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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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befinden sich noch im proterozonischen Stadium, aber je stärker sie werden, desto mehr wird der Nebel mit Energie aufgeladen, um schließlich die Form jedes beliebigen mentalen Bildes annehmen zu können, das ihm begegnet.«

    »Also werden die Menschen in der Stadt im Geiste ihren schlimmsten Alpträumen begegnen, selbst wenn es ihnen gelingt, sich körperlich davon fernzuhalten.«
    »Ganz genau. Schon jetzt kann sich der Dunst, wenn er auf ein mentales Bild von genügend großer Stärke trifft, in ebendiese Gestalt verwandeln. Da du inzwischen von den vier Elementen ausgebildet wurdest, könnte dein Geist durchaus Bilder senden, die ihn zum Leben erwecken könnten. Versuche am besten, deinen Kopf ganz frei zu bekommen.«
    Er wandte sich zu mir um und lächelte, aber in dem scheußlich gelben Licht des Nebels wirkte es wie ein höhnisches Grinsen. »Und bitte bleib dicht bei mir. Wir müssen uns hier hindurchtasten.«
    Will hakte mich unter, und wir schritten langsam den abfallenden Weg hinab. Der Boden unter unseren Füßen war glitschig, und nachdem wir den Nebel erreicht hatten, nicht einmal mehr zu sehen. Ich rutschte einige Male aus, aber Will fing mich immer wieder auf. Ich versuchte, mich fester an ihn zu klammern, aber meine Hände waren feucht vom Dunst und zitterten vor Kälte. Seine Hände waren so kühl und dünn wie nackte Knochen, Fleisch, das seit hundert Jahren tot war … und schließlich war er das ja auch, seit schon viel längerer Zeit.
    »Es ist nicht mehr weit.« Sein körperloses Flüstern erklang direkt neben mir. Der Nebel war so dicht, dass ich nicht einmal mehr ihn sehen konnte … wusste ich denn wirklich sicher, dass es Will war, an dem ich mich da festhielt? Ich versuchte, durch den dicken Dunst einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen. Selbst die Züge eines Vampirs – einer untoten Kreatur – wären mir jetzt ein willkommener
Anblick gewesen. Ich beugte mich näher zu ihm … und ein weißer Schädel ragte aus den Schwaden, der mich mit leeren Augenhöhlen angrinste. Ich kreischte auf und wich zurück, wand meine Hand aus dem Griff der Skelettfinger, die sie gepackt hatten, wie ich jetzt sah.
    »Garet!« Die Stimme drang aus der Lücke über dem lockeren, wackligen Kieferknochen.
    Wieder wich ich zurück – und stürzte. Will – oder was auch immer dieses Wesen an meiner Seite war – war zu weit entfernt, um mich festzuhalten. Ich rutschte über Schlamm und Dreck den steilen Abhang hinunter und landete schließlich in einer Pfütze übelriechenden Wassers. Zwar konnte ich Wills Stimme von weiter oben hören, aber ich sah nichts außer dem entsetzlichen, grinsenden Schädel.
    Es ist der Nebel, sagte ich mir, aber eine andere Stimme fügte hinzu: Aber er zeigt ihn als das, was er wirklich ist – ein vierhundert Jahre alter Leichnam.
    Also blieb ich still und reagierte nicht auf Wills Ruf. Ich rappelte mich auf und begann, die Steigung auf der anderen Seite wieder emporzuklettern. Ich würde allein in den Turm vordringen, Dee die Schatulle abnehmen, und dann würde sich der scheußliche Nebel auflösen und Will – der echte Will – wieder zu mir stoßen. Alles würde wieder ganz normal sein. Darauf musste ich mich nun konzentrieren – darauf, dass mein Leben wieder zu seiner alten Stabilität und Normalität zurückfand. Mein Vater würde aus dem Krankenhaus entlassen werden, und wir würden irgendeine Möglichkeit finden, den Kredit zurückzuzahlen. Becky und Jay würden sich wieder vertragen und einen Kompromiss für die Zukunft der Band finden. Und ich würde Detective Kiernan beweisen, dass
mein Vater nichts mit dem Einbruch zu tun hatte. Weiter und weiter kletterte ich nach oben, beschäftigte meine Gedanken mit diesen Alltagssorgen, die mir vor einigen Tagen noch so unüberwindlich erschienen waren und mir nun sogar Trost boten. Irgendwie schienen sie tatsächlich eine Art Gegengift zum Nebel zu bieten. Als ich oben angekommen war, verzog sich der Dunst ein wenig, und ich konnte den Tunneleingang zur High Bridge sehen. Auf mein Fingerschnippen hin erschien eine kleine, zuckende Flamme, die ich hochhielt, um die Öffnung zu beleuchten … und die Gestalt des Mannes, der dort stand.
    Ich schrie auf. Der Mann fuhr herum und blendete mich mit dem Strahl einer Taschenlampe, die er unversehens auf mich richtete.
    »Garet James, sind Sie das?«
    Die Stimme klang vertraut, und als der Mann die Taschenlampe leicht senkte, erkannte ich Detective Joe Kiernan. »Was machen Sie denn

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