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Black Monday

Black Monday

Titel: Black Monday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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Passierschein auf, den Wagen zu verlassen.
    Jetzt geht's los, denkt Gerard, schlägt lässig die Beine übereinander und zieht einen Artikel über sporenbildende Bakterien aus der Tasche. Mit Willenskraft zwingt er sein Herz, ruhig zu schlagen, so wie er es früher vor einem Bandenkampf, einem Autodiebstahl oder einer drohenden Festnahme getan hat.
    Die meisten Passagiere steigen murrend aus. Sie haben damit gerechnet, dass man sie nicht durchlassen würde. Aber einige legen sich mit den Soldaten an.
    »Ich bin der Bürgermeister von Fargo, North Dakota, und ich verlange, meinen Senator zu sprechen! Ich habe drei Wochen gebraucht, um nach Washington zu kommen!«
    »Tut mir leid, Sir.«
    »In Fargo gibt es keine Lebensmittel mehr!«
    »Wenn Sie nicht aussteigen, müssen wir Sie festnehmen, Sir.«
    Eine hübsche junge Frau in einem schicken Kostüm lächelt den Soldaten an. »Ich sollte einen Passierschein für Zone A erhalten. Da muss ein Fehler passiert sein …«
    Andere behaupten: »Ich habe einen Termin mit dem Kongressabgeordneten …«, oder: »Ich bin Anwalt der Bürgerrechtsorganisation ACLU!«
    Plötzlich wedelt eine Hand vor Gerards Nase herum. »Passierschein!«, bellt ein pickelgesichtiger junger Bursche mit Gewehr, der sich wichtig vorkommt und es genießt, Leute herumzukommandieren, die ihm im normalen Leben keine Beachtung schenken würden.
    Träge zieht Gerard seinen laminierten Ausweis aus der Brusttasche und widmet sich wieder seinem Artikel über Bakterien in Tiefseeschloten. Zum ersten Mal missbraucht er seinen Dienstausweis und begeht damit eine militärische Straftat.
    Er liest: »Manche Bakterien hindern andere daran, Schaden anzurichten. Sie dienen als natürliche Kontrolle, indem sie gefährliches Verhalten einschränken oder verändern.«
    »So einen Ausweis hab ich noch nie gesehen, Sir«, sagt der Soldat, offensichtlich beeindruckt von der Unterschrift des Verteidigungsministers. Dann sind die Soldaten verschwunden. Die U-Bahn setzt sich wieder in Bewegung. Die wenigen verbleibenden, privilegierten Passagiere entspannen sich, nachdem sie die Barriere überwunden haben. Jetzt, da sie einem neuen, exklusiven Club angehören, werden sie gesprächig.
    »Das ging doch ziemlich glatt«, sagt ein Mann – ein Anwalt – in grauem Anzug und Regenmantel selbstgefällig zu Gerard.
    Er arbeite für das Bauministerium, erklärt der Mann und fügt hinzu, Gerard habe ja »keine Ahnung«, was für ein »logistischer Alptraum« es gewesen sei, die Sicherheitszonen einzurichten. Journalisten hatten sich bereit erklärt, die Meldung zurückzuhalten, nachdem sie eingeschüchtert worden seien. Menschen, die in den Schlüsselzonen wohnten, sollten zusätzliche Lebensmittelrationen erhalten, wenn sie Zimmer zur Verfügung stellten. Anwälte hätten Tag und Nacht Bescheide erstellt, die zur vorübergehenden Beschlagnahmung von Büro- und Geschäftsräumen, Fahrzeugen, Pferden und sogar Planwagen des Smithsonian-Museums ermächtigten.
    »Darf ich fragen, in welchem Metier Sie tätig sind?«, fragt der Mann.
    »Seuchenbekämpfung.«
    »Ah, die Hantavirus-Epidemie in Iowa?«
    Gerard lässt sich seine Verblüffung nicht anmerken. Von der Epidemie hat er noch nichts gehört. Der Mann steigt aus, und Gerard fährt weiter bis zur Bolling Air Force Base, dem einzigen Flughafen Washingtons, der noch in Betrieb ist. Beim Aussteigen fällt ihm auf, dass Zone A vollständig mit Strom versorgt ist. Alle Lichter brennen. Rolltreppen sind in Betrieb. Das Gefühl der Sicherheit ist körperlich spürbar, und die Menschen um ihn herum bewegen sich deutlich zuversichtlicher. Am Bordstein entdeckt er zu seiner Verwunderung mehrere Golfwagen mit der Aufschrift TAXI. Auf den Straßen fahren viel mehr Autos, Kleinwagen wie Toyota Prius und Mini-Cooper. Motorräder. Hier funktioniert noch alles.
    Am Eingang zum Flughafen muss er sich erneut ausweisen, dann noch einmal, um ins Terminal A zu gelangen, wo jetzt die Farbe Militärgrün vorherrscht. Es ist das reinste Tollhaus. Alle, die berechtigt sind zu fliegen, scheinen sich hier versammelt zu haben. Während er sich einen Platz in der Warteschlange erkämpft, entdeckt Gerard Politiker, die er kennt, und Generäle, die er nicht kennt, alle in Begleitung von Stabsmitgliedern, die schlau genug sind, ihrem Boss nicht von der Seite zu weichen.
    Aus allen Lautsprechern dröhnen Ankündigungen. Die Passagiere eines Rundflugs nach Boston, Albany, Cincinnati, Minneapolis und Seattle werden zum

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