Blackbirds
von Rost umrandet – geben dem Haus eine Nummer: 513.
Die Autotüren öffnen sich.
»Das ist der Ort?«, fragt Frankie seine Partnerin Harriet.
»Ja«, sagt sie mit ausdrucksloser Stimme.
Sie steigen aus dem Wagen aus.
Die beiden Gestalten sind in vielerlei Hinsicht das Gegenteil voneinander.
Frankie ist ein hochgewachsener Schluck Wasser mit einemDroopy-Dog-Gesicht und einer Sam-der-Adler-Nase. Harriet kratzt gerade so an der Einssechzig und ähnelt Charlie Brown – pummelig, rundes Gesicht mit kleinen und tiefliegenden Augen.
Frankie Gallo hat irgendwo Sizilianer im Stammbaum. Seine Haut ist wie fettiger, teigiger Zimt. Harriet Adams ist blasser als ein ungebräunter Arsch, bleich wie vom Meer ausgewaschene Knochen.
Frankies Hände sind groß, die Knöchel knollenförmig; Harriets Hände sind kleine Pfoten, wurmige Finger, die mit flachen, fetten Handflächen verbunden sind. Seine Augenbrauen sind zwei tot daliegende Raupen; ihre sind kastanienbraune Schrägstriche, die über ihrem nadelscharfen, starren Blick aufgemalt sind.
Und doch, trotz dieser Unterschiede, ist den beiden eine Aura der Bedrohung gemein. Sie gehören zusammen. Er in seinem dunklen Anzug, sie in ihrem weinfarbenen Rollkragenpulli.
»Jesus, scheiße, ich bin müde!«, sagt Frankie.
Harriet sagt nichts. Sie steht und starrt wie eine Schaufensterpuppe.
»Wie spät ist es?«, fragt er.
»Es ist halb neun«, sagt sie, ohne auf ihre Uhr zu schauen.
»Es ist noch früh. Wir haben nicht gefrühstückt. Willst du vorher was zu essen besorgen?«
Wieder sagt sie nichts.
Frankie nickt nur. Er weiß, wie es läuft. Geschäft vor Vergnügen. Und bei ihr ist es immer Geschäft. Das mag er an ihr, auch wenn er es nie sagen würde.
Das Haus vor ihnen ist völlig vergammelt. Blau, viktorianisch, mit geschlossenen Fensterläden. Efeufinger haben die Wände über die letzten zwanzig oder dreißig Jahre hinweg langsam auseinandergerissen.
Ein kalter Wind kommt auf, fegt Blätter von der Verandaund lässt verhedderte Windspiele klappern. Überrascht von dem Lärm, sausen zwei graue Katzen die Treppe hinunter und ums Haus herum. Als Reaktion darauf macht Frankie sein eigenes Geräusch.
» Uäh . Sie is ’ne Katzenlady?«, fragt er.
»Ich habe keine Ahnung. Spielt das eine Rolle?«
»Klar spielt es eine Rolle.« Sein Blick schweift über die Hausfront, und er entdeckt, was er nicht finden wollte: eine orange getigerte Katze, die aus einem Fenster im ersten Stock guckt, eine Schildpatt-Tabby mit affenfarbenem Gesicht, die an verbogenen Regenrinnen vom Verandadach herunterhängt, und ein Trio weißer Kätzchen, das unter einem außer Kontrolle geratenen Berberitzenstrauch hervorguckt.
Er seufzt und massiert sich die Schläfen. »Jo. Sie ist eine Katzenlady.«
»Dann wollen wir mal hoffen, dass sie noch am Leben ist da drin«, sagt Harriet. Sie setzt sich in Bewegung und geht auf die Veranda zu. Frankie hält sie auf, indem er sie an der Schulter packt; er ist einer von vielleicht zwei Menschen auf der Welt, die sich das erlauben dürfen, ohne anschließend tot zu sein.
»Augenblick! Was soll das bedeuten?«
»Hab ich dir nie von der Katzenlady aus der Brookard Street erzählt?«
Er macht große Augen. »Nein!«
Harriets Mund strafft sich. »Als ich ein kleines Mädchen war, hatten wir eine Katzenlady in der Stadt. Wir nannten sie die Verrückte Maggie, obwohl ich nicht weiß, ob Maggie ihr Name war. Sie hatte sehr viele Katzen, Dutzende und Aberdutzende, und es wurden immer mehr. Sie nahm Streuner auf. Sie ging in die Tierheime und nahm die, die eingeschläfert werden sollten, mit nach Hause. Gerüchten zufolge stahl sie sogar Katzen von anderen Leuten, um sie ihrer ›Sammlung‹ hinzuzufügen.«
»Oh Scheiße! Ich hasse Katzen. Ich will den Rest dieser Geschichte nicht hören!«
»Die Frau war sehr, sehr alt. Meine Mutter sagte, als sie ein Kind war, war die Verrückte Maggie schon eine alte Lady. Sie hatte ihre Rituale: rauskommen, die Post holen, die Zeitung holen, die größtenteils toten Blumen gießen, die aus einem Ersatzreifenpflanzgefäß neben ihrem Briefkasten wuchsen, dann wieder alles von vorn. Die meiste Zeit des Tages starrte sie aus dem Fenster. Dann, eines Tages, sahen wir sie nicht mehr.«
»Herrgott! Führt das dahin, wohin ich denke, dass es führt?«
»Bald trat Geruch auf. Er waberte aus dem Haus, wenn der Wind wehte. Ekelhaft süß, wie verdorbenes Fleisch.«
»Großartig. Sie war gestorben. Wahrscheinlich
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