BKA - Die Jaeger des Boesen
Beweis vor Gericht nie reichen würden: Ihr Mann war, symbolisch als Strohpuppe bei Demonstrationen verbrannt, im Osten die Hassfigur Nummer eins. Am Karfreitag, drei Tage vor dem Mord, verübte »Thomas Müntzers wilder Haufen«, wie sich die Täter in einem Bekennerschreiben nannten, in dem sie Rohwedder ausdrücklich erwähnten, einen Brandanschlag auf eine Treuhand-Filiale in Berlin. Der historische Bezug zu Thomas Müntzer, der im 16.Jahrhundert einen Aufstand geknechteter
Bauern angeführt hatte, passt nicht zur Ideologie der Rote Armee Fraktion und deren Kampf gegen den angeblich menschenvernichtenden Imperialismus. Das würde eher entsprechen einem Szenario, nach dem nicht die RAF, sondern die Stasi die Mörder beauftragte. Danach hätten Ex-Stasi-Agenten selber Rohwedder ermordet oder aber für die RAF das Attentat geplant. Die mögliche Begründung, verbreitet Jahre später in einem spekulativen TV-Film, getarnt als Dokumentation: Rohwedder sei Altkader-Seilschaften von roten Socken auf der Spur gewesen, die gemeinsam das Milliardenvermögen der SED für den Eigenbedarf verschoben hatten.
Knapp anderthalb Jahre nach der wunderbaren Revolution, mit der die unwürdigen Greise der SED samt ihrer real existierenden Diktatur auf den Müllhaufen der Geschichte gefegt worden waren, richtete sich tatsächlich der Volkszorn vor allem gegen die Treuhand. Die verkörperte ihr Chef Detlev Rohwedder. Dass er und seine Mitarbeiter, unter denen sich zweifellos auch drittklassige Abkassierer statt erstklassiger Sanierer befanden, nach dem aufrichtigen Motto des Patrioten Rohwedder, »erst die Menschen, dann die Paragrafen«, unbürokratisch zu retten versuchten, was wegen jahrzehntelanger staatlicher Misswirtschaft kaum zu retten war, hatten viele bereits vergessen oder verdrängt. Die wahren Schuldigen besaßen alle das Parteibuch der SED, sie hatten die DDR zugrunde gerichtet. Deren willige Vollstrecker, Büttel des einst mächtigen, jetzt aufgelösten Ministeriums für Staatssicherheit, waren bestens ausgebildet im Gebrauch von Waffen. Sie wussten, wie man einen Klassenfeind erledigt.
Dass sie zu den geheimen Unterstützern der RAF gehörten, deren Topleuten Zuflucht gewährten, war zudem nicht nur dem Bundeskriminalamt bekannt. Das hatte bereits in allen Zeitungen gestanden. Die ostdeutschen Genossen hatten sich fürsorglich um die westdeutschen Genossen gekümmert, als die, durch Zielfahnder des Bundeskriminalamtes in die Enge getrieben, einen sicheren Ort suchten. Den vom Staatsschutz gewonnenen Erkenntnissen aber hält die Stasi-Theorie nicht stand. Nicht mal die
Vermutung bleibt, die Rote Armee Fraktion habe mit dem Mord alte Schulden bei der Stasi eingelöst und sich danach mit ein paar der von einstigen Stasi- oder SED-Oberen im Chaos der Revolution 1989 verschobenen Millionen bezahlen lassen. Druckstockuntersuchungen des verwendeten Papiers, die mit Spuren des Bombenanschlags auf den Bankier Alfred Herrhausen verglichen wurden, weisen eindeutig in Richtung RAF. Die Kugeln, die Rohwedder und seine Frau trafen, stimmen überein mit denen, die im Januar 1991 während des Golfkriegs vom anderen Rheinufer auf die amerikanische Botschaft in Bonn abgefeuert wurden. Auch dazu hatte sich die Rote Armee Fraktion bekannt.
Manche Altkader der SED mögen sich klammheimlich über den Mord gefreut haben, das wohl schon, aber es waren, sagt das BKA, die Mörder der RAF, die Rohwedder erschossen. Wie gewohnt haben sie sich stolz zu ihren Taten bekannt, niedergelegt in einem der nach Anschlägen üblichen Bekennerschreiben der Rote Armee Fraktion: »Wir haben am 1. April 1991 mit dem Kommando Ulrich Wessel den Chef der Berliner Treuhandanstalt Detlev Karsten Rohwedder erschossen.« Was außerdem in dem Pamphlet verbreitet wurde, entsprach zwar dem Weltbild der vom Volk entsorgten Nomenklatura, doch das beweist nur eine ideologische Verwandtschaft: »Seit ihrer Annexion ist die DDR faktisch Kolonie der Bundesrepublik […]. Für die Durchsetzung dieses Plans hat die Bundesregierung Rohwedder ausgesucht und er war dafür mit seiner Brutalität und Arroganz auch der Richtige […]. Er war einer dieser Schreibtischtäter, die täglich über Leichen gehen.«
Dummheit jedoch, selbst dann, wenn sie ein kriminell tiefes Niveau erreicht, ist nicht Gegenstand einer Ermittlung, sondern erlaubt in einer freien Gesellschaft. Die allzu großer Nähe zu irgendwelchen staatlichen Stellen nie verdächtige »taz« kommentierte: »Säßen in
Weitere Kostenlose Bücher