Black Box: Thriller (German Edition)
Bewährungsausschuss kam, wurde automatisch die mit dem Fall befasste Polizeibehörde benachrichtigt. Es war für die Ermittler, die den Fall bearbeitet hatten, zwar nicht bindend, aber sie wurden dazu ermuntert, sich in einem Schreiben ablehnend oder befürwortend zu äußern. Infolge der Arbeitsüberlastung kamen die Ermittler häufig nicht dazu, aber Bosch nahm es in dem Punkt sehr genau. Er schrieb mit Vorliebe Briefe, in denen er die Brutalität des betreffenden Mordes in aller Ausführlichkeit schilderte. Dahinter stand die Hoffnung, die Abscheulichkeit der Tat möchte den Ausschuss dazu veranlassen, dem Täter eine Entlassung auf Bewährung zu verweigern. Diese Angewohnheit versuchte Bosch auch auf seinen Partner zu übertragen, weshalb er Chu damit beauftragt hatte, den Brief in der Sache Clancy zu schreiben, einem besonders scheußlichen Sexualverbrechen, bei dem das Opfer erstochen worden war.
»Bis morgen müsste ich damit fertig sein.«
»Gut«, sagte Bosch. »Hast du die Namen, die ich dir gegeben habe, schon überprüft?«
»Ja, ist aber nicht groß was dabei rausgekommen. Gegen Jimenez liegt überhaupt nichts vor und gegen Banks nur eine Verurteilung wegen Alkohol am Steuer.«
»Mehr nicht?«
»Mehr habe ich jedenfalls nicht gefunden, Harry. Sorry.«
Enttäuscht zog Bosch seinen Stuhl heraus und setzte sich an seinen Schreibtisch. Nicht, dass er erwartet hatte, das Rätsel um Alex White auf der Stelle lösen zu können, aber er hatte sich mehr erhofft als eine Verurteilung wegen Alkohol am Steuer. Etwas, an dem er sich abarbeiten konnte.
»Gern geschehen«, sagte Chu.
Bosch drehte sich wieder zu ihm um. Seine Enttäuschung schlug in Ärger um.
»Wenn du jedes Mal ein Danke hören willst, wenn du deine Arbeit machst, hast du dir den falschen Job ausgesucht.«
Chu erwiderte nichts. Bosch fuhr seinen Rechner hoch und wurde von einer E-Mail von Mikkel Bonn von der
Berlingske Tidende
begrüßt. Sie war vor knapp einer Stunde eingegangen.
Detective Bosch: Ich habe weitere Erkundigungen eingezogen. Jannik Frej war der Redakteur, der mit Anneke Jespersen zusammengearbeitet hat, denn er war für die Projekte der Freien zuständig. Mr. Frej hat 1992 deshalb nicht mit Ermittlern und Journalisten aus Los Angeles gesprochen, weil seine Englischkenntnisse als begrenzt galten. Die Ansprechperson war damals Arne Haagan, weil er hervorragend Englisch sprach und Chefredakteur der Zeitung war.
Ich habe mich mit Mr. Frej in Verbindung gesetzt, und sein Englisch ist tatsächlich nicht gut. Deshalb würde ich mich als Mittelsmann zur Verfügung stellen, wenn Sie Fragen an ihn haben. Wenn Ihnen damit geholfen ist, bin ich gern dazu bereit. Sagen Sie mir bitte einfach Bescheid.
Bosch dachte über das Angebot nach. Ihm war klar, dass Bonn eine unausgesprochene Gegenleistung für sein scheinbar unverfängliches Hilfsangebot erwartete. Er war Journalist und als solcher immer auf der Suche nach einer guten Story. Außerdem käme er als Boschs Mittelsmann an Informationen, die bei den Ermittlungen möglicherweise von entscheidender Bedeutung waren. Das war keine gute Ausgangssituation, doch Bosch wollte den Schwung nicht verlieren. Er begann, eine Antwort zu tippen.
Mr. Bonn, Ihr Angebot nehme ich gern an, wenn Sie mir zusichern, die Informationen, die Sie von Mr. Frej erhalten, so lange vertraulich zu behandeln, bis ich Ihnen grünes Licht erteile, sie in einer Zeitungsmeldung zu verwenden. Wenn Sie damit einverstanden sind, hätte ich folgende Fragen:
Wissen Sie, ob Anneke Jespersen in die USA geflogen ist, um an einer Reportage zu arbeiten?
Wenn ja, worum ging es in dieser Reportage? Was hat sie in den USA gemacht?
Was können Sie mir über ihre Reiseziele in den USA sagen? Sie war in Atlanta und San Francisco, bevor sie nach L.A. kam. Warum? Wissen Sie, ob sie auch in anderen amerikanischen Städten war?
Vor ihrer USA -Reise war sie in Deutschland und wohnte in einem Hotel in der Nähe des amerikanischen Militärstützpunkts in Stuttgart. Wissen Sie, warum?
Ich glaube, für den Anfang ist das bereits einiges, und ich danke Ihnen jetzt schon für jegliche Informationen, die Sie mir über Anneke Jespersens USA -Reise beschaffen können. Außerdem möchte ich Sie noch einmal darum bitten, diese Informationen vertraulich zu behandeln.
Bosch las die Mail noch einmal durch, bevor er sie abschickte. Er klickte auf »senden« und bereute sofort, Bonn einbezogen zu haben, einen Journalisten, den er nicht
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