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Black Mandel

Black Mandel

Titel: Black Mandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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sich anscheinend Tag und Nacht auf diesen Urlaub vorbereitet hatte.
    Myklebust holte eine Sprühdose aus dem Rucksack. Mit einer Räuberleiter hievte Neofenrir Grimnir auf einen kleinen Vorsprung unter dem Grab. Den nächsten Schritt machte Grimnir alleine, bis er im Stand mit den Armen an den unteren Rand des Grabes heranreichte. Der war allerdings mit allerlei Pflanzen überwuchert und bot keinen Halt. Grimnir schaute durch die Skimaske fragend hinunter zu Myklebust. Der hielt die Sprühdose in der einen und in der anderen Hand die Taschenlampe, mit der er das Felsengrab anleuchtete.
    »Du kannst seitlich ausweichen. Da sind ein paar hervorstehende Steine«, empfahl der Mandel und deutete nach rechts. Myklebust leuchtete die beschriebene Stelle an und nickte. Grimnir hangelte sich über die rechte Seite nach oben und konnte jetzt mit seinen Händen den Grabstein erreichen.
    »Fang«, sagte Myklebust und warf die Sprühdose nach oben. Grimnir streckte eine Hand aus, aber die Dose flog an ihm vorbei nach oben und wieder an ihm vorbei nach unten, wo sie auf dem felsigen Boden auftraf und ein lautes Scheppern verursachte.
    »Idiot«, sagte Myklebust.
    Der Mandel hob die Dose auf und zog sich seine Skimütze vom Kopf.
    »Lass mich mal«, sagte er.
    »Ich leuchte nach oben, und Herr Mandel wirft«, sagte Myklebust. Der Mandel schaute kurz in den Lichtkegel, in den Grimnir jetzt seine Hand hineingestreckt hatte. Mit einer kaum wahrnehmbaren Ausholbewegung ließ er die Dose elegant nach oben gleiten, wo Grimnir sie auffing, als gäbe es eine magnetische Verbindung zwischen seiner Hand und der Sprühdose. Neofenrir hatte schon die Hände zum Applaus gehoben, aber Myklebust zeigte ihm einen Vogel.
    »Sehr gut, Herr Mandel«, sagte Neofenrir stattdessen.
    Man muss dem Mandel lassen, dass er schon immer gut hat werfen können. Zigaretten, Feuerzeuge, Papierkugeln, Bierdeckel, das sieht bei ihm immer wie die größte Beiläufigkeit aus. Ich hingegen werfe selbst aus zwanzig Zentimeter Entfernung noch daneben, egal womit und wohin. Myklebust hob jetzt den Arm wie ein Linienrichter, und Grimnir sprühte ein schwarzes umgedrehtes Kreuz auf den Eingang zur Gruft von Edvard und Nina Grieg. Er sprühte noch dreimal darüber, damit die Linien dicker wurden. Dann ließ er die Dose fallen, und der Mandel fing sie ebenso galant auf, wie er sie nach oben geworfen hatte. Grimnir begann vorsichtig mit dem Abstieg, und Neofenrir war offensichtlich so begeistert über das Graffiti, dass er mit der Taschenlampe nicht Grimnirs Weg nach unten begleitete, sondern sie starr auf dem angesprühten Grabstein ließ.
    Grimnir rutschte ab und fiel aus mindestens drei Metern Höhe auf den Mandel. Beide lagen jetzt auf dem Felsboden unterhalb der Gruft. Myklebust richtete die Taschenlampe auf die beiden. Das Gesicht vom Mandel war voller Dreck, und da war auch ein wenig Blut an der Stirn, wo ihn der Grimnir mit seinen Stiefeln getroffen hatte. Grimnir lag neben dem Mandel auf dem Rücken und rührte sich nicht. Unter seiner Skimaske schauten die langen schwarzen Haare hervor. Der Mandel stand auf und wischte sich den Dreck und das Blut aus dem Gesicht.
    »Alles gut?«, fragte Myklebust und half dem Mandel hoch. Der nickte und stieß die Luft aus.
    Grimnir lag noch auf dem Boden und rührte sich immer noch nicht unter seiner Skimaske.
    »Hoch jetzt«, befahl Myklebust.
    Neofenrir half Grimnir hoch. Er wirkte benommen.
    Als sie wieder im Auto saßen und eine zweite Flasche Wodka die Runde machte, stellte der Mandel eine meiner Meinung nach nicht ganz unerhebliche Frage:
    »Warum eigentlich Grieg? Ist er nicht ein Teil der norwegischen Kultur, auf den man stolz sein kann?«
    »Bullshit«, sagte Myklebust. »Ein Angepasster war er. Ein Möchtegern-Internationalist. Ein vom Staat vollkommen Einverleibter.«
    Dann klingelte das Telefon von Myklebust. Mit einem Blick wies er Neofenrir an, die Musik leiser zu machen. Er telefonierte auf Norwegisch und sprach schnell. Nachdem er aufgelegt hatte, schüttelte er ungläubig den Kopf.
    »Was ist denn los?«, fragte der Mandel.
    »Das war Raske. Dark Reich haben uns den Krieg erklärt.«

15: RAUCH
    Der Mandel fährt den alten Ford Taunus, und ich sitze neben ihm. Draußen ist es schon dunkel, und ich halte einen Kerzenständer mit drei brennenden Kerzen in der Hand. Der Mandel sagt nichts, seine Hände sind wie am Lenkrad festgeschweißt. Ich frage, ob ich eine Zigarette haben kann, aber der Mandel antwortet nicht und

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