Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
Vom Netzwerk:
explodierte er. Er verwandelte sich in einen Feuerball, dessen Hitzewelle uns nur knapp verschonte. Später erfuhr ich, dass meine Mutter vom stählernen Gestänge des zertrümmerten Lenkrads aufgespießt worden war. Sie hätte selbst dann nicht überlebt, wenn man sie noch hätte bergen können. Weil sie selbst das wohl ahnte, hatte meine Mutter den Feuerwehrmann beschworen, zuerst mich herauszuholen. Dennoch hatte ich stets das Gefühl, als hätte mich dieses schnappende, kreischende Ding, dieses »Rettungsmaul«, von ihrer Seite gerissen.
    Einige Jahre später, im zweiten Studienjahr am FIT, entdeckte ich dann einen solchen Spreizer auf dem Müll und wusste sofort, was ich daraus machen wollte. Mit Kettengliedern und ausgemusterten Karosserieteilen fertigte ich zu Hause einen feuerspeienden Drachen daraus, den ich Riesenmaul nannte. Ich hatte geglaubt, es sei eine Katharsis, wenn ich meinen schlimmsten Alptraum in ein Kunstobjekt einfließen ließ. Denn ist nicht das der Sinn und Zweck von Kunst, Chaos und Schmerz zu nehmen und in etwas Bedeutungsvolles zu verwandeln? Wenn ich die Kreatur, die ich geschaffen hatte, nun ansah, dann zeigte sie mir nur noch, wie verängstigt ich in der Zeit nach dem Tod meiner Mutter gewesen war, als ich zudem noch fürchtete, dass mein Vater ins Gefängnis käme und ich damit gewissermaßen zur Waise würde. Und jetzt befand ich mich beinahe wieder in derselben Situation. Wenn Roman für schuldig befunden wurde, den Einbruch arrangiert zu haben, dann würde ich ihn verlieren, und er würde ins Gefängnis
gehen. Wie lange konnte ein Mann seines Alters dort überleben? Gut, inzwischen war ich zehn Jahre älter als beim Tod meiner Mutter, aber den Gedanken an das Alleinsein konnte ich noch immer nicht ertragen.
    Den Gedanken daran, eine Waise zu sein .
    Die Worte waren in meinem Kopf, doch das Zischen stammte nicht von mir.
    Es war die Stimme des Ungeheuers. Seine roten Reflektorenaugen sahen mich gehässig an, seine gezackten, rostfleckigen Zähne grinsten, als mache er sich über meine Hoffnung lustig, dass ich je stark genug sein würde, es allein zu schaffen.
    Du bist ein seltener Vogel … , hatte meine Mutter mir stets gesagt.
    Du bist eine lahme Ente , machte Riesenmaul daraus.
    Einzigartig …
    … eine Außenseiterin …
    Du hast so viel erreicht …
    … du stehst demnächst auf der Straße, pleite und allein …
    Ich wandte mich von dem metallenen Monster ab und ging wieder zu meinem Arbeitstisch. In den beschlagenen Fensterscheiben erhaschte ich einen Blick auf mein Spiegelbild. Mein langes schwarzes Haar umrahmte struppig und zerrauft ein blasses, hageres Gesicht, und meine Augen lagen tief in ihren Höhlen. Eine alte Hexe, zischte das Untier. Unentschlossen nahm ich den Gasbrenner zur Hand, den ich letzte Nacht verwendet hatte, und legte ihn dann wieder hin. Nein, er war zu klein. Ich brauchte das Schweißgerät. Ich würde das verdammte Ding zusammenschmelzen, zu einem Haufen Altmetall und Müll. Denn mehr war es nicht, es war keine Kunst. Es war mir
nicht gelungen, aus dem Schmerz etwas Bedeutungsvolles zu destillieren, es gab keine Bedeutung, nur Chaos.
    Also schob ich mir meine Schutzmaske über das Gesicht, zog die Handschuhe an und regulierte die Acetylen- und Sauerstoffzufuhr des Schweißbrenners. Dann kletterte ich auf den Tisch, löste die Skulptur von den Drähten, an denen sie hing, und ließ das Untier in seiner ganzen Länge von fast zwei Metern auf die Arbeitsplatte fallen. Sein Kopf wippte nickend auf den Kettengliedern des Halses, die scharfen, gezackten Zähne fuhren über meine Lederhandschuhe, und es machte ein scheußliches Geräusch, als es auf den Metalltisch krachte. Als ich wieder vom Tisch herunterkletterte, geisterte in meinem Hinterkopf der Gedanke herum, dass ich in meinem augenblicklichen, erschöpften und verwirrten Zustand keinen Schweißbrenner bedienen sollte, aber dieser Teil meines Gehirns war seltsamerweise wie ausgeschaltet, als wabere auch dort der Nebel herum, der sich gegen die Fenster drängte, und der sogar durch die kleine Lücke hereindrang, die Becky bei ihrem Versuch, mein Oberlicht zuzunageln, freigelassen hatte. Der Teil meines Gehirns, der nicht vernebelt war, wollte das Metallmonster zerstören. Ich packte die Kiefer des Untiers mit einer Zange und richtete die Spitze des Schweißbrenners auf die Kettenglieder, die am Kopf angebracht waren. Dem verdammten Ding musste als Erstes der Hals gebrochen werden. Funken stoben von

Weitere Kostenlose Bücher