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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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Dees Stimme klang, als käme sie von weit weg, obwohl er nur wenige Armlängen hinter mir stand.
    »Ich habe von diesem Ort geträumt …« Noch eine Erinnerung
drang an den Rand meines Bewusstseins. »… und davon gehört. Dies ist der Ort, von dem meine Mutter mir erzählt hat. Das Sommerland, so nannte sie es, oder das Schöne Land. Ich dachte, es sei nur eine erfundene Geschichte.«
    »Nein, es gibt diesen Ort wirklich, und er ist schön, nicht wahr? Dort ist immer Sommer, und niemand altert in diesem Land.«
    Nun sah ich, dass sich in den Wäldern um den kleinen See Männer und Frauen versammelt hatten. Allerdings konnte ich sie nicht deutlich erkennen – sie schienen ständig in die grünen Schatten hinein und wieder hinaus zu gleiten -, aber das gesamte Bild vermittelte mir einen Eindruck großer Schönheit.
    »Es gab einmal eine Zeit, da unsere Welt und das Sommerland nebeneinander existierten, und die Unirdischen und die Menschen von einem Reich ins andere wechseln konnten«, fuhr Dee fort. »Aber dann wurde unsere Welt immer belebter, und die Menschen hörten auf, an das Sommerland zu glauben; die Tore zwischen den beiden Welten schlossen sich allmählich.«
    Wie hatte meine Mutter es formuliert? Denn die Tür zum Sommerland öffnete sich nur beim ersten Blick und nie, wenn man genauer hinschaute. Und doch sah ich nun mitten hinein – und ich wusste irgendwie, dass der Turm und der Weiher seine Mitte darstellten.
    »Es gibt nur noch wenige Möglichkeiten, um in das Sommerland zu kommen, aber diese wundervolle Schatulle kann von überall eine Tür dorthin öffnen, wenn man weiß, wie man sie einsetzen muss. Sehen Sie die silbernen Ketten an den Hälsen der Schwäne?«

    Ich sah noch genauer hin, und ich erkannte, ganz wie Dee gesagt hatte, dass um den Hals eines jeden Schwans eine Silberkette mit einem großen ovalen Anhänger hing. Der schwarze Schwan in meinem Traum hatte ebenfalls einen solchen Anhänger getragen. Ich berührte das Medaillon an meiner eigenen Kehle und spürte, wie es schwerer wurde.
    »Es sind Schwanenjungfern. Vielleicht haben Sie die Geschichte schon einmal gehört. Wenn die silbernen Ketten von ihren Hälsen genommen werden, verwandeln sie sich in junge Frauen und können die Welt der Menschen betreten, aber sie brauchen die Kette für den Weg zurück. Eine der Schwanenjungfern wandelte lange in der Welt der Menschen und verliebte sich in einen Sterblichen. Aber er verriet sie und stahl ihr die Kette und das Medaillon. Er ließ beides einschmelzen und diese Schatulle daraus fertigen, und deshalb kann sie noch immer ein Tor zwischen den Welten öffnen.«
    Ich stellte mir den schwarzen Schwan vor, wie er bei Sonnenuntergang über den See schwamm, und erinnerte mich an den Schrei, den er ausstieß, als er von einem Pfeil getroffen wurde. Irgendetwas stimmte nicht an der Geschichte, so wie Dee sie erzählte, aber ich kam nicht darauf, was es war. Ich lauschte dem, was er sagte. »Wenn Sie wollen, dann können Sie jetzt in diese Welt hinüberwechseln.«
    Konnte ich das? Mir wurde bewusst, dass mich das Licht, das aus der Schatulle drang, wie eine Aura umgab. Als ich den Blick senkte, stand ich nicht mehr auf einem Perserteppich, sondern auf grünem Gras. Über mir waren nicht mehr die Bernsteinverkleidungen des Turmzimmers, sondern
blauer Himmel. Ich befand mich an der Schwelle zum Sommerland, jenem magischen Ort, von dem meine Mutter mir erzählt hatte, als ich klein war … und wenn meine Mutter mir davon erzählt hatte …? Wenn sie davon gewusst hatte …? Als ich den Blick über das Land vor mir schweifen ließ, entdeckte ich auf der anderen Seite des Schwanenweihers eine Frau mit dunklem Haar. Es war meine Mutter, so wie sie ausgesehen hatte, als ich noch klein gewesen war: jung, wunderschön … nicht verbrannt und zerquetscht in dem Autowrack, sondern heil und lebendig, und sie wartete im Sommerland auf mich. Sie streckte die Hand aus und rief meinen Namen. Garet , rief sie, Garet …
    »Garet!« Der dritte Ruf erschallte hinter mir. Es war nicht die Stimme meiner Mutter. Es war Wills. »Garet, geh nicht. Du wärst nicht mehr in der Lage, zurückzukommen.«
    Na und , wollte ich sagen, aber es schien zu viel Kraft zu kosten, laut zu sprechen. Wieso sollte ich in diese Welt der Mühsal und Schmerzen zurückkehren? Wieso sollte ich nicht zu meiner Mutter gehen, in ein Land der Leichtigkeit und des ewigen Sommers?
    Wieder hörte ich Will hinter mir meinen Namen rufen, aber nun rief

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