Black Monday
erscheinen jetzt acht kleine Fotos, auf denen dunkle gewölbte Oberflächen zu sehen sind. Die oberen vier sind bakterienfrei, während es in den unteren von Bakterien nur so wimmelt.
Theresa tippt mit einem rot lackierten Fingernagel auf den Bildschirm. »Auf den oberen Fotos sind Teile einer Pipeline, eines Benzintanks und von Flugzeugmotoren vor der Einführung der Mikroben abgebildet. Auf den unteren sieht man dieselben Teile sieben Stunden später.«
Gerard überlegt. »Die Bakterie gerät also irgendwie in ein Ölfeld, überlebt den Prozess der Raffinierung in Sporenform, bildet sich anschließend wieder zurück, verbindet sich mit dem Metall in den Tanks und fängt an, wie ein Weltmeister zu fressen.«
»Unsere Leute im Energieministerium sagen, das sei typisch für Bakterien, die weit unter der Erdoberfläche leben: Energie zu sparen, indem sie sich an einen Felsen hängen. Es gibt da unten nicht viel zu fressen. Sie warten, bis die Nahrung zu ihnen kommt. Wir vermuten, dass es sich bei der Öl zerstörenden Bakterie zum Teil um ein Extremophil handelt, das tief unten in der Erde lebt. Aber sie stammt eindeutig aus einem Labor. Die erste Phase der Sequenzierung ist geschafft. Ein geringer Teil des Genoms entspricht Clostridium tetani – dem Tetanusbakterium, das sich im Boden von Entwicklungsländern findet. Wenn man geimpft ist, kann man problemlos damit arbeiten. Aber der Hauptbestandteil von Delta-3 ist noch unbekannt. Wie zum Teufel haben sie dieses Ding fabriziert?«
Gerard, bestürzt über die Verbindung aus Seuchen verursachender und Öl fressender Bakterie, betrachtet das Gewimmel aus Mikroorganismen. Die grüne Färbung ist wieder da.
»Fazit ist also, dass der Raffinierungsprozess besonders günstige Bedingungen für dieses Ungeheuer schafft.«
Theresa stößt einen Seufzer aus. »Was auch immer sein Wachstum im Rohöl verhindert, ist nach dem Raffinieren verschwunden. Es gibt Theorien, nach denen Mikroben überhaupt erst dazu beigetragen haben, Öl zu erzeugen. Dass die ältesten Ölfresser schon vor der Atmosphäre da waren. Ich wette zehn Dollar, dass der dominante Organismus in diesem Hybrid sehr alt ist und irgendwo aus der Tiefe stammt.«
»Zehn Dollar? So viel wollen Sie riskieren, Colonel?«
Sie lächelt. Ein liebenswertes Lächeln. Es stört ihn, ebenso wie ihre eng sitzende Uniform und ihr angenehmer Duft und die Tatsache, dass sie anfangen, miteinander zu scherzen.
Gerard schiebt das Gefühl von sich weg. Auf dem Bildschirm ist nun eine dunkle wabernde Masse voller kristalliner Formen zu sehen. Das Bild ähnelt dem, das er im Pentagon zum ersten Mal gesehen hat.
»Das Abfallprodukt?«
»Die anfängliche Theorie hat sich als irrig erwiesen.« Sie schüttelt den Kopf. »Die Mikrobe produziert kaum Ausscheidungen. Sie ist effizient. Sie verändert den Kraftstoff. Normalerweise verlängert der Raffinierungsprozess bei Öl die Wasserstoffkette, wodurch es leichter zu verbrennen ist. Die Öl fressende Bakterie verkürzt die Kette wieder. Oder in Laiensprache: Sie macht zwei Schritte rückwärts, dreht die Raffinierung um und verwandelt das saubere Produkt wieder in Teer.«
»Wie viel braucht man, um ein Auto fahruntüchtig zu machen?«
»Na ja, eine Handvoll Zucker dürfte reichen«, antwortet sie. »Drei Stunden im Tank, und Delta-3 verwandelt Ihren neuen BMW in eine dekorative Grünflächenskulptur. Also! Ideen? Fragen? Intuition?«
Sie treten ans Fenster. Das Gebäude ist zu niedrig, als dass man einen Überblick über Fort Detrick erhalten könnte. Aber Gerard erinnert sich, dass auf den Straßen keine Autos gefahren sind. Die Menschen standen auf Parkplätzen Schlange, um Feuerholz zum Vierfachen des normalen Preises zu erstehen, das sie anschließend in Kinderwagen und Handkarren abtransportierten. Auf der Interstate 270 hat er sogar einen Mann auf einem Pferd gesehen.
»Vielleicht wissen wir ja mehr, wenn wir mit der Sequenzierung durch sind«, sagt er. »Vielleicht gelingt es uns ja, den anderen Organismus in der Mischung zu identifizieren.«
»Oder die Organismen, Plural«, fügt Theresa hinzu.
»Was genau bedeutet eigentlich Sequenzierung?«, fragt Raines.
Auf dem Fernsehbildschirm in der Ecke wird über Massenproteste wegen der Lebensmittelknappheit in Moskau berichtet. Soldaten feuern über die Köpfe von Demonstranten. Tränengas wird eingesetzt.
»Eine Sequenzierung«, setzt Gerard an, »ist quasi die Blaupause der Zeil-DNA. Alle Zellen setzen sich aus
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