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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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zurückkehren, aber wie ich feststellte, gelang es mir, mich wieder zu Dee umzudrehen. Und es gelang mir auch, einen Schritt auf den Alchemisten zuzugehen. Oder jedenfalls auf die Schatulle. Die Energie, die aus ihr herausströmte, schuf einen Pfad, auf dem ich gehen konnte. Sie schien mich sogar zu sich zu ziehen. Ich musste meine Füße in den Teppich stemmen, um nicht wie ferngesteuert darauf zuzustürzen.
    »Nur weiter«, sagte Dee, hob langsam die rechte Hand und deutete mit den Fingern auf das Kästchen. »Deswegen sind Sie doch gekommen, oder nicht? Ich werde Ihnen nicht im Wege stehen.«
    »Wieso nicht? Bisher haben Sie mir jedenfalls genügend Knüppel zwischen die Beine geworfen.«
    Dee lächelte … oder vielmehr lächelte er immer noch , seine Lippen waren zu einem leblosen Grinsen erstarrt. Auch fiel mir auf, dass seine Hand in der Luft verblieb, die Finger gespreizt. »Ich war neugierig, wie sehr Sie sich anstrengen würden, um die Schatulle zu bekommen, und ob Sie sich hierher durchschlagen würden. Ich bin ein sehr alter Mann, der schon lange lebt. Es gibt nicht mehr allzu viel, das mich erheitert, aber Ihre Bemühungen in den letzten Tagen waren durchaus unterhaltsam.«
    »Haben Sie deshalb die Dämonen Zwietracht und Verzweiflung auf die Stadt losgelassen? Um ein wenig Unterhaltung zu haben?«
    Dee zuckte mit den Schultern. Die Geste sollte nachlässig wirken, aber mir fiel auf, dass die rechte Schulter recht weit oben nahe dem Ohr hängen blieb. Seine Hand
schwebte noch immer in der Luft, und sein Gesicht zeigte dasselbe starre Lächeln. »Sagen wir, dass ich die Dinge von Zeit zu Zeit gern etwas durchschüttele und mir dann ansehe, was dabei herausfällt. Dieses Mal sind Sie dabei auf meiner Schwelle gelandet.«
    »Also haben Sie nichts dagegen, wenn ich die Schatulle nehme?«
    »Wenn es Ihnen denn gelingt, meine Liebe«, sagte er und hob eine Augenbraue. »Dann dürfen Sie das Kästchen gern haben.«
    Die Augenbraue blieb erhoben. Nun merkte ich, was mir an Dees Bewegungen so seltsam erschien. Jede Regung erfolgte angestrengt und bemüht, und sobald sie vollzogen war, blieb sein Körper in dieser Position. Er saß schon so lange in dem bernsteinernen Energiefeld, dass er ebenfalls darin feststeckte, während ich mich noch bewegen konnte – solange ich auf das Kästchen zuging. Er würde mich nicht daran hindern können, es zu nehmen.
    Ich machte einen Schritt voran. Es war, als stünde ich auf einem dieser Laufbänder, wie es sie auf Flughäfen gibt – ein einzelner Schritt schien mich um drei voranzubringen. Ich war nur noch ein kleines Stück von der offenen Schatulle entfernt …
    In die ich, wie Oberon mir gesagt hatte, nicht hineinsehen sollte.
    Aber wenn ich das Kästchen schloss, dann würde das Energiefeld sich möglicherweise auflösen, und Dee würde sich wieder bewegen können. Auch wenn er mir gesagt hatte, ich könnte die Schatulle haben, hatte ich keinen Grund zu hoffen, dass er nicht etwa aufspringen würde, sobald er dazu wieder in der Lage war. Ich würde bis zur
letzten Minute warten müssen, bis ich den Deckel zuklappte. Das bedeutete aber ja natürlich nicht, dass ich hineinsehen musste.
    Ich trat vor und streckte meine Hände aus, hielt die Augen aber auf einen Punkt über dem Deckel gerichtet. Doch ich hatte ihn kaum berührt, als mich dasselbe Gefühl überkam wie in dem Augenblick, da ich das Kästchen in Dees Geschäft zum ersten Mal angefasst hatte. Es war, als ob es mir gehörte. Was hatte ich von ihm zu befürchten? Ich senkte den Blick.
    Zuerst war das Licht so hell, dass es mich blendete, doch dann gewöhnten sich meine Augen langsam an dieses Gleißen, und ich konnte bestens sehen. Ich konnte sogar meilenweit sehen. Denn in dieser Schatulle war eine andere Welt – eine Welt aus grünen Wiesen voller Wildblumen, durchzogen von klaren Bächen. Ich konnte das Glucksen der kleinen Wasserläufe hören und die Blumen riechen.
    Ich beugte mich näher zu dem Kästchen hinunter und sah, dass sich die Wiesen bis zu einem steinernen Turm erstreckten, der vertraut wirkte. Ich kam näher – es fühlte sich an, als flöge ich über die Hügel dahin, als schwebte ich über das hohe Sommergras wie eine Lerche – und sah, dass sich der Turm in einem ruhigen, klaren Weiher spiegelte. Es waren, wie ich aufgeregt erkannte, der Turm und der Weiher aus meinen Träumen, doch statt einem schwarzen Schwan glitten einige weiße über die kristallklare Oberfläche.
    »Erkennen Sie es?«,

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