Black Jail

sie sich am nächsten Tag schlecht. Es war daher in aller Interesse, dass sie ihren Nachtschlaf bekamen. Und wenn man einen aufweckte, dann fing er an, zu schreien und an seine Zellentür zu hämmern, und dann machte ein anderer mit und dann noch einer und so weiter, bis ein ohrenbetäubender Radau im Gange war.
    Und das konnte dann die ganze Nacht so gehen, wenn sie wollten.
    Der Diensthabende musste alle halbe Stunde seine Runde drehen, daher konnte man einen Spaziergang nichteinfach ausfallen lassen. Manche Aufseher trugen Turnschuhe, aber die hatte Glass nie gemocht. Bei ihm hieß es Schuhe oder Pantoffeln.
    In seiner ersten Nachtschicht hatte er Müdigkeitsanfälle gehabt, und ein paarmal gegen Ende waren ihm die Lider schwer geworden. Er war nie ganz an den Punkt gekommen, wo er hochschreckte, aber er wollte kein Risiko eingehen. Er musste stöpseln. Wenn man eine Runde verpasste, kriegten sie einen am Arsch. Keine zweite Chance. Er hatte allerdings dazugelernt, und jetzt nahm er ein bisschen Speed, bevor die Schicht anfing, und hielt so problemlos durch.
    Er ging zum Wasserkocher. Füllte ihn und summte dabei vor sich hin. Die Nachtschicht war eine seltene Erholungspause. Es war schön, allein zu sein. Keiner, der ihn schikanierte. Wäre Watt nicht wieder auf der Bildfläche aufgetaucht, wäre er zufrieden gewesen. Aber allzu große Sorgen machte Glass sich nicht. Nach dem Zwischenfall vor dem Kino hatte er sich ein bisschen Zeit verschafft. Hatte Caesar gesagt, er würde sich’s überlegen.
    Dem Speed würde er noch einen starken Kaffee hinterherschütten, dann war er bereit.
    Er holte seinen Becher aus dem Schrank. Ging rüber zum Kühlschrank. Fand Milch, die noch okay aussah, schnüffelte aber daran, um sicherzugehen. Er nahm den Deckel von der Kaffeebüchse ab. Es war so eine überdimensionale Dose mit billigem Instantdreck. Genau die richtige Größe.
    O mein Gott, nein.
    Tränen liefen ihm über die Wangen. Wollten nicht aufhören.
    Er schraubte den Deckel wieder zu. Konnte den Anblick nicht ertragen.
    Blinzelte sich die Tränen aus den Augen.
    Ein Witz war ein Witz, aber diese Wichser warenbösartig. Er konnte sich vorstellen, dass einer der Häftlinge so etwas machte. Peeler vielleicht, so irre wie der war. Aber das hier war ein Aufseher gewesen, ein Kollege von Glass, und der hatte es nur getan, um Glass zu quälen.
    Er öffnete den Deckel erneut. Schaute hinein auf das dreifarbige Kätzchen. Darkos Kätzchen.
    Glass steckte die Hand hinein und streichelte das Rückenfell. Es war noch warm, aber nicht mehr lange.
    Wie es so dalag, mit schiefem Unterkiefer, aus dem Mund hängender Zunge zwischen scharfen blitzend weißen Zähnen, den Kopf auf der Seite, war es klar, dass irgendein Schwein ihm den Hals umgedreht hatte.
    Fox höchstwahrscheinlich. Glass hoffte, irgendwer würde Fox mal den Hals umdrehen.
    Glass würde derjenige sein, der es Darko sagen musste. Scheiße, Scheiße, Scheiße. Er erwog, das arme Vieh in Zeitungspapier einzuwickeln und in den Mülleimer zu werfen, aber vielleicht wollte Darko es ja beerdigen, und das wollte Glass ihm nicht nehmen.
    Er würde ihm das Kätzchen gleich bringen. Es hinter sich bringen. Diese Kaffeedose aus seinen Augen schaffen.
    Um Himmelherrgotts willen noch mal. Diese Wichser waren doch total beschissener Abschaum.
    Auf dem Weg zu Darkos und Mafias Hütte wurde Glass bewusst, dass er genau das machte, was er Caesar gegenüber als total bescheuert bezeichnet hatte. Er war drauf und dran, mitten in der Nacht ohne jede Verstärkung eine Zelle zu betreten.
    Andererseits war er ja nicht aus einer der Zellen angesummt worden. Nein, es war seine Entscheidung. Darko würde keinen Ärger machen. Machte er nie. Und mit Mafia hatte sich Glass versöhnt, da war das auch in Ordnung. Aber selbst wenn Mafia einen Fluchtversuch machen sollte,würde er außerhalb seiner Hütte wegen seiner schlechten Augen keine zwei Meter weit kommen.
    Glass war also sicher.
    Vor der Zelle fragte er sich, ob er nicht vielleicht leise an die Tür klopfen sollte. Wenn ihm schon nicht wohl dabei war, tagsüber unangekündigt ihre Hütte zu betreten, dann kam ihm das nachts noch unendlich viel schlimmer vor. Vor allem wenn Mafia nicht sehen konnte, wer da war.
    Er könnte womöglich ausrasten. Zu schreien anfangen. Einen Aufruhr verursachen.
    Glass klopfte also an die Tür.
    Wartete.
    Nichts.
    Er schlug mit den Knöcheln dagegen, fester.
    Immer noch nichts.
    Also zog er den Schieber zurück und