BKA - Die Jaeger des Boesen
Kreditkartensätze gestohlen. Ein Milliardenschnäppchen für die Auftraggeber. Denn damit lassen sich alle Arten von kriminellen Deals durchführen, angefangen bei Flugbuchungen im Internet, Tausende täglich auf der ganzen Welt, bis hin zum Kauf hochwertiger Waren wie Maschinen, Autos, Maßanzüge.
Die Underground Economy ist vor allem in den Vereinigten Staaten ein blühender Markt. Da gibt es für die Hightech-Kriminellen
am meisten zu holen. In den USA leben die meisten Besitzer von Kreditkarten. Viele kaufen zwar auf Pump, wie man seit der Finanzkrise weiß, aber das stört die Kriminellen nicht. Sie erhöhen halt den Schuldenstand der armen Schweine, indem sie deren Karten für sich benutzen. Mit virtuell geklauten Daten stellen begabte Grafiker, die sich genau darauf spezialisiert haben, Druckvorlagen für die Folien her, mit denen White Plastics überzogen werden. Die so massenhaft produzierten Dubletten der Kreditkarten werden dann in der realen Wirtschaft benutzt. Ein Geschäft wie in der freien Marktwirtschaft, basierend hier allerdings auf dem Prinzip von wegnehmen und nichts abgeben.
Die Hintermänner investieren bei den eigentlichen Machern, den Fälschern, damit die die nötigen technischen Voraussetzungen für den Betrug finanzieren können, und wollen dafür dann in den ersten sechs Monaten des Geschäftsbetriebs vierzig Prozent vom Umsatz. Für sie ist Umsatz gleich Gewinn, denn versteuert wird nichts. Noch so ein »Fortschritt« gegenüber der klassischen Kriminalität: Die Täter müssen nicht mehr physisch dort sein, wo sie ihre Straftat begehen.
Und sie haben den Vorteil auf ihrer Seite, anonym bleiben zu können. So was geht nur im Internet. Zu den wesentlichen Errungenschaften des demokratischen Rechtsstaates gehörte es, angstfrei sein Gesicht zeigen, problemlos seine Meinung sagen, eine feste Adresse angeben zu können, ein Namensschild an der Wohnungstür zu haben im Wissen, dass es allenfalls der Zeitungsbote oder der Briefträger sein würde, der morgens klingelt. Thomas de Maizière: »Die Kommunikation ist offen, aber im Inhalt vertraulich. Die Kommunikation im Internet sieht als Regelfall jedoch Anonymität vor, nur in Ausnahmefällen die Personalisierung. Im bürgerlichen Leben ist es umgekehrt.«
Selbst die möglichen Kontrollmechanismen der Prozessoren haben die cleveren Kriminellen bedacht und sich wie vorausblickende Geschäftsleute strategisch auf sie eingestellt. Falls ein Prozessor aufgrund von gespeicherten Daten feststellt, dass der Kunde Peter Jackson entgegen seiner sonstigen Gewohnheit alle
zwei, drei Stunden größere Einkäufe tätigt statt wie bisher alle drei, vier Tage, sperrt ein guter Bot automatisch die Transaktion. Der Händler, bei dem die Kreditkarte zuletzt eingesetzt wurde, bekommt ebenso automatisch eine elektronische Warnung, genannt »Denial Of Transaction Authentification«, übermittelt.
Jetzt muss sich der Kunde, der sich über die Verweigerung überrascht oder empört gibt, mit einem Callcenter in Verbindung setzen und sich mit dem Namen melden, der auf der geklauten Karte steht, eben Peter Jackson. Falls der angebliche Peter Jackson aber aus der Ukraine stammt oder aus Russland – beide Länder werden hier nicht von ungefähr genannt –, würde sogar in einem multikulturellen amerikanischen Callcenter auffallen, dass er kaum Englisch spricht. Erst recht bei einer Bank. Und es fiel tatsächlich oft genug auf, denn die für den Betrug eingesetzten »Läufer« waren zumeist dort engagiert worden, wo alles andere besser gesprochen wird als Englisch. Also bauten die organisierten Kriminellen als Zwischenstation ein eigenes Center mit eigenen Leuten auf, deren Muttersprache Englisch ist.
Genau da meldet sich der Kreditkartenbetrüger mit der Bitte, er brauche jetzt dringend einen Anruf bei der zuständigen Bank, zum Beispiel der Bank of America oder der Manhattan Chase, liefert alle Daten der gefälschten Kreditkarte mit, woraufhin sich sein Kumpan am anderen Ende der Leitung in diesmal perfektem Englisch bei der zuständigen Bank als Peter Jackson meldet und auch das Geburtsdatum von Peter Jackson nennen kann, das zuvor ein Trojaner ermittelt hat. Schon wird die Karte wieder freigeschaltet.
Wer seine digitale Identität an einen dieser Trojaner verliert, und damit den exklusiven Zugang zu seinem E-Mail-Postfach und seinen Bankkonten, der ist verloren. Manske: »Es sind Hunderttausende, die nicht ahnen, dass sie längst ein Opfer der
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