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Black Mandel

Black Mandel

Titel: Black Mandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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Myklebust.
    »Was ist mit meinem Auto?«, fragte der Mandel.
    »Lass uns hinfahren und nachsehen, sobald du wieder bei Kräften bist«, sagte Myklebust.
    »Mir geht’s gut«, sagte der Mandel, und wenn er für einen Moment die Augen schloss, war er wieder unter Wasser. Unter dem schwarzen Wasser, und es füllte seine Lunge mit brennendem Salz.
    »Du hast nicht zufällig einen Kaugummi?«, fragte der Mandel.
    Der Ford Focus stand mit offener Beifahrertür auf der Brücke. Der Schlüssel steckte noch.
    »Dass den keiner klaut?«, wunderte sich der Mandel.
    »Wer denn? Hier kommt doch am Samstag niemand vorbei. Außerdem haben hier alle ein Auto. Meistens sogar ein neueres.«
    »So alt ist er gar nicht«, sagte der Mandel und stieg aus dem VW -Bus aus und in den Focus ein. Er fuhr Myklebust hinterher, zurück nach Fykse. Auf dem Beifahrersitz und auf den Armaturen klebte noch das Blut von Grimnir. Der Mandel holte eine CD von Grateful Dead aus dem Handschuhfach .
    I lit out from Reno, I was trailed by twenty hounds
    Didn’t get to sleep last night‚ till the morning came around.
    Der Mandel parkte den Ford Focus unten an der Straße, unter dem blauen Gasthof der Myklebusts, an derselben Stelle, wo er auch schon die letzten drei Tage gestanden hatte. Myklebust war mit seinem Bus direkt vors Haus auf die Grünfläche gefahren. Als der Mandel in die Gaststube kam, aß gerade ein hageres Ehepaar ein Fischgericht zu Mittag. Der Mandel hielt sich innerlich die Nase zu und setzte sich an den Tisch bei der Theke, wo Myklebust junior schon einen Kaffee vor sich stehen hatte.
    »Willst du auch einen?«, fragte er den Mandel.
    Der Mandel nickte.
    »Paps!«, schrie Myklebust in die Küche, und als das Gesicht seines Vaters am Tresen auftauchte, hielt er demonstrativ seine Kaffeetasse hoch. Wäre der Myklebust mein Sohn, und wir hätten einen Gasthof zu Hause, ich hätte ihn den Kaffee schön selbst machen lassen, den faulen Zipfel.
    »Ich hab in deinem Gitarrenkoffer so einen Grundriss gefunden«, sagte der Mandel.
    »Weißt du, was für ein Grundriss das ist?«, fragte Myklebust.
    »Sieht aus wie ein Kirchenschiff«, sagte der Mandel.
    Myklebust hörte dem Mandel zu, sagte aber nichts.
    »Wann endet die Wilde Jagd?«, fragte der Mandel.
    »Heute Nacht«, sagte Myklebust.
    »Ohne Neofenrir, ohne Grimnir?«
    »Wir beide sind jetzt Utgang«, sagte Myklebust, und jetzt sagte der Mandel nichts mehr.
    »Wie hat deine Mutter sich umgebracht?«, fragte Myklebust nach einer Weile.
    »Sie hat sich erhängt«, sagte der Mandel.
    »Und dann?«
    »Dann war alles scheiße«, sagte der Mandel.
    »Wieso?«
    »In der Gemeinde hat man uns gemieden. Mein Vater konnte eine Zeitlang nur schwer Aufträge für seinen Betrieb finden. Er hat mich und meinen Bruder fast jeden Tag wegen irgendwelchen Nichtigkeiten geschlagen. In der Kirche hat der Pfarrer indirekt gesagt, die Mandels seien keine aufrechten Leute, weil sie zu schnell an Geld gekommen seien und das Leben nicht in christlicher Demut geführt hätten. Da, wo ich herkomme, bringt man sich nicht um. Als guter Katholik macht man so etwas einfach nicht. Die Leute haben meinen Vater gemieden und die Kinder mich und meinen Bruder. Wir haben meinen Vater angefleht wegzuziehen, aber es hat noch fünf Jahre gedauert, bis wir weggezogen sind wegen dem Geschäft. Die fünf Jahre waren die schlimmsten.«
    »Wie alt warst du, als sie sich erhängt hat?«
    »Ich war zehn. Ich hab sie gesehen, da auf dem Dachboden. Sie hat noch geschaukelt.«
    »Das tut mir leid«, sagte Myklebust, und der Mandel winkte ab, als hätte er gerade nicht die furchtbarste Geschichte seines Lebens erzählt. Ich glaube, er verstand selbst nicht, warum er das gerade erzählt hatte. Vielleicht eine Nachwirkung seiner Nahtodfantasie.
    »Meine Mutter hat sich nicht umgebracht. Ich habe gelogen«, sagte Myklebust.
    »Ach wirklich?«, sagte der Mandel.
    »Sie ist mit einem Gast aus Oslo, einem Geschäftsmann, mitgegangen.«
    »Und?«
    »Nach einem Jahr hat sie erst versucht anzurufen und dann Briefe geschickt, aber ich habe mich nicht gemeldet. Das wäre unfair gegenüber meinem Vater gewesen. Sie hat noch mal eine Familie in Oslo gegründet.«
    »Wie alt warst du da?«, fragte der Mandel.
    »Zwölf«, sagte Myklebust und rührte in seinem Kaffee.
    »Oje«, sagte der Mandel.
    »Ist ja auch egal«, sagte Myklebust.
    »Es hat aufgehört zu regnen«, sagte der Mandel und sah zum Fenster hinaus.
    »Nein, es ist nur weniger geworden. Wir

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