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BKA - Die Jaeger des Boesen

BKA - Die Jaeger des Boesen

Titel: BKA - Die Jaeger des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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gefundene Beziehung.
    Was Christine Leist auf der Suche nach Ankerpunkten anfangs
macht, könnte im Zweifelsfall sogar ich. Sie ruft einen digitalen Stadtplan von London auf, in dem Plätze und Sehenswürdigkeiten und Paläste und Brücken und natürlich die Themse eingetragen sind. Das gesamte Gebiet ist aufgeteilt in die zweiunddreißig Bezirke der Metropole, die Borroughs, jeweils in ihren Verwaltungsgrenzen. Was einem Ortsfremden wie mir nichts sagt und im Übrigen auch nichts aussagt über die Mobilität von Tätern. Die wissen wahrscheinlich ebenso wenig, wo etwaige Bezirksgrenzen verlaufen, sobald sie die Anker lichten.
    Schon mit dem nächsten Mausklick aber stößt sie in die nächste Schicht vor, und die geht tiefer, da wird es interessant, und da sind nur noch Profis wie sie gefragt. Denn jetzt tauchen auf der Landkarte viele rote Punkte auf. Die stehen für viele Tatorte. Die Linien zwischen denen könnten dann, unabhängig von Borroughs, die Wege möglicher Täter zeigen. Entweder auf dem Weg zur Tat oder auf dem Weg zurück nach Hause. Ob es sich bei den markierten Punkten um Einbrüche oder Vergewaltigungen oder Überfälle oder Morde handelt, wird sie mir noch erläutern. Was Geoprofiling allerdings nicht kann, ist das im Verborgenen stattfindende Verbrechen, also Kindesmissbrauch, häusliche Gewalt und natürlich vor allem das riesige Dunkelfeld namens Cyber Crime, zu erhellen.
    Mich interessiert aber erst mal, wie es die Deutsche aus einer schwäbischen Provinzstadt in eine weltberühmte Polizeiabteilung der Metropole London verschlagen hat, wobei die Bezeichnung »verschlagen« aufgrund ihres Vorgehens ja nicht passt. Denn dahin hat sie sich ja selbsttätig durchgeschlagen. Christine Leist schüttelt ihre schwarzwilde Mähne, lacht laut ansteckend, greift unbewusst an den winzigen silberfarbenen Stein an ihrem dezent gepiercten linken Nasenflügel und könnte, so wie sie in dem Moment aussieht, vieles andere sein als ein analytisch denkendes begabtes Mitglied der Forensic Intelligence Unit London. In einer solchen Spezialeinheit vermutet man eher früh ergraute Wissenschaftler oder jugendlich zuckende Nerds, aber keine wie sie, die perfekt in einen Film wie Blair Witch Project passen würde. Nicht weil sie wie
die »Blair-Hexe« wirkt, sondern weil der mit einer Handkamera verwackelt gedrehte Erstlingsfilm, der weltweit Kultstatus erlangte wegen seiner mysteriösen mörderischen Handlung, zumindest atmosphärisch etwas gemein mit ihrer Arbeit hat. Mit den möglichen Tatorten, einer Hütte, einem Friedhof, einem Wald, hätten aber selbst Christine Leist und ihr bester Freund und Helfer, der Computer, ihre liebe Mühe gehabt.
    Aufgewachsen ist das Mädchen Christine im schwäbischen Aalen. Nach dem Abitur hat sie – das ist noch nicht ungewöhnlich – eine Auszeit genommen, um endlich mal mehr zu sehen als die heimische Provinz, und war für ein halbes Jahr nach Australien gereist. Sie als junge Frau allein unter Männern, deren Vertreter in Down Under als hartleibige Machos gelten. Aber erstens fürchtet sich die einst erfolgreiche Speerwerferin nicht, und zweitens war sie schon immer lieber neugierig als vorsichtig. Eigenschaften, die sie heute noch hat und braucht. Gebracht hat ihr Australien außer einem erweiterten Wortschatz, wozu nicht ausschließlich die feinsten Ausdrücke der englischen Oberschicht gehörten, Sicherheit in der fremden Sprache.
    Zurück in Deutschland, begann sie an der katholischen Universität im bayerischen Eichstätt ein Geografiestudium, Schwerpunkt Sozialgeografie, im Nebenfach belegte sie Betriebswirtschaft. Wie schwierig es sein würde, einen passenden Beruf zu finden trotz Diplom, das ahnte sie früh. Sie hatte zwar Träume, aber sie machte sich keine Illusionen: »Eigentlich kann man mit diesem Studium nur Taxifahrer werden, hat mir mal lakonisch ein Professor gesagt, als ich ihn fragte, wo ich später mal eine feste Anstellung finden könnte.« Als sie das erzählt, lacht sie wieder so fröhlich laut, dass die in ihre Bildschirme vertieften Kollegen im Büro zumindest kurz den Kopf heben.
    Sie wollte jedoch nach ihrem Abschluss nicht als Taxifahrerin beginnen, sondern es in einem mit dem Studium zusammenhängenden Beruf versuchen. Aber die Probleme von Wasserwirtschaft und Raumplanung interessierten sie nicht wirklich. Stattdessen machte sie nach dem Diplom per Fernstudium weiter,
legte im speziellen Fach der Geografischen Informationssysteme eine Reifeprüfung

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