Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
nur ihr Auto war da.
Ich fuhr am Haus vorbei zum Canyon, wo die Forstbehörde einen Parkplatz angelegt hatte, und beobachtete eine halbe Stunde lang durchs Fernglas, was in dem Haus vor sich ging. Sie fütterte einen schwarzen Labrador, nahm die Wäsche von der Leine und ging in einen Schuppen, aus dem sie einen Karton mit Tonkrügen ins Haus holte. Aber nichts deutete darauf hin, daß sich Harry Mapes jemals dort aufgehalten hatte.
Ich fuhr nach Hause, wo Alafair bereits schlief und Dixie Lee gerade neue Saiten auf seine verwitterte Martin aufzog.
Ich mußte Dan Nygurski nicht noch einmal anrufen. Er meldete sich am nächsten Morgen um fünf Minuten nach acht.
»Gerade wollte ich Sie anrufen«, sagte ich. »Gestern hab ich versucht, Sie zu Hause zu erwischen.«
»Wegen Sally Dio?«
»Stimmt.«
»Wegen des Telefongesprächs, das Sie mit ihm geführt haben?«
»Stimmt ebenfalls. Er hat also die Telefonzelle unterhalb seines Hauses benutzt?«
»Ja, zweifellos. Genaugenommen hat er den ganzen Tag über von dort aus telefoniert. Nach Vegas, Tahoe, LA und Galveston. Die Vergangenheitsform kann man diesbezüglich allerdings nicht deutlich genug betonen.«
Ich kniff die Augen zusammen und drückte Daumen und Zeigefinger der freien Hand an meine Schläfe.
»Ich habe Sie mit Wohlwollen behandelt und Sie unterstützt, so gut ich konnte«, sagte er. »Ich habe Sie ins Vertrauen gezogen. Aber gerade hatte ich eine Konferenzschaltung mit ein paar Bundesagenten, die auf einmal echt sauer sind. Meine Erklärungen konnten daran auch nichts ändern.«
»Dan...«
»Nein, Sie haben gestern gequatscht. Heute bin ich an der Reihe. Sie haben dem FBI die Möglichkeit versaut, den Kerl abzuhören. Wissen Sie, wie lange es gedauert hatte, bis wir die Genehmigung dafür bekamen?«
»Hören Sie sich an, was Sie auf Ihren Bändern haben. Anstiftung zum Mord. Er hat voll in die Scheiße gelangt.«
»Sal ist nicht Bugsy Siegel, das hab ich Ihnen schon mal gesagt. Und das war bitterernst gemeint. Er war wegen gestohlener Kreditkarten im Knast. Er gehört nur zur zweiten Garnitur. Aber er hat mit ein paar ganz großen Tieren in Nevada Verbindungen laufen. Diese Leute sind clever, er nicht. Er begeht Fehler, die nicht. Wenn wir uns ihn greifen, wollen wir ihn nicht allein ins Gefängnis schicken, sondern eine ganze Waggonladung von dem Geschmeiß. Verstehen Sie jetzt in etwa die Zusammenhänge?«
»Ich hab Ihnen die Sache vermasselt, das geb ich ja zu.«
»Das stört mich nicht so sehr wie die Tatsache, daß ich glaube, Sie haben’s gegen besseres Wissen getan.«
»Er hat drauf angebissen. Ich hab’s nicht verhindert. Tut mir leid, daß Sie durch mich in Schwierigkeiten geraten sind.«
»Nein, Sie haben ganz bewußt dafür gesorgt, daß er glaubt, er wird abgehört. Damit er nicht noch jemand losschickt, um Sie umlegen zu lassen.«
»Was würden Sie denn in meiner Situation tun?«
»Ich hätte mich von Anfang an von ihm ferngehalten.«
»Das ist nicht gerade eine ehrliche Antwort. Was würden Sie tun, wenn ein Typ wie Dio versuchen würde, Sie umzulegen, möglicherweise Sie und Ihre kleine Tochter?«
Einige Sekunden lang hörte ich nur statisches Summen.
»Hat Sie dieser Detective aus Missoula erreicht?« fragte er.
»Er hat mir seine Karte hinterlassen.«
»Ich hoffe, er kann Ihnen helfen, wenn die Sache schlimmer wird.«
»Hören Sie, Dan . . .«
»Gerade kommt auf der anderen Leitung ein Gespräch. Wir bleiben in Verbindung.«
Ich ging in die Küche, um mir ein Müsli zu machen, verschüttete aber den gesamten Inhalt der Packung auf dem Fußboden. Ich wischte die Getreideflocken mit einem feuchten Papiertuch auf und warf es in den Mülleimer.
»Ich mach mich auf den Weg zur Arbeit«, sagte Dixie Lee.
»In Ordnung.«
»Wer war denn dran?«
»Niemand.«
»Ach ja . . . sag mal, was soll ich denn am Mittwoch machen?«
»Was?«
»Wegen Alafair. Der Job beansprucht mich doch bloß vier Stunden am Tag. Und die kann ich abreißen, wann immer ich will.«
»Wovon sprichst du da überhaupt?«
»Es gibt doch Sommerferien, oder etwa nicht? Ich kann dir helfen, auf sie aufzupassen. Wann wär’s dir denn am liebsten, daß ich im Haus bin?«
»Keine Ahnung, Dixie. Im Moment kann ich mich nicht auch noch damit beschäftigen.«
Er warf mir nur einen stummen Seitenblick zu, dann drehte er sich abrupt um und ging zu seinem Auto. Ich sah auf die Uhr. Es war halb neun. Ich schloß das Haus ab, legte den 45er unter den
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