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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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abnimmt, Garet. Die kann er dann als Weihnachtsgeschenke an seine Fonds-Partner verteilen.«
    Chuck schaltete kurz auf die Warteschleife, während seine Sekretärin die Nummer heraussuchte. Ich zeigte
Becky den erhobenen Daumen und winkte Jay, der gerade triefäugig und unrasiert in die Küche schlurfte, zur Begrüßung stumm zu. Dann schrieb ich mir die Nummer auf, während Becky Jay erklärte, was gerade vor sich ging.
    »Und jetzt«, sagte sie, nachdem ich mich von Chuck verabschiedet hatte, »machen wir uns mal ein paar Gedanken darüber, wie wir an Will Hughes …« Aber ich hatte die Nummer schon gewählt. Die Mailbox sprang an.
    »Mr. Hughes«, sprach ich ihm aufs Band. »Mein Name ist Garet James, und ich glaube, ich habe den Siegelring Ihrer Vorfahren.« Dann hinterließ ich meine Mobilnummer und legte auf.
    »Das war alles?«, fragte Becky, die auf ihrem Stuhl herumrutschte.
    »Ja«, nickte ich knapp und reichte ihr mein Telefon. »Ich gehe jetzt unter die Dusche. Sagt Bescheid, falls er anruft.«
     
    Ich duschte besonders lang und ausgiebig. Meine Haare wusch ich zweimal und massierte anschließend eine Pflegecremespülung mit Lavendelnote ein. Der Geruch erinnerte mich stets an meine Mutter. Sie hatte als Kind die Sommer in Südfrankreich verbracht und später genau das am meisten vermisst – die großen Lavendelfelder. Sie zog Pflänzchen in Kübeln in unserem kleinen Garten, band später die abgeschnittenen Blütenstände mit lila Bändern zusammen und hängte sie zum Trocknen an Haken in der Küche auf. Dann nähte sie die getrockneten Blüten in kleine Säckchen, die sie in die Wäscheschränke und Schubladen legte. Als ich dieses Aroma einatmete, fühlte ich mich ruhig und rein.

    Dann zog ich mich an: schwarze Hosen, ein frisches, weißes Baumwollshirt und darüber einen grünen Kaschmirpullover, bequeme Kleidung, aber dennoch adrett genug, um nötigenfalls der Polizei oder irgendwelchen Reportern im Krankenhaus gegenüberzutreten. Bevor ich wieder nach unten ging, setzte ich mich auf mein Bett und las den ganzen Artikel über Will Hughes.
     
    Will Hughes erklärte, sein Fonds Black Swan Partners LP habe seit Beginn des Jahres Zuwächse von vierzehn Prozent verzeichnen können, trotz der dramatischen Abstürze aller Börsenindizes in diesem Jahr. »Meine Strategie fußt auf historischen Equity-Mustern«, sagte Hughes gegenüber der New York Times , »und vermutlich bin ich schon länger und detaillierter Teil der Börsenannalen als die meisten anderen Anleger.« Anstelle weiterer Erläuterungen sagte Hughes lediglich, seine Familie handle seit Generationen an der Börse und habe von daher Zugang zu vielen privaten Aufzeichnungen, die der interessierten Öffentlichkeit nicht zugänglich seien. Hughes’ außerordentlich hohe Erträge haben in diesem Jahr zu einem großen Kapitalzufluss geführt. Hughes wollte keine genauen Zahlen nennen, aber es gilt als gesichert, dass er vorher bereits mehr als fünf Milliarden Dollar verwaltete, und seiner Aussage zufolge handelt es sich bei den zusätzlichen Geldern um »erhebliche« Summen. »Ich werde von so vielen Investoren angesprochen, dass ich gegenwärtig darüber nachdenke, einen zweiten Fonds aufzulegen, Green Hill Partners, der stärker sozial und umweltverträglich ausgerichtet sein
könnte als Black Swan«, sagte Hughes. »Vielleicht ein Fonds, der auch den Tierschutz berücksichtigt. Das ist schon lange ein Traum von mir.« Darauf angesprochen, dass nachhaltige Investitionen in dem Ruf stehen, weniger lukrativ zu sein als Mainstream-Papiere, gab Hughes trocken zurück, er betrachte Investitionen in den heutigen Markt ohnehin nicht als »lukrativ«. Ein Investor braucht einen Qualitätsmanager, der aus der Vergangenheit lernt und die Zukunft studiert, und keinen Fantasten, der dumme Risiken eingeht. Nur darauf kommt es an.
     
    Ich legte die Zeitung zur Seite und griff nach meinem Anhänger, den ich vor dem Schlafengehen auf den Nachttisch gelegt hatte. Doch statt dem Anhänger hielt ich plötzlich das silberne Siegel in Händen, das die Schatulle verschlossen hatte. Ich hatte es vor zwei Nächten dort liegen lassen, nachdem ich das Kästchen geöffnet hatte, und darunter schlummerte noch das einzige Papierstückchen von nennenswerter Größe, das nicht zu Asche zerfallen war – und auf dem Will Hughes’ Name stand. Nun nahm ich den Zettel wieder zur Hand und versuchte erneut, die Zeichen über der Unterschrift und dem Siegel zu lesen, aber die

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