Black Box: Thriller (German Edition)
sehr.
»Ich weiß nicht. Es ist ziemlich weit von hier entfernt. Ich muss mir dafür einen Tag freinehmen.«
»Ach so. Es wäre aber sehr hilfreich für mich, Mr. Jespersen. Könnten Sie mir eine Mail schicken oder mich anrufen, sobald Sie nachgesehen haben?«
»Ja, natürlich.«
Bosch starrte auf seinen Block, während er überlegte, welche Frage er noch stellen könnte.
»Mr. Jespersen, wo war Ihre Schwester, bevor Sie in die Vereinigten Staaten geflogen ist?«
»Hier, in Kopenhagen.«
»Nein, ich meine, wohin ging ihre letzte Reise, bevor sie nach Amerika geflogen ist?«
»Ach so. Sie war eine Weile in Deutschland und davor in Kuwait-Stadt, wegen des Kriegs.«
Bosch wusste, dass er damit Desert Storm meinte. Er wusste aus den Zeitungsberichten über Anneke, dass sie dort gewesen war. Er schrieb
Deutschland
auf seinen Block. Das war neu für ihn.
»Wo in Deutschland? Wissen Sie das noch?«
»Ja, sie war in Stuttgart. Daran kann ich mich noch erinnern.«
Auch das notierte sich Bosch. Er glaubte, von Henrik Jespersen alles erfahren zu haben, was er ihm sagen konnte, bevor er in seinem Lager in den Reiseunterlagen nachgesehen hatte.
»Hat sie Ihnen erzählt, was sie in Deutschland gewollt hat? War sie dort auch wegen einer Reportage?«
»Das hat sie mir nicht gesagt. Sie hat mich nur gebeten, ihr in der Nähe des dortigen US -Militärstützpunkts ein Hotel zu besorgen. Daran erinnere ich mich noch.«
»Sonst hat sie Ihnen nichts erzählt?«
»Das war alles. Ich verstehe nur nicht, was das für eine Rolle spielen soll, wenn sie in Los Angeles ermordet wurde.«
»Wahrscheinlich spielt es auch keine, Mr. Jespersen. Aber manchmal schadet es nicht, ein weites Netz auszuwerfen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Damit meine ich, dass man viele Informationen erhält, wenn man viele Fragen stellt. Nicht alles davon ist hilfreich, aber manchmal hat man Glück. Vielen Dank für Ihre Geduld und dass Sie mit mir gesprochen haben.«
»Werden Sie den Fall jetzt lösen, Detective?«
Bosch zögerte, bevor er antwortete.
»Ich werde jedenfalls mein Bestes tun, Mr. Jespersen. Und ich verspreche Ihnen, Sie erfahren es als Erster.«
Auch wenn das Ergebnis etwas mager war, machte ihm das Telefonat mit Henrik Jespersen Mut. Ohne konkret benennen zu können, was sich in dem Fall tat, war ihm doch klar, dass er eine neue Richtung bekommen hatte. Vor wenig mehr als einem Tag hatte er noch befürchtet, dass die Ermittlungen nirgendwohin führten und er schon bald alles wieder in die Boxen packen und Anneke Jespersen in die Tiefen des Archivs voll ungelöster Fälle und vergessener Opfer zurückbringen müsste. Aber auf einmal gab es einen Funken. Es gab Geheimnisse und Eisen im Feuer. Es gab Fragen, die beantwortet werden mussten, und er war wieder im Spiel.
Als Nächstes wollte er mit Anneke Jespersens Redakteur bei der
BT
Kontakt aufnehmen. Bosch suchte in den Zeitungsmeldungen und Dokumenten des Mordbuchs nach einem Jannik Frej. Das war der Name, den ihm Henrik Jespersen genannt hatte. Er tauchte jedoch nirgendwo auf. In den Zeitungsmeldungen, die nach den Unruhen erschienen waren, wurde nur ein Redakteur namens Arne Haagan erwähnt. Auch in der Chronologie der Ermittler war Haagan als der Redakteur aufgeführt, mit dem die RCTF -Detectives über Jespersen gesprochen hatten.
Diese Diskrepanz konnte sich Bosch nicht erklären. Er googelte die Telefonnummer der Redaktion der
Berlingske Tidende
und rief dort an. Er ging davon aus, dass trotz der späten Stunde jemand erreichbar war.
»Redaktionen, goddag.«
Bosch hatte nicht an das Sprachproblem gedacht, das möglicherweise auftreten konnte. Er wusste nicht, ob die Frau, die sich meldete, ihren Namen oder ein dänisches Wort sagte.
»Nyhedsredaktionen, kan jeg hjælpe?«
»Äh, hallo? Sprechen Sie Englisch?«
»Ein bisschen. Wie ich kann helfen Ihnen?«
Bosch zog seine Notizen zu Rate.
»Könnte ich bitte Arne Haagan oder Jannik Frej sprechen?«
Am anderen Ende der Leitung trat kurz Stille ein, bevor die Frau sagte:
»Mr. Haagan ist tot, ja?«
»Tot? Äh, und Mr. Frej?«
»Niemand hier.«
»Ähm, wann ist Mr. Haagan gestorben?«
»Mmmmm, warten bitte ein Augenblick.«
Bosch wartete, wie es ihm vorkam, fünf Minuten. Er blickte sich währenddessen im Bereitschaftsraum um, und merkte bald, dass ihn O’Toole durch das Fenster seines Büros beobachtete. Der Lieutenant feuerte mit einer imaginären Pistole auf ihn und reckte ihm dann mit fragend
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