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Blackbirds

Blackbirds

Titel: Blackbirds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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hatte sie sich Katzen-Aids oder so was eingefangen. Lass uns reingeh’n!«
    »Das ist noch nicht das Ende von der Geschichte. Ja, sie starb, und nein, ich weiß nicht, woran. Aber die eigentliche Geschichte ist, dass ihre Leiche tagelang dasaß. Sie hatte keine Familie. Niemand kam, um nach ihr zu sehen. Und noch wichtiger, niemand kümmerte sich um die Katzen. Sie fingen mit ihren Extremitäten an – Finger, Nase, Augen – und arbeiteten sich nach innen vor. Die Muskeln. Die Organe. Alles.«
    »Ich muss gleich kotzen!«
    »Die Katzen vermehrten sich. Selbst nachdem die Leiche gefunden worden war, kümmerte sich niemand um die Katzen. Sie vermehrten sich, bis sie eine Kolonie wurden. Einhundert verwilderte Katzen, vielleicht mehr. Die Wände und Böden waren mit Kot und Ammoniak zugespachtelt, eine Heimstatt für Parasiten und Krankheiten. Irgendwer war dann so gnädig und brannte das Haus ein Jahr später oder so nieder.«
    Harriet starrt in die Ferne. »Ich erinnere mich noch an dasGeräusch des knisternden Feuers und des Klagens der Katzen, als sie verbrannten.«
    Harriet geht weg, zur Veranda hoch.
    Frankie folgt ihr. »Du bist ein ganz schön kaputtes Mädchen«, sagt er.
    »Klopf an.«
    »Du hast gesagt Parasiten. Was für Parasiten?«
    » Toxoplasma gondii  – verursacht Toxoplasmose. Steckt im Katzenkot. Kommt an die Hände der Menschen. Oder in rohes Fleisch. Überlebt oft den Garprozess. Bringt den Dopaminhaushalt durcheinander. Es verändert die Hirnchemie des Wirtes. Manche vermuten, dass der Parasit der eigentliche Grund für das ›Katzenladysyndrom‹ ist, weil er das Gehirn neu vernetzt, sodass die Person Katzen liebt und dabei so weit geht, sie zu sammeln. Möglicherweise existiert auch eine Verbindung zwischen diesem Parasiten und Schizophrenie. Jetzt klopf an die Tür!«
    »Du verkaufst mich für blöd. Ich weiß nie, wann du mich für blöd verkaufst!«
    Sie schiebt sich an ihm vorbei und klopft selbst an die Tür.
    »Ich rühr da drin nichts an!«, sagt er. »Ich will keine Katzenscheißepartikel aufnehmen und mir anschließend von Katzenwürmern mein Hirn neu programmieren lassen.«
    Harriet klopft wieder, diesmal mit mehr Nachdruck.
    Sie hören etwas im Innern; ein Poltern, ein Schlurfen. Dann Schritte. Die Schlösser klappern eins nach dem andern: erst eins, dann drei, dann sechs. Die Innentür öffnet sich, und der Kopf einer älteren Frau guckt raus; sie drückt die Nase gegen die Maschen der Fliegengittertür. Ein Schlauch schlängelt sich die Nase hoch. Zu ihren Füßen steht eine Sauerstoffflasche auf Rädern.
    »Gehen Sie weg!«, krächzt sie. »Ich will Ihr verdammtes Magazin nicht! Das hab ich Ihnen doch gesagt! Ich will keinen Unsinn über 144000 Plätze im Himmel hören – das ergibt keinen gottverdammten Sinn! Milliarden von Menschen sind auf Gottes grüner Erde gekommen und gegangen, aber er hat nur 144000 davon gern? Was für ein irrer Gott ist das? Antworten Sie mir!«
    »Wir sind keine Zeugen Jehovas«, sagt Harriet.
    »Na klar! Was sind Sie dann?«
    »FBI«, sagt Frankie und klappt seinen Ausweis mit der Marke auf, wie sie es in Filmen machen. Die Frau schaut ihn sich mit zugekniffenen Augen an. Harriet zeigt ihren auch, mit einer weniger großtuerischen Geste.
    »FBI? Wozu denn?«
    »Es geht um Ihren Sohn«, sagt Harriet. »Wir würden gern mit Ihnen über Ashley reden.«
    Harriet kann die Bahnen sehen, in denen die alte Frau sich bewegt; die Frau ist ein Messie, wenn auch ein organisierter, und ihre Zimmer bestehen aus Schluchten, die durch die Abfallhaufen schneiden. National-Geographic-Stapel bilden Berge; jeden Gipfel krönt ein eingetopftes Veilchen. Möbel recken die Nase über einen Wäschekorb und ein Bügelbrett und Taschenbuchhügel hinaus – es ist wie Wrackgut, das auf einem Meer von noch mehr Wrackgut treibt.
    Die Gerüche von Schimmel und Staub vermischen sich in ihrer Nase. Es stört sie nicht. Frankie allerdings stört es, soweit Harriet das beurteilen kann – er schiebt sich an zwei Zwillingstürmen aus Magazinen vorbei, um sich auf einer Chaiselongue niederzulassen, wobei seine schlaksigen Gliedmaßen ihm das Aussehen eines Storchs verleihen, dem es nicht gelingt, Bequemlichkeit inmitten des geordneten Chaos zu finden.
    Seine Blicke huschen zu einer entfernten Treppe, auf der goldene Augen durch die Geländerstäbe spähen. Eine andere, räudige Katze sitzt nur schlecht verborgen hinter einem der Magazinstapel.
    Die Frau, Eleanor Gaines, sitzt in

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