Black Coffee
einen Hund auf eine Fährte zu setzen. Hat er sie aber erst einmal in der Nase, dann kann ihn nichts auf der Welt wieder davon abbringen. Jedenfalls nicht, wenn er ein guter Hund ist. Und ich, Hercule Poirot, bin ein sehr guter Hund, Madame!«
»Oh!« rief Lucia in höchster Not. »Aber Sie müssen!
Glauben Sie mir, Sie müssen gehen. Ich bitte Sie. Ich flehe Sie an. Sie wissen ja nicht, was Sie womöglich anrichten, wenn Sie hierbleiben.«
»Anrichten?« fragte Poirot. »Für Sie, Madame?«
»Für uns alle, Monsieur Poirot. Ich kann es Ihnen nicht weiter erklären, aber ich bitte Sie, glauben Sie mir einfach. Als ich Sie gestern abend sah, habe ich Ihnen vom ersten Moment an vertraut. Bitte –«
Sie verstummte, als die Tür aufging und Richard, dem die Angst im Gesicht stand, mit Dr. Graham hereinkam.
»Lucia!« rief er, als er seine Frau sah.
»Was ist, Richard?« rief sie aufgeregt und eilte an seine Seite. »Was ist passiert? Etwas Neues, das sehe ich dir an. Was ist es? Sag es mir!«
»Nichts, Liebling«, antwortete Richard, tapfer um einen beruhigenden Ton bemüht. »Könntest du uns jetzt wohl einen Moment allein lassen?«
Lucia sah ihm forschend ins Gesicht. »Kann ich nicht –?« begann sie, verstummte aber, als Richard zur Tür ging und sie ihr öffnete. »Bitte«, wiederholte er.
Lucia warf einen letzten, angstvollen Blick zurück, dann verließ sie das Zimmer.
11
Dr. Graham stellte seine Tasche auf den Couchtisch und setzte sich aufs Sofa. »Ich fürchte, das ist eine böse Geschichte, Monsieur Poirot«, wandte er sich an den Detektiv.
»Eine böse Geschichte, sagen Sie? Ach! Sie haben also herausbekommen, woran Sir Amory gestorben ist?« fragte Poirot.
»Sein Tod war die Folge einer Vergiftung mit einem starken pflanzlichen Alkaloid«, sagte Graham.
»So einem wie Hyoscin vielleicht?« fragte Poirot und nahm den Arzneikasten vom Tisch.
»Wie bitte? Ja, genau.« Der Arzt staunte hörbar über die zutreffende Mutmaßung des Detektivs. Poirot trug den Kasten zum Grammophontisch, wohin Hastings ihm folgte. Währenddessen setzte Richard Amory sich zu Graham aufs Sofa. »Und was hat das nun zu bedeuten?« fragte er ihn.
»Zum einen bedeutet es, daß wir die Polizei einschalten müssen«, antwortete Graham prompt.
»Mein Gott!« entfuhr es Richard. »Das ist ja schrecklich. Könnte man es nicht – irgendwie totschweigen?«
Graham sah Richard in die Augen, bevor er langsam und mit Nachdruck sagte: »Glauben Sie mir, mein lieber Richard, niemanden könnte dieses schreckliche Unheil schmerzlicher bekümmern als mich. Zumal unter den gegebenen Umständen kaum anzunehmen ist, daß er sich das Gift selbst verabreicht hat.«
Richard blieb eine ganze Weile stumm. »Sie wollen sagen, daß es Mord war?« fragte er schließlich mit bebender Stimme.
Dr. Graham nickte nur ernst.
»Mord!« rief Richard. »Mein Gott, was tun wir denn jetzt?«
»Ich habe bereits den Untersuchungsrichter verständigt«, erklärte Graham sachlich den vorgeschriebenen Ablauf. »Die Untersuchungsverhandlung ist morgen im King's Arms.«
»Und – Sie sagen – die Polizei muß da eingeschaltet werden? Daran führt kein Weg vorbei?«
»Nein. Das müssen Sie doch einsehen, Richard.«
Richards Stimme hatte etwas Irres, als er rief: »Aber warum haben Sie mich nicht gewarnt, daß –«
»Na, na, Richard«, fiel Graham ihm ins Wort. »Fassen Sie sich. Sie müssen doch begreifen, daß ich lediglich getan habe, was ich für absolut notwendig hielt. In solchen Angelegenheiten ist schließlich keine Zeit zu verlieren.«
»Mein Gott!« rief Richard wieder.
»Ich kann Sie ja verstehen, Richard«, sagte Graham jetzt freundlicher. »Es war ein böser Schock für Sie. Aber ich muß Ihnen leider ein paar Fragen stellen. Fühlen Sie sich imstande, sie mir zu beantworten?«
Richard machte es sichtlich Mühe, sich zusammenzu-nehmen. »Was wollen Sie wissen?« fragte er.
»Erstens«, sagte Graham, »was Ihr Väter gestern beim Abendessen an Speisen und Getränken zu sich genommen hat.«
»Mal überlegen. Wir hatten alle das gleiche. Suppe, gebackene Seezunge, Kotelett, zum Abschluß Obstsalat.«
»Und die Getränke?« fragte Graham weiter.
Richard dachte kurz nach, bevor er antwortete. »Mein Vater und Tante Caroline haben Burgunder getrunken.
Raynor auch, soviel ich weiß. Ich bin bei Whisky-Soda geblieben, und Dr. Carelli – ja, Carelli hat zu allen Gängen Weißwein getrunken.«
»Ach, der geheimnisvolle Dr. Carelli«,
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