Black Swan - Silberner Fluch
hier?«, keuchte ich.
»Wir haben gesehen, dass Sie nach dem High-Bridge-Wasserturm recherchiert haben, und daher dachte ich mir, dass Sie hierherkommen würden«, erklärte der Polizist und rief in den Tunnel: »Sie ist hier. Ich habe sie gefunden.«
Zwei Personen traten aus der Düsternis, Jay und Zach Reese. Nie war ich über das Erscheinen zweier Menschen glücklicher als in diesem Augenblick.
»Wir haben uns ausgerechnet, was geschehen ist«, sagte Jay. »Und wir kommen, um dir zu helfen.«
»Du hättest nicht versuchen sollen, das alles allein durchzustehen«, ergänzte Zach.
»Ich wollte gar nicht …«, erwiderte ich und sah hinter mich. Was war mit Will passiert? »Ich hatte nicht erwartet,
dass mir irgendjemand glauben würde«, erklärte ich schnell.
»Es ist ja auch ziemlich unglaublich«, nickte Kiernan. »Andererseits geschehen über uns gerade ebenfalls ziemlich unglaubliche Dinge. Überall Feuer und Explosionen. Kommen Sie. Wir müssen versuchen, diesen Dee zu finden und ihn daran hindern, die Stadt in Schutt und Asche zu legen.« Joe Kiernan lächelte ermutigend. Es war ein so sauberes, ehrliches Lächeln, dass ich mich fragte, wieso ich den Polizisten früher eigentlich nicht gemocht hatte. Er wollte doch nur helfen. Nun nahm er meinen Arm und führte mich in den Tunnel. Jay hakte mich auf der anderen Seite unter, und Zach marschierte hinter uns her. Ich konnte seine Schritte auf dem Eisengerüst der Brücke vibrieren hören, ein Dröhnen, das mir im Herzen wehtat.
»Das ist ziemlich cool«, meinte Jay und deutete mit seiner Taschenlampe auf den Boden. »Schau mal, die Pylone der Brücke sind hohl. Man kann bis zum Fluss hinunterschauen.«
Zwischen uns tat sich ein schwindelerregender Abgrund auf, und ich keuchte.
»Keine Sorge«, sagte Jay. »Ich passe schon auf, dass dir nichts passiert.« Und dann flüsterte er mir ins Ohr: »Du weißt doch, wie ich für dich empfinde, nicht wahr?« Sein Atem roch jetzt, da er mir so nahe kam, irgendwie nach Kupfer. Ich wandte mich zu ihm um, aber er drehte das Gesicht weg, so dass ich nur sein Profil sehen konnte.
»Sie erwidert deine Gefühle nicht«, sagte Joe Kiernan. »Du und Becky, ihr seid ihr ziemlich egal. Sie hat doch regelrecht zugesehen, wie Becky ins Unglück stürzte.«
»Und ihr Vater ebenfalls«, fügte Zach hinzu. Ich versuchte,
mich zu ihm umzudrehen, um ihn direkt anzusehen, aber Kiernan verstärkte seinen Griff an meinem Arm.
»Das stimmt«, nickte der Polizist. »Sie haben diese Männer zu ihrem Haus geführt, damit sie Ihren Vater erschießen konnten, nicht wahr? Wäre er gestorben, hätte das für Sie eine bequeme Lösung Ihrer Probleme bedeutet. Und Sie hätten nicht den Rest Ihres Lebens damit verschwenden müssen, einen senilen alten Mann zu betreuen, der Ihr Erbe verschleudert hat.«
»Du hast ihm den Tod gewünscht, genau wie deiner Mutter«, hörte ich Zachs Stimme hinter mir. Aber es war nicht Zach. Die beiden Wesen, die mich über die Brücke führten, waren auch nicht Joe Kiernan und Jay. Sie waren Dämonen, die ich aus dem Nebel heraufbeschworen hatte. Ich schloss meine Augen und sagte: »Ihr seid nicht real.«
Die drei Männer lachten. »Sind wir nicht?«, fragte derjenige, der Jays Gestalt angenommen hatte. »Wir wissen alles über dich. Erinnerst du dich daran, wie wir die Schule geschwänzt haben und mit der Fähre nach Staten Island gefahren sind? Ich wollte dich an dem Tag küssen, aber du musstest die ganze Zeit von diesem Typ erzählen, in den du dich verknallt hattest.«
»Und weißt du noch, was dein Vater bei der Beerdigung deiner Mutter gesagt hat?«, fragte Zach. »Ich war der Einzige, der nahe genug stand, um es zu hören. Er sagte, er wünschte, du seiest an ihrer Stelle gestorben.«
»Das ist nicht wahr!«, kreischte ich und kämpfte mich nun so weit frei, dass ich mich zu Zach umdrehen konnte. »Er hat gesagt, wenn ich auf dem Beifahrersitz gesessen hätte, dann wäre ich tot gewesen.«
»Aber das hat er gedacht.« Kiernan schnalzte mit der
Zunge. »Was für ein schrecklicher Gedanke für einen Vater, aber er war schon immer sehr selbstsüchtig. Wenn Sie ihm wirklich wichtig gewesen wären, dann hätte er nicht Ihr ganzes Geld verzockt.«
Ich riss mich nun endlich von Kiernan los, und er gab mich plötzlich frei. Jay löste seinen Griff um meinen anderen Arm. Ich machte einen Schritt nach vorn, aber dann sah ich nach unten und stellte fest, dass wir am Rand eines der großen Pylone der Brücke
Weitere Kostenlose Bücher