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Black Rose

Black Rose

Titel: Black Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Black Rose
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war, dann würden Sie etwas anderes denken,
nicht wahr? Sie würden nicht denken, dass Danielle St. James ihren Mann
ermordet, sondern dass ihr Mann sich selbst umgebracht hat!«
    Franklin bellte seinen Einspruch, aber Morrison war das
egal. Zufrieden mit sich nahm er Platz.
10
    Richterin Brunelli ermahnte die Geschworenen, in
den Prozesspausen nicht über den Fall zu diskutieren und auch keine Zeitung zu
lesen oder die Berichterstattung im Fernsehen zu verfolgen. Morrison sammelte
seine Notizen und Papiere zusammen, die vor ihm auf dem Tisch lagen, und da er
sich bewusst war, dass die Leute sie immer noch beobachteten, wechselte er ein paar
förmliche Worte mit Danielle. Er achtete darauf, Distanz zu ihr zu halten und
sie nur kurz am Arm zu berühren, wie er es bei jedem anderen Mandanten auch
getan hätte. Für diejenigen, die nahe genug waren, es zu hören, sagte er noch,
dass er sie am nächsten Morgen aufsuchen wolle. Sie solle versuchen, etwas
Schlaf zu bekommen. Ein Leibwächter wartete gleich hinter dem Geländer auf sie,
um sie durch die drängelnde Menschenmenge zu ihrem Wagen zu bringen.
    Begierig, aus der Nähe einen Blick auf die
berühmt-berüchtigte Danielle St. James zu erhaschen, folgten ihr die Zuschauer
nach draußen. Morrison ging in die Herrentoilette, die in der Mitte des Korridors
im Erdgeschoss lag. Sein Gesicht im Spiegel sah besser und weniger erschöpft
aus, als er sich fühlte. Er benetzte sich Wangen und Augen mit kaltem Wasser.
Er langte nach einem Papierhandtuch, als er vom anderen Ende des schmalen
weißgefliesten Raums ein würgendes Geräusch hörte. Morrison trocknete sich Gesicht
und Hände ab und wandte sich zum Gehen.
    In dem Moment flog die Kabinentür auf, und Robert Franklin taumelte
zum Waschbecken. Sein Gesicht war weiß wie ein Laken, und Streifen von
Erbrochenem fielen ihm aus dem offenen Mund.
    Der Schock, Morrison hier zu sehen, war so intensiv und der
Ausdruck in seinen Augen so voller Hass – nicht nur auf Morrison, sondern auch
auf sich selbst –, dass er aussah wie jemand, der im Begriff war, den Verstand
zu verlieren. Wie angewurzelt blieb er stehen und rührte sich nicht vom Fleck.
Er machte den Mund auf, um eine Erklärung, eine Entschuldigung für den
miserablen Zustand hervorzubringen, in dem Morrison ihn angetroffen hatte. Doch
schon nach drei Worten begann er zu stottern und konnte nicht mehr aufhören.
    In diesem Moment erst begann Morrison die Mühe zu erahnen, die
es Robert Franklin gekostet hatte, Jurist zu werden. Morrison konnte sich nicht
erinnern, jemals ein so ausgeprägtes Stottern gehört zu haben. Und doch hatte
Franklin es irgendwie überwunden. Das war der Grund, weshalb er in so großer
Entfernung von Zeugen und Geschworenen sein Plädoyer gehalten hatte, das war der
Grund für dieses Gefühl von Stolz in seiner Stimme: Nicht weil er ihren Klang
so liebte, sondern weil er sich mit äußerster Disziplin dazu gebracht hatte,
seine Sätze flüssig auszusprechen.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte Morrison mit einem
Anflug von schlechtem Gewissen. »Kann ich etwas für Sie tun?«
    Franklin stand so gedemütigt da, dass Morrison glaubte, er
werde gleich in Tränen ausbrechen. Sein ganzer Körper schien zu zittern. Mit
einem heftigen Ruck wandte er sich schließlich um und lief in die Kabine zurück,
als würde er sich gleich noch einmal übergeben.
    Auf der Rückfahrt vom Gericht musste Morrison immer wieder an
Franklin, sein Stottern und seine sichtliche Verzweiflung denken. Er empfand
unwillkürlich Mitleid mit ihm und bedauerte fast, dass er ihn so vorgeführt
hatte. Natürlich war er dazu verpflichtet, alles nur Erdenkliche für seine
Mandantin zu tun, aber vielleicht war er heute doch zu weit gegangen, indem er
den Geschworenen Sand in die Augen gestreut hatte. Schließlich handelte es sich
bei diesem Verfahren nicht um einen Jahrmarktsspaß, bei dem statt der
Angeklagten dem Staatsanwalt der Prozess gemacht wurde.
    Morrison beschloss, in einem der kleinen Restaurants des
Viertels zu Abend zu essen, wo eine gewisse oberflächliche Förmlichkeit genau
die Art Anonymität schuf, die es ihm ermöglichte, mit sich allein zu sein. Das
vertraute Kopfnicken zwischen ihm und dem Kellner, ihr kurzer Wortwechsel bei
der Aufnahme der Bestellung war nie über das hinausgegangen, was auf der
Speisekarte stand. Wäre da nicht seine Arbeit gewesen, Morrison hätte den Rest
seines Lebens in der Stadt verbringen können, ohne eine Menschenseele

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