büro. Das Bimmeln einer Glocke über
der Glastür verkündete seine Ankunft.
Das Büro
war mit dunklem Holz getäfelt. In einer Ecke stand noch ein Christbaum aus
Plastik, mit laschen Girlanden und Duftbäumchen in Tannenform geschmückt.
Hinter einem laminierten Tisch lief auf einem tragbaren Schwarzweißfernseher Affenhaus. Im Fenster links unten röstete sich einer der Affen über
einem Gaskocher ein Marshmallow. Das Fenster darüber zeigte einen fröhlich auf
ein Keyboard einhämmernden Affen, während ein weiterer hingerissen lauschte.
Die rechte Bildschirmhälfte war von einem Affen ausgefüllt, der einem Weibchen
die Haare schnitt. Seine Kundin war mit ihren Zehennägeln beschäftigt.
«Kann ich
Ihnen helfen?», fragte ein fetter Mann auf einem Drehstuhl. Seine Hände ruhten
mit verschränkten Fingern auf der Wampe. Er machte sich nicht die Mühe
aufzustehen. Aus dem Ausschnitt seines verschwitzten T-Shirts, das ursprünglich
vielleicht mal weiß gewesen war, sprossen graue Locken.
«Für mich
ist ein Zimmer reserviert.»
«Name?»
«John Thigpen.»
Dieser
Typ war haargenau der Richtige dafür, Witze über seinen Namen zu machen - aber
es kam keiner. Der Mann stemmte sich aus dem Stuhl hoch, nahm den einzigen
Schlüssel von dem Brett hinter ihm an der Wand und schleuderte ihn quer über
den Tisch.
«Sie
kommen zu spät.»
«Mein
Flug hatte Verspätung.»
«Hätten
sich melden sollen.»
«Entschuldigung.»
John sah auf die Uhr und runzelte die Stirn. Er hatte noch kurz bei dem
Staples-Markt am Flughafen haltgemacht, um ein paar Dokumente auszudrucken,
aber es war trotzdem immer noch Nachmittag.
«Kreditkarte»,
sagte der fette Mann.
«Hat
meine Redaktion keine Nummer hinterlegt?»
«Nö.»
«Könnten
Sie bitte nochmal nachsehen?»
«Hier hat
niemand irgendwas hinterlegt. Sie haben Glück, dass ich Ihr Zimmer nicht
vergeben habe.» Der Mann starrte John unter wilden Augenbrauen finster
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