Black Sun - Thriller
dass der größte Teil von ihnen erst nach Westen und dann nach Norden, nach Mittelamerika gezogen war. Und er versuchte, die Spur dort wiederaufzunehmen.
Bei der Suche nach ähnlichen Vorkommnissen stieß McCarter auf Geschichten über die frühesten Maya, die ihre Götter in Form spezieller Steine mit sich führten. Eine Inschrift in einem alten Tempel südlich von Tikal erzählte von zwei Steinen, die über Land reisten und einem, der übers Meer geschickt wurde. Die Reste des Wandbilds dort zeigten eine stilisierte Ansicht der Welt, nichts, was man eine Karte oder einen Globus nennen konnte, aber da er überzeugt war, dass er genau auf so etwas blickte, förderte seine Schlussfolgerung eine verblüffende Möglichkeit zutage. Zwei Steine waren weiter in den Norden gebracht worden, nach Yukatan, und einer war auf einem Kontinent jenseits des Meers platziert worden, in einer Gegend, bei der es sich nur um das nördliche China oder das südliche Sibirien handeln konnte.
Der Umstand, dass diese Streuung der Steine hier stattgefunden hatte, Hunderte von Jahren nach ihrer Beschreibung in dem brasilianischen Tempel, verriet ihm, dass sie geplant gewesen war. Es gab einen Grund dafür, es war mehr als die simple Aufteilung eines Erbes oder Beuteguts. Dem Akt musste eine Bedeutung innewohnen, eine größere Absicht im Gefüge des Ganzen.
In genau diesem Augenblick hatte McCarter das Bedürfnis – nein, den unwiderstehlichen Drang – verspürt, nach diesen Steinen zu suchen. Er hatte sich an die gewandt, die ihm helfen konnten: Arnold Moore und das NRI.
Das kam ihm jetzt alles sehr töricht vor. Nicht die Theorie, sondern seine Suche nach dem Beweis. Für wen hielt er sich? Für einen Spion, einen Agenten der Weltveränderung? Es hatte so schlimm geendet, dass er wünschte, es hätte nie angefangen. Und doch wusste ein Teil von ihm selbst in solcher Verzweiflung, dass er weitermachen würde, wenn er es schaffte, wieder gesund zu werden.
Als er hörte, dass jemand den Raum betrat, versuchte McCarter aufzublicken.
»Oco?«, fragte er.
»Nein«, antwortete eine andere Stimme. »Oco ist noch nicht zurück aus Xihua.«
McCarter sah einen jüngeren Mann, der Englisch sprach und als Dolmetscher zwischen ihm und seiner vorherigen Pflegefamilie fungiert hatte. Unmittelbar hinter ihm stand der Schamane selbst, in voller Amtstracht.
»Wann wird Oco wieder hier sein«, fragte McCarter.
»Vielleicht morgen«, sagte der Dolmetscher. »Aber wir können nicht warten. Das Gift im Blut breitet sich aus.«
McCarter sah sich um, er wollte unbedingt wissen, welche Vorbereitungen möglicherweise im Gange waren.
»Der Schamane sagt, er versteht jetzt, warum du krank bist«, sagte der Dolmetscher.
»Ich bin krank, weil jemand auf mich geschossen hat«, brachte McCarter heraus. »Ich habe eine Infektion.«
Offenbar war der Schamane anderer Ansicht.
»Er sagt, du suchst nach etwas«, erklärte der Dolmetscher. »Aber du gestehst dir nicht ein, was du finden willst. Er sagt, du hast Angst, dass es dir weggenommen wird. Und deine Seele kämpft gegen diese Wahrheit.«
Na großartig, dachte McCarter. Jetzt bekam er sein Horoskop und seine ärztliche Behandlung von derselben Person. Das war nicht unbedingt seine Vorstellung von ganzheitlicher Medizin.
Er legte den Kopf zurück, da die Anspannung im Nacken sonst unerträglich wurde. Er fand die Aussagen des Schamanen höchst verwirrend, aber er brachte nicht die Energie auf, weitere Fragen zu stellen. Zu anderen Zeiten hätte er es genossen, mit den beiden zu reden, Worte und Ideen auszutauschen und zu versuchen, einen Einblick in
ihre einzigartige Weltsicht zu erhalten. Im Augenblick jedoch war ihm das vollkommen egal.
Der Schamane sprach einige Worte über ihm. »Das Giftblut hat böse Geister zu dir gebracht«, sagte der Dolmetscher. »Sie beherrschen dich im Schlaf und schicken dir dunkle Träume. Der Heiler wird die Geister zwingen, dich zu verlassen, und dann kann die Medizin richtig wirken.«
Darauf hörte McCarter, wie das Feuer geschürt wurde, fühlte eine neuerliche Hitzewelle und hörte, wie der Schamane einen leiernden Gesang anstimmte. Der Dolmetscher zerrieb eine Arznei in eine Schale und mischte sie mit Ziegenmilch. Kurz darauf trank McCarter das Gebräu.
Es schmeckte so bitter, dass er die Augen schloss. Als er sie einen Moment später wieder öffnete, fühlte er sich erneut benommen, und bald verschwamm der Raum vor ihm.
Der Sprechgesang ging immer weiter,
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