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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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plagten Visionen von Schnecken, die aus knochigen Augenhöhlen krochen, und von Aalen, die am Fleisch Ertrunkener nagten.
Immerhin wirkte das phosphoreszierende Licht, das Melusine umgab, wie eine riesige Taschenlampe. Ich konnte vor uns Felsen erkennen, und über ihnen erleuchtete Melusines Schein weggeworfene Wasserflaschen und Treibholz, die an der Oberfläche tanzten. Wenn es mir gelang, mich an einem der Felsen festzuhalten, würde ich mich vielleicht aus dem Wasser ziehen können.
    Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, wie stark es mich behindern würde, Melusine festzuhalten. So hatte ich nur eine Hand, um zuzupacken – noch dazu meine ungeschickte Linke. Hastig versuchte ich, mich am Gestein festzukrallen … aber ich rutschte ab, und nur grünes Moos blieb in meiner Hand.
    Lass sie los , sagte eine Stimme in meinem Kopf. Sie ist ohnehin nicht mehr zu retten.
    Aber ich hielt sie weiter fest, vielleicht auch nur, weil ich Angst hatte, allein im Dunkeln zu sein. Endlich spülte mich die Strömung gegen einen zerklüfteten Felsen. Er schrammte über meine Hüfte, aber ich konnte meinen linken Arm über die schroffe Kante schieben und mich nun nach oben kämpfen. Immer noch konnte ich kein Licht über mir sehen. Allmählich machte sich der Gedanke in mir breit, dass die Schwärze um mich herum ein viel tieferer Abgrund sein musste als nur der Grund des East Rivers. Vielleicht war ich schon tot.
    Dennoch kletterte ich weiter, zog Melusines leere Hülle mit mir wie eine Schnecke ihr Haus auf dem Rücken. Wie lange ich mich abmühte oder wie weit es war, konnte ich schließlich nicht mehr sagen. Vielleicht war ich auch eine Weile bewusstlos. Als ich wieder zu mir kam, war ich immer noch von Schwärze umgeben, aber es war die
Schwärze der Nacht, und die Kühle war der Dezemberwind auf nackter Haut. Ich lag auf einem Felsblock neben einem blass silbernen Klecks gallertartigen Fleisches – wie eine ausgenommene Auster. Übelkeit stieg in meiner Kehle auf, und ich krümmte mich zusammen und erbrach Salzwasser über die andere Seite des Felsens. Ich würgte, bis meine Kehle brannte und mein Magen sich anfühlte, als hätte ich ihn einmal auf links gezogen. Ich stellte mir vor, dass er ganz ähnlich aussah wie das glibberige Zeug neben mir, und prompt überkam mich erneut der Würgreiz. Ich konnte es nicht noch einmal ansehen. Langsam kroch ich auf den nächsten Felsen …
    Marguerite … verlass mich nicht …
    Die Stimme erklang einerseits hinter mir, aber auch in meinem Kopf. Sie drang aus der Schlickpfütze, die einmal Melusine gewesen war. Sie lebte noch, aber ihr blieb nicht mehr viel Zeit. Ich konnte es nicht ertragen, den Glibber noch einmal anzusehen, noch dazu mit dem Wissen, dass darin noch ein Funken Bewusstsein lebte. Langsam kroch ich weiter …
    Marguerite … meine Schwester …
    Schwester?
    Es war nur eine Redewendung, sagte ich mir. Aber während ich mich immer weiter entfernte, wurde mir bewusst, dass das nicht stimmte. Ein Bild erstand in meinem Kopf. Ein Mädchen auf einer Waldlichtung, das neben einem kleinen Tümpel hockte und ihr Spiegelbild im Wasser betrachtete … doch es war kein Spiegelbild, es war ein zweites Mädchen, das ihr aus dem Wasser entgegenblickte, mit einem beinahe identischen Gesicht, abgesehen von der Haarfarbe.

    Ich wandte mich um. Die bleiche Masse erzitterte auf dem Felsen. Etwas glänzte darin auf. Als ich mich ein wenig hinüberbeugte, erkannte ich entsetzt, dass es ihre Augen waren. Grüne Augen, die meinen Blick festhielten.
    »Du und Marguerite – die Marguerite, die meine Vorfahrin war – ihr wart Schwestern?«
    Ein Erschauern ging über die gallertartige Masse, und gleichzeitig fühlte ich, wie auch mir ein Schauer über die Haut lief.
    Ja … Schwessstern … Nur wurde sie der Wachtturm genannt, und ich wurde … ich wurde dasss hier …
    Diesen Teil der Geschichte hatte Oberon mir nicht erzählt.
    Als Marguerite sich für die Sterblichkeit entschied … ein rasselndes Keuchen ging durch das, was von Melusines Körper noch übrig war. Luftblasen stiegen durch ihr schwindendes Fleisch nach oben.
    »Was? Was geschah, als sie sterblich wurde?«
    Half ihr … habe ihr … den Weg gezeigt … Die grünen Augen kreiselten in dem Glibber, rutschten dann zur Seite, blieben aber auf mein Gesicht geheftet. Hilf mir … jetzt!
    »Wie? Wie kann ich dir helfen?«
    Fang mich auf! , zischte sie, und ihr Fleisch zitterte auf dem Felsen. Bring mich … zurück!
    »Dich

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