Black Box: Thriller (German Edition)
anbieten«, sagte er. »Sie können während der Fahrt entweder vorne neben mir sitzen, oder ich verhafte Sie und lege Ihnen Handschellen an, und Sie kommen auf den Rücksitz. Dann müssen Sie die ganze Fahrt vornübergebeugt sitzen und können hinterher wahrscheinlich nicht mehr aufrecht gehen. Also, was ist Ihnen lieber?«
»Ist ja gut, ich komme mit. Aber erst mal muss ich pinkeln. Sie haben ja selbst gesehen, wie viel ich getrunken habe, und ich war nicht mehr auf dem Klo, seit ich vom Zentrum losgefahren bin.«
Bosch runzelte die Stirn. Die Bitte war nicht unberechtigt. Bosch hatte sogar selbst schon überlegt, wie er die Toilette benutzen könnte, ohne Banks eine Gelegenheit zu bieten, sich die Sache noch einmal anders zu überlegen und abzuhauen. »Meinetwegen«, sagte er deshalb. »Kommen Sie.«
Bosch ging als Erster ins Bad und sah sich das Fenster über der Kloschüssel an. Es war ein altes Lamellenfenster mit einem Hebelgriff. Der Griff ließ sich mühelos abziehen. Um Banks zu zeigen, dass er nicht weit käme, hielt Bosch ihn hoch.
»Dann mal zu«, sagte er.
Er verließ das Bad, ließ aber die Tür offen, um hören zu können, falls Banks versuchte, das Fenster zu öffnen oder kaputt zu schlagen. Während Banks urinierte, blickte sich Bosch nach einer Stelle um, an der er ihn anketten konnte, um vor der fünfstündigen Fahrt auch selbst auf die Toilette gehen zu können. Er entschied sich für die Stangen im Kopfteil des Betts.
Bosch begann hastig zu packen und warf seine Sachen achtlos in den Koffer. Als Banks die Spülung betätigte und aus dem Bad kam, führte ihn Bosch zum Bett und forderte ihn auf, darauf Platz zu nehmen, damit er ihn ans Kopfteil ketten konnte.
»Was soll das jetzt schon wieder?«, protestierte Banks.
»Das ist nur, damit Sie es sich nicht noch mal anders überlegen, solange ich auf der Toilette bin.«
Bosch stand über der Kloschüssel und wurde gerade fertig, als er die Zimmertür auffliegen hörte. Er zog rasch den Reißverschluss hoch und stürmte aus der Toilette, um Banks hinterherzurennen. Doch Banks war noch ans Bett gekettet.
Boschs Blick schoss zur offenen Tür, in der ein Mann mit einer Pistole stand. Auch ohne die Uniform und den Hitlerbart, der auf das Wahlplakat gekritzelt worden war, erkannte Bosch sofort J.J. Drummond, Sheriff von Stanislaus County. Er war groß und kräftig und gut aussehend, mit einem kantigen Kinn. Der Traum eines jeden Wahlkampfleiters.
Die Pistole unablässig auf Boschs Brust gerichtet, kam Drummond in das Motelzimmer. Er war allein.
»Detective Bosch«, sagte er. »Sie überschreiten hier Ihre Befugnisse aber schon ein bisschen, oder täusche ich mich da?«
32
D rummond forderte Bosch auf, die Hände zu heben. Dann ging er auf ihn zu, zog Boschs Pistole aus ihrem Holster und steckte sie in die Tasche seiner grünen Jagdjacke. Dann deutete er mit seiner eigenen Waffe auf Banks.
»Nehmen Sie ihm die Handschellen ab.«
Bosch holte die Schlüssel aus seiner Hosentasche und kettete Banks vom Kopfteil des Betts los.
»Nehmen Sie ihm die Handschellen ab und legen Sie eine um Ihr linkes Handgelenk.«
Das tat Bosch, dann steckte er die Schlüssel wieder ein.
»So, Reggie, und jetzt leg ihm die Handschellen an. Am Rücken.«
Bosch hielt die Hände hinter den Rücken und ließ sich von Banks mit den Handschellen fesseln. Dann kam Drummond auf ihn zu, nahe genug, um ihn, wenn er wollte, mit dem Lauf seiner Pistole berühren zu können.
»Wo ist Ihr Handy, Detective?«
»In meiner rechten Hosentasche.«
Als Drummond das Telefon herausholte, sah er Bosch aus dreißig Zentimeter Entfernung in die Augen.
»Sie hätten sich da lieber raushalten sollen, Detective.«
»Schon möglich«, erwiderte Bosch.
Drummond fasste in Boschs andere Tasche und zog die Schlüssel heraus. Um sich zu vergewissern, dass Bosch sonst nichts einstecken hatte, klopfte der Sheriff anschließend alle anderen Taschen Boschs ab. Dann ging er zum Bett, nahm Boschs Sakko und durchsuchte dessen Taschen, bis er das Dienstmarkenetui und die Schlüssel seines Leihwagens fand. Er steckte alles, was er konfiszierte, in die andere Tasche seiner Jacke. Dann fasste er unter seiner Jacke an seinen Rücken, zog eine weitere Pistole hervor und reichte sie Banks.
»Pass auf ihn auf, Reggie.«
Damit ging Drummond zum Tisch und schlug mit dem Fingernagel die Akte auf. Er beugte sich über den Ordner und studierte die Fotos der Kameramodelle, die Anneke Jespersen bei sich gehabt
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