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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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einmal ausgesehen hatte... als ich dreizehn, vierzehn war und hier drinnen mit Eric und Nic, Pauly und Raymond gesessen hatte oder manchmal auch nur mit Nic... nur wir beide, Nicole und ich, zusammen allein, in ihrem Zimmer...
    In diesem Zimmer.
    Aber es war nicht mehr dasselbe Zimmer.
    Es
war
schon Nics Zimmer, das war mir jetzt ganz klar. Es standen keine Umzugskartons herum, also hatte sie offensichtlich noch nicht angefangen zu packen, und als ich mich umschaute, entdeckte ich allmählich ein paar ihrer Dinge: ihre Kosmetiksachen kreuz und quer auf dem Frisiertisch, Parfümfläschchen, Schmuckkästchen, Armbänder und Ketten, die an Haken an der Wand hingen. Und auch die Anziehsachen, in Bergen auf dem Fußboden verteilt, gehörten eindeutig Nic. Und die Theaterplakate, die schwarzen Wände, der künstlerische Schnickschnack, die Bücherregale, die mit Shakespeare, Tschechow und Brecht vollgepackt waren. Okay, es
war
Nics Zimmer. Daran bestand kein Zweifel. Aber es war nicht das Zimmer der dreizehnjährigen Nic. Dieses Zimmer war für immer und ewig verschwunden.
    Wonach suchst du?
    Ich schaute mich noch eine Weile um und bemühte mich, |324| das Wummern in meinem Herzen und das seltsam kribbelnde Puddinggefühl in meinen Beinen zu ignorieren, dann holte ich tief Luft und zwang mich, zu ihrem Frisiertisch hinüberzugehen. Nicole war noch nie besonders ordentlich gewesen, weshalb ich von dem Chaos auf ihrem Tisch nicht überrascht war. Es sah aus, als ob sie auf einem Flohmarkt gewesen wäre und bei einem fliegenden Händler eine Grundausstattung an Kosmetik und Mädchenkrimskrams erstanden hätte, um sie zu Hause einfach über dem Frisiertisch auszukippen. Bei einem Teil der Sachen wusste ich, was es war – Lippenstifte, Wimperntusche, Lidschatten –, doch das meiste sagte mir gar nichts. Es war einfach irgendwas: Töpfchen, Becher, Päckchen, Beutel, Dosen, winzig kleine Schachteln... und alles von einem leichten Puderregen bestäubt. Weißem Puder (Talkum?), rosa Puder, glitzerndem Metallicpuder. Ich stand davor, schaute auf das Ganze und versuchte das zu finden, was ich zu finden hoffte, was auch immer es sein mochte... Ich glaube, ich muss gewusst haben, was es war, denn nach einer Weile sah ich mich die Hand ausstrecken und nach einem schmalen Glasfläschchen mit flachem schwarzem Deckel greifen. Es war ein kleines zylindrisches Fläschchen, ungefähr so groß wie ein Feuerzeug, aus glänzendem schwarzem Glas. Auf der Vorderseite stand in schwacher grauer Schrift das Wort
Jojana
, also nahm ich an, dass das der Name des Parfüms war:
Jojana
.
    Ich schraubte den Deckel auf, hielt mir das Fläschchen an die Nase und atmete den Duft ein.
    Auf einmal schien sich alles zu verwandeln. Die Atmosphäre des Zimmers, die Hitze, die Stille... alles war plötzlich anders. Eine andere Zeit, ein anderer Ort. Andere Gefühle. Als die geheimnisvolle Süße in meinen Kopf stieg, war |325| ich sofort zurück in der Hütte, allein mit Nicole... allein in der Dunkelheit, in einer Lichtblase... in etwas Lebendigem ...
    Was ist mit uns passiert, Pete?
    Ich spürte, wie mir der Schweiß von der Haut tropfte.
    Und dann, als ich noch einmal an dem Parfüm roch, wurde die Luft schwerer, stiller, intensiver und die geheimnisvoll dunkle Süße wurde zu einer süßen Dunkelheit und ich roch wieder Gas, das Gas des Brachfelds, und mein Kopf wurde nach unten zwischen Wes Campbells Beine gestoßen und er drückte mir so fest die Kehle zu, dass ich glaubte, mir bräche der Hals, und das Einzige, was ich sah, war das weiße, weiße Weiß seiner Jeans...
    Ich warf das Fläschchen zurück auf den Tisch.
    Die Bilder zerbarsten.
    Ich war nirgendwo anders als hier.
    In diesem Zimmer.
    Ich war in Nics Zimmer, hier und jetzt, und ich wusste, was ich wusste: dass Campbell nach Nicole roch, dass von beiden derselbe Duft ausging und dass ich nicht wusste, was das zu bedeuten hatte.
    Während ich in Nics Schmuck herumstöberte – in ihren Kästchen mit billigen Anhängern, in den Armbändern und Ketten, die an der Wand hingen –, versuchte ich mir vorzustellen, was für eine Verbindung es zwischen Wes Campbell und Nic geben konnte. War die Verbindung indirekt? Lief sie über Eric oder Pauly? Oder war es mehr? Gab es eine direkte Verbindung? Die indirekte Möglichkeit schien mir wahrscheinlicher, da beide, Eric und Pauly, Campbell näher kannten, aber ich verstand trotzdem nicht, wie das Parfüm da hineinpasste. Soweit ich das Ganze überblickte,

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