Black Monday
aufgewachsen ist. Die Lullwater Road in der Nähe der Emory University. Eine von Bäumen gesäumte Vorortstraße, auf der einen Seite ein Park, auf der anderen teure Villen. Eine der Villen steht in Flammen. Diebstahl von Lebensmitteln ist in Atlanta inzwischen an der Tagesordnung, sagt der Nachrichtensprecher. Gerards Gedanken wandern in die Vergangenheit, er sieht sich vor dreiundzwanzig Jahren auf dem Rücksitz eines Chevy Impala zwischen den Kumpels seiner Gang, während sie das Haus in Augenschein nehmen, ein Backsteinhaus im Kolonialstil mit einem Säulenvorbau.
»In fünf Minuten sind wir wieder draußen«, sagt einer der Jungs.
»Ich will keine Häuser mehr ausrauben«, erklärt Gerard.
»Feige Schwuchtel. Die Familie ist im Urlaub.«
»Ich will Arzt werden.«
Sie warfen ihn aus dem Auto. Während er sich davonmachte, brachen seine Kumpels in das Haus ein, später erfuhr er, dass sie den Eigentümer überrascht und erstochen haben. Sie wurden nach dem Erwachsenenstrafrecht wegen Mordes verurteilt und wanderten ins Gefängnis.
In jener Nacht suchte Gerard zu Fuß Dr. Larch auf, der keine Fragen stellte, sondern ihm ein Glas Orangensaft einschenkte, über den Bedarf an Ärzten sprach und ihm nachschaute, als er wieder ging.
Theresa betritt das Büro und bleibt wie angewurzelt stehen. Gerard reißt sich von seinen Erinnerungen los.
»Was machen Sie hier?«, herrscht sie ihn an.
»Die Sequenzierung ist fehlgeschlagen.«
»Ich weiß. Und ich möchte Sie darüber informieren, dass das FBI alle Firmen, die mit Flüssigkeiten handeln, überprüft hat«, erwidert sie steif und offensichtlich bedrückt über diese Nachricht. »Es wurde keine Verbindung zu der Mikrobe gefunden. Hauser hat diesen Ermittlungsstrang zu den Akten gelegt.«
»So schnell?«
Sie starrt aus dem Fenster, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Irgendjemand muss Hauser dazu bringen, die Untersuchungen weiterzuführen. Soll unser Streit etwa unsere Arbeit behindern?«
»Es war kein Streit. Den war es nicht wert.«
»Ich weiß, ich hab mich wie ein Arschloch aufgeführt. Trotzdem – in diesem Punkt habe ich recht.«
Sie seufzt. Ihre Haare sind nicht wie sonst im Dienst gebändigt, ihre Haltung verrät Stolz. Offenbar versucht sie, ihren Ärger in den Griff zu bekommen.
»Also gut«, sagt sie schließlich. »Machen Sie ein paar Tage Urlaub. Kümmern Sie sich um Ihre Familie. Nehmen Sie ihren Dienstausweis mit, aber treiben Sie damit keinen Missbrauch, verstanden?«
Was sie wirklich meint, ist: Versuch von mir aus, zu Hausers Büro vorzudringen, aber lass mich aus dem Spiel, verstanden?
Im Keller verspricht Raines Gerard, sich täglich zu melden und seine Anweisungen zu befolgen.
Gerard sagt: »Ich gehe Klinken putzen und versuche, die entscheidenden Leute dazu zu überreden, die Ermittlungen in Bezug auf die Flüssigkeiten weiterzuführen. Und Ihrer Frau werde ich bei der Gelegenheit aus der Cafeteria etwas zu essen besorgen.«
»Füttern Sie Elizabeth und Emily, und Sie dürfen bis ans Ende meines Lebens über mich verfügen.«
An diesem Abend wird Gerard von einem Van in die Marion Street gefahren.
Wenigstens kann ich meine Familie unterstützen, solange ich hier bin, denkt er voller Dankbarkeit, zu Hause zu sein, als Marisa ihm die Tür öffnet.
10. KAPITEL
15. November. 18 Tage nach dem Ausbruch.
Am nächsten Morgen um fünf Uhr ist Gerard auf den Beinen, noch bevor der Wecker klingelt. Er muss sich beeilen, wenn er noch einen guten Platz in der Schlange vor der Grundschule bekommen will, wo um acht Uhr die Lebensmittelausgabe beginnen soll.
Denn wenn das nicht klappt, haben wir nichts mehr zu essen.
»Die Militärtransporter wurden gestern durch das schlechte Wetter aufgehalten«, sagt Marisa im Dunkeln. Sie klingt erschöpft. Sie hat die ganze Nacht unruhig geschlafen. Der Dauerregen prasselt aufs Dach und gegen die Fenster, und das Haus ächzt in Erwartung des Winters.
»Der Regen ist heute noch schlimmer, Greg.«
Die Temperatur ist auf fünf Grad Celsius gefallen, stellt Gerard mit einem Blick auf das Außenthermometer fest.
Eine einzelne Gestalt im Regenmantel mit Kapuze stapft zum Schutz die Straße entlang. Bob Cantoni, früher bei den Marines, läuft Streife zwischen seinem Honda, der die eine Zufahrt zur Marion Street blockiert, und Gerards Subaru am anderen Ende.
Wir haben die Straße gesperrt, um Fremde fernzuhalten. Die Polizeipatrouillen wurden reduziert, also müssen wir uns selbst
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