Black Dagger 01 - Nachtjagd
senkte, schrie sie. »Fass mich nicht an!«
Sie machte einen Satz, um von ihm wegzukommen. Rannte panisch durch das Zimmer. Er schnitt ihr den Weg ab, und kam langsam, unaufhaltsam auf sie zu.
»Ich will dir helfen.«
»Lass mich in Ruhe!« Sie schlug einen Haken um ihn herum und stürzte zur Tür. Dieses Mal ging sie auf, ohne dass Beth überhaupt den Türgriff berührt hatte.
Als hätte er sie durch seinen bloßen Willen geöffnet.
Sie starrte ihn entgeistert an. »Das hier ist nicht real.«
Sie stürmte die Treppe hinauf, und stolperte dabei nur einmal. Als sie versuchte, den Riegel an der Rückseite des Gemäldes zu öffnen, brach sie sich einen Nagel ab, aber irgendwann gelang es ihr, ihn zurück zu schieben. Sie rannte durch den Salon. Stürzte aus dem Haus und –
Wrath stand vor ihr auf dem Rasen.
Beth blieb taumelnd stehen.
Blanker Horror brandete über sie hinweg, Furcht und Ungläubigkeit pressten ihr das Herz zusammen. Ihr Verstand setzte aus.
»Nein!« Sie rannte los, irgendwohin, einfach nur weg.
Er lief ihr nach, das spürte sie. Immer schneller flogen ihre Beine, sie rannte, bis sie keine Luft mehr bekam, bis ihre Sicht vor Erschöpfung verschwamm, und ihre Oberschenkel vor Schmerz schrien. Sie konnte nicht mehr, und immer noch war er ihr auf den Fersen.
Endlich ließ sie sich auf den Rasen sinken und schluchzte auf.
Sie rollte sich zusammen, als wollte sie sich vor Schlägen schützen, und weinte.
Als er sie aufhob, wehrte sie sich nicht.
Was half es schon? Wenn das ein Traum war, würde sie irgendwann aufwachen. Und wenn nicht …
Dann würde er ihr einiges mehr erklären müssen, als nur das Leben ihres Vaters.
Als Wrath Beth zurück in sein Zimmer trug, konnte er die Angst, Verwirrung und Verzweiflung in ihr fühlen. Er legte sie auf das Bett zog das Laken heraus, um sie darin einwickeln zu können. Dann ging er zum Sofa und setzte sich hin. Sicher brauchte sie jetzt ein bisschen Zeit für sich.
Endlich drehte sie sich um, und er fühlte ihren Blick auf sich ruhen.
»Ich warte darauf, endlich aufzuwachen. Dass der Wecker klingelt«, sagte sie heiser. »Aber das wird nicht passieren, oder?«
Er schüttelte den Kopf.
»Wie kann das sein? Wie …« Sie räusperte sich. »Vampire? «
»Wir sind einfach nur eine andere Spezies.«
»Blutsauger. Mörder.«
»Wie wär’s mit verfolgter Minderheit? Weshalb dein Vater hoffte, du würdest die Wandlung nicht erleben müssen.«
»Wandlung?«
Er nickte grimmig.
»O Gott.« Sie schlug sich die Hände vor den Mund, als müsste sie sich gleich übergeben. »Sag nicht, dass ich …«
Eine neuerliche Welle der Panik stieg in ihr auf und verursachte eine Luftbewegung im Raum, die ihn kühl und
heftig traf. Er konnte ihre Qual nicht ertragen und wollte ihr die Situation irgendwie erleichtern. Leider war das Zeigen von Mitgefühl nicht gerade seine starke Seite.
Wenn es doch nur etwas gäbe, wogegen er für sie kämpfen könnte.
Aber da gab es im Moment nichts. Absolut nichts. Die Wahrheit konnte er nicht aus dem Weg räumen. Und sie war auch nicht Beths Feind, obwohl sie schmerzte. Sie … war einfach da.
»Was wird mit mir geschehen?«, murmelte sie.
Die Verzweiflung in ihrer Stimme klang, als würde sie zu Gott sprechen, nicht mit ihm. Aber er antwortete trotzdem.
»Deine Wandlung steht kurz bevor. Sie trifft jeden von uns ungefähr an seinem fünfundzwanzigsten Geburtstag. Ich werde dir beibringen, wie du auf dich aufpasst. Ich zeige dir, was du tun musst, um zu überleben.«
»Lieber Gott …«
»Wenn du alles überstanden hast, wirst du trinken müssen. «
Sie keuchte und setzte sich aufrecht im Bett auf. »Ich werde niemanden töten!«
»Das musst du auch nicht. Du brauchst das Blut eines männlichen Vampirs. Mehr nicht.«
»Mehr nicht«, wiederholte sie tonlos.
»Wir jagen keine Menschen. Das ist ein Ammenmärchen. «
»Du hast nie einen Menschen genommen?«
»Nicht, um zu trinken«, sagte er ausweichend. »Es gibt Vampire, die das tun, aber die Kraft hält nicht lange vor. Um gesund zu bleiben, müssen wir uns von unserer eigenen Spezies ernähren.«
»Bei dir klingt das alles so normal.«
»Das ist es auch.«
Sie wurde still. Und dann, als wäre ihr das eben erst klar geworden, sagte sie: »Du wirst mich …«
»Du wirst von mir trinken. Wenn es Zeit ist.«
Sie stieß ein ersticktes Geräusch aus, als hätte sie aufschreien wollen, aber ihr Würgereflex hätte eingesetzt.
»Beth, ich weiß, dass es nicht
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