Black Dagger 17 - Vampirschwur
Schultern
waren so breit, dass selbst der größte Kittel an ihm spannte, und außerdem drang von beiden Operationstischen jeweils die falsche Musik zu ihr. Mozart? Niemals. Pop? Nur über seine Leiche.
Manny hörte ausschließlich psychedelischen Rock und Heavy Metal. Und zwar in einer Lautstärke, dass die OP-Helfer die letzten Jahre am liebsten Ohrstöpsel getragen hätten, wäre das nicht gegen die Vorschriften gewesen.
Verdammt. Wo zum Teufel steckte er? Konferenzen gab es nicht um diese Jahreszeit, und ein Privatleben außerhalb der Klinik hatte er nicht. Blieb nur noch die Möglichkeit, dass er sich im Commodore aufhielt – entweder auf der Couch in seiner Wohnung, eingeschlafen vor Erschöpfung, oder im Fitnesscenter des Hochhauses.
Auf dem Weg nach draußen schaltete sie ihr Handy ein und wählte die Nummer der Vermittlung der Klinik.
»Ja, hallo«, sagte sie, als sich jemand meldete. »Ich würde gern Dr. Manny Manello anpiepsen. Mein Name?« Scheiße. »Äh … Hannah. Hannah Whit. Meine Nummer lautet folgendermaßen …«
Jane legte auf und fragte sich, was sie eigentlich sagen sollte, wenn er anrief, aber sie war gut im Improvisieren – und sie betete, dass diese Fähigkeit sie nicht im Stich lassen würde. Wäre die Sonne bereits hinter dem Horizont gestanden, hätte einer der Brüder kommen und Manny eine kleine Gehirnwäsche verpassen können. Damit hätte man den ganzen Prozess vereinfacht, ihn zum Anwesen der Bruderschaft zu bringen.
Allerdings nicht Vishous. Jemand anders hätte das übernehmen müssen. Jeder außer ihm.
Ihr Instinkt sagte ihr, dass man die beiden so weit wie möglich auseinanderhalten musste. Sie hatten bereits eine Verletzte. Niemandem wäre geholfen, wenn sie ihren ehemaligen Chef in den Streckverband stecken müsste, weil
ihr Mann sein Revier verteidigen musste und beschloss, selbst eine Wirbelsäule zu brechen: Kurz vor ihrem Tod war Manny nämlich in mehr als nur beruflicher Hinsicht an ihr interessiert gewesen. Wenn er also nicht spontan eines dieser Barbiepüppchen geehelicht hatte, mit denen er sich normalerweise umgab, war er wahrscheinlich noch immer Single … und nachdem sich rarzumachen eine bewährte Methode war, um jemanden noch stärker an sich zu binden, waren seine Gefühle vermutlich unvermindert vorhanden.
Andererseits war es genauso gut möglich, dass er sie wegen ihrer Farce mit dem tödlichen Unfall zum Teufel jagte.
Nur gut, dass er sich an nichts von alledem erinnern könnte.
Was sie selbst betraf, fürchtete sie, dass sie die nächsten vierundzwanzig Stunden niemals vergessen würde.
Die Tricounty-Pferdeklinik war hervorragend ausgestattet. Sie lag fünfzehn Minuten von der Aqueduct-Rennbahn entfernt und verfügte über alles Nötige, von Operationssälen und voll ausgestatteten Aufwachräumen bis hin zu Wassertherapiebecken und einer topmodernen radiologischen Abteilung. Und sie war mit Leuten besetzt, für die Pferde mehr waren als reine Spekulationsobjekte auf vier Hufen.
Im OP betrachtete Manny die Röntgenaufnahmen vom Vorderbein seiner Glory und wünschte, er könnte diese Sache selbst in die Hand nehmen: Die Brüche in der Speiche waren deutlich zu erkennen, aber das war es nicht, was ihm Sorgen bereitete. Einige scharfkantige Splitter waren abgesprengt und verteilten sich wie Monde um einen Planeten um das knollenförmige Ende des langen Knochens.
Auch wenn Glory einer anderen Spezies angehörte, hätte er die Operation bewältigen können. Solange der Anästhesist
sie ruhigstellte, wäre der Rest kein Problem für ihn gewesen. Knochen war Knochen.
Aber er würde sich jetzt nicht wie ein Idiot aufführen. »Was meinen Sie?«, fragte er.
»Nach meiner professionellen Einschätzung«, antwortete der Tierarzt, »ist die Sache ziemlich ernst. Es handelt sich um einen dislozierten Trümmerbruch. Die Heilung wird langwierig sein, und ich kann nicht einmal Zuchteignung garantieren.«
Das Dumme war: Pferde waren darauf ausgelegt, aufrecht auf vier Beinen zu stehen und ihr Gewicht gleichmäßig darauf zu verteilen. Brach ein Bein, war die Verletzung oftmals nicht das Schlimmste, sondern vielmehr die Tatsache, dass sie ihr Gewicht unverhältnismäßig auf die gesunde Seite verlagern mussten, um auf den Beinen zu bleiben. Und das sorgte für Komplikationen.
Bei Glorys Befund hätten die meisten Halter sich für einen schnellen Tod entschieden. Sein Mädchen war zum Rennen geboren, doch das war mit dieser fatalen Verletzung nicht
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