Black Box: Thriller (German Edition)
Cosgrove-Merlot, der sehr gut mit dem Rindfleisch harmonierte.
Der einzige Misston war, dass sein Handy plötzlich laut zu läuten begann. Um es beim Autofahren nicht zu überhören, hatte er es extra laut eingestellt, dann aber vergessen, wieder das übliche dezente Summen zu aktivieren. Die anderen Gäste sahen ihn stirnrunzelnd an. Eine Frau schüttelte sogar empört den Kopf; wahrscheinlich hielt sie ihn für einen wichtigtuerischen Großstadtgroßkotz.
Großkotz hin oder her, Bosch ging dran, weil er auf dem Display sah, dass die Nummer des Anrufers die Vorwahl 404 hatte – Atlanta. Wie erwartet, war es eine der Charlotte Jacksons, der er eine Nachricht hinterlassen hatte. Es waren nur wenige Fragen nötig, um festzustellen, dass sie die falsche Charlotte Jackson war. Er bedankte sich bei ihr und beendete das Gespräch. Er lächelte und nickte der Dame zu, die wegen seiner Ungezogenheit den Kopf geschüttelt hatte.
Er schlug den Ordner auf, den er in das Restaurant mitgenommen hatte, und strich Charlotte Jackson Nummer vier durch. Jetzt gab es nur noch zwei Möglichkeiten – Nummer drei und sieben –, und für eine der beiden hatte er keine Telefonnummer.
Als Bosch das Lokal verließ, war es schon dunkel, und er war müde von der langen Autofahrt. Er überlegte, ob er eine Stunde im Auto schlafen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Er durfte den Schwung nicht verlieren.
Er blieb am Kofferraum seines Leihwagens stehen und schaute zum Himmel hoch. Es war eine mond- und wolkenlose Nacht, aber die Sterne über dem Central Valley strahlten in vollem Glanz. Das gefiel Bosch nicht. Er wollte es dunkler haben. Er öffnete den Kofferraum.
27
B osch schaltete das Licht aus, als er am Eingangstor des Cosgrove-Besitzes vorbeifuhr. Sonst war kein Fahrzeug auf der Hammett Road unterwegs. Er fuhr zweihundert Meter weiter, wo die Straße eine leichte Rechtskurve machte, und hielt auf dem unbefestigten Bankett.
Da er die Innenbeleuchtung ausgeschaltet hatte, blieb es im Wageninnern dunkel, als er die Tür öffnete. Er stieg in die kühle Luft hinaus und schaute sich um und lauschte. Die Nacht war still.
Er fasste in die Gesäßtasche seiner Jeans, zog ein gefaltetes Blatt Papier heraus und klemmte es unter den Scheibenwischer. Zuvor hatte er daraufgeschrieben:
TANK LEER – BIN GLEICH WIEDER ZURÜCK
Bosch trug die Gummistiefel aus einer der Boxen im Kofferraum und hatte eine kleine Maglite dabei, die er aber nicht zu benötigen hoffte. Er stieg das einen Meter hohe Bankett hinunter und setzte vorsichtig einen Fuß in das Wasser der Mandelpflanzung, woraufhin sich ein schimmerndes Kräuseln darin ausbreitete.
Boschs Plan war, sich quer durch die Pflanzung zur Zufahrtsstraße durchzuschlagen und dieser dann zu Cosgroves Haus zu folgen. Was genau er damit bezweckte oder wonach er suchte, konnte er nicht sagen. Er ließ sich von seinem Instinkt leiten, der ihm sagte, dass Cosgrove mit seinem Geld und seinem Einfluss eine entscheidende Rolle in dieser Sache spielte. Deshalb hatte Bosch das starke Bedürfnis, sich ein Bild zu machen, wo und wie dieser Mann lebte.
Das Wasser war zwar nur wenige Zentimeter tief, aber der Schlamm sog so stark an Boschs Stiefeln, dass er nur langsam vorankam. Mehrere Male wollte ihn die durchweichte Erde nicht mehr loslassen, und es zog ihm fast den Stiefel vom Fuß.
Die riesige glatte Wasserfläche spiegelte den Sternenhimmel wider und vermittelte Bosch das Gefühl, bei seinem Hausfriedensbruch total exponiert zu sein. Deshalb stellte er sich alle zwanzig Meter unter einen Baum, um kurz zu rasten und zu lauschen. In der Pflanzung herrschte Totenstille, nicht einmal Insektensummen war zu hören. Das einzige Geräusch war ein stetes leises
Flapsen,
das Bosch nicht zuordnen konnte. Er vermutete, dass es von einer Pumpe kam, mit der die Bäume bewässert wurden.
Nach einer Weile kam ihm die Pflanzung wie ein Irrgarten vor. Die etwa zehn Meter hohen, voll ausgewachsenen Bäume schienen sich aufs Haar zu gleichen. Da sie zudem in erstaunlich geraden Reihen gepflanzt waren, sah es in jeder Richtung, in die Bosch schaute, genau gleich aus. Er fürchtete, sich zu verirren, und bereute, nichts mitgenommen zu haben, um seinen Weg zu markieren.
Nach einer halben Stunde erreichte er endlich die Zufahrtsstraße. Er fühlte sich schon so erschöpft, als wären seine Stiefel aus Beton. Aber er war nicht bereit, aufzugeben. Direkt neben der Straße ging er von Baum zu Baum weiter.
Fast
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