Blackmail: Thriller (German Edition)
Koronargefäße meines Vaters. »Was ist passiert?«
»Die Grand Jury hat soeben beschlossen, gegen Drew Anklage wegen Mordes zu erheben.«
Das Blut rauscht in meinen Ohren wie Meeresbrandung. Warum reagiere ich so intensiv? Ich wusste die ganze Zeit, dass es so kommen würde. Und ich habe in meinem Leben schon viele niederschmetternde Nachrichten gehört. Todesurteile, die Nachricht meines Vaters, dass meine Frau im Lauf der Nacht gestorben sei. Trotzdem spüre ich, dass der Anklagebeschluss beispiellosen Schmerz und nicht gekanntes Leid nach sich ziehen wird. Warum, kann ich nicht sagen. Vielleicht, weil Shad Johnson Drew aus den falschen Gründen anklagt. Oder vielleicht …
»Drew? Bist du noch da?«
»Ja.«
»Du klingst atemlos. Was tust du gerade?«
»Ich bin bloß überrascht. Ich hätte nicht geglaubt, dass es so schnell geht.«
»Ich auch nicht. Wo bist du?«
Ich schließe die Augen. Caitlin darf nichts von dem Wohnwagen erfahren oder von Sonnys privatem Hort voller Beweise. »Ich unterhalte mich mit der Familie von Sonny Cross. Ich bleibe nicht mehr lange.«
Sie sagt nichts. Sie spürt, dass etwas nicht stimmt, doch sie besitzt nicht genügend Fakten, um sich auszurechnen, was es sein könnte. »Penn …«
»Keine Sorge, Baby. Wir unterhalten uns nachher, sobald wir ein wenig Zeit finden. Ich muss jetzt wieder zu diesen Leuten rein.«
»Okay. Aber ruf mich an, ja?«
»Mach ich.« Ich stecke mein Handy wieder ein und trabe den Hügel hinauf in Richtung meines Wagens. Ich muss Sonnys Sachen einpacken und sie so bald wie möglich zu Hause in meinem Bodensafe verstecken.
Und anschließend muss ich mit Quentin Avery reden.
30
Z um ersten Mal, seit ich Quentin Avery begegnet bin, ist sein Gesicht starr vor Sorge. Der Anwalt sitzt mir gegenüber im Hauptzimmer seiner Penthouse-Suite im Eola. Die Fußprothese steht auf dem Boden, der nackte Stumpf seines Unterschenkels ist über das linke Knie geschlagen.
»Das ging schnell«, grübelt Quentin. »Das ging wirklich verdammt schnell. Sie sagen, Shad hat den Beschluss eigenhändig zum Gerichtsdiener gebracht?«
»Das hat Caitlin mir jedenfalls erzählt.« Ich habe auf dem Weg von meinem Haus zum Eola noch einmal mit Caitlin telefoniert, und sie hat mich über die jüngsten Entwicklungen informiert. »Es gibt zwei Gerichtsdiener in dieser Stadt. Das System sorgt durch einfache Rotation dafür, dass die Auswahl willkürlich ist und jeder Richter abwechselnd die Fälle zugesprochen bekommt. Das Problem dabei ist, jeder Jurist in der Stadt weiß das. Wenn ein Anwalt einen bestimmten Richter für einen bestimmten Fall haben will, läuft er mit drei Akten gleichzeitig zum Gerichtsdiener. Der erste vorgebrachte Fall ist nichts weiter als ein Testballon. Wenn dieser Fall dem Richter zugewiesen wird, den der Anwalt nicht haben will, bringt er als Nächstes unverzüglich den Fall vor, den er steuern möchte, und er geht zu dem anderen, gewünschten Richter. Geht der Testballon hingegen an den Richter, den der Anwalt haben möchte, muss er alle drei Fälle vorlegen. In diesem Fall gehen Testballon und der eigentliche Fall an den vom Anwalt gewünschten Richter.«
»Die Beschlüsse, die eine Grand Jury gefasst hat, werden normalerweise als eine Gruppe behandelt«, sagt Quentin. »Aber das ist mehr eine Frage der Bequemlichkeit als alles andere.«
»Wenn Shad Johnson den Anklagebeschluss gegen Drew persönlich zum Gerichtsdiener gebracht hat, dann hat er zwei weitere Fälle bei sich gehabt. Sie können Ihren gesunden Fuß wetten, dass er Drews Fall bereits in die Zuständigkeit von Judge Arthel Minor gesteuert hat.«
»Und Sie können Ihren Hintern darauf verwetten, dass Judge Minor diesen Fall noch in die laufende Sitzungsperiode aufgenommen hat. Die einzige Frage lautet, wie bald der Termin sein wird.«
»Vier Wochen oder weniger«, schätze ich. »Und jetzt, nachdem Bürgermeister Jones zurückgetreten ist, wird es eher früher als später sein.«
»Wenn es früher als in zwei Wochen ist«, sagt Quentin, »weiß auch der größte Laie auf der Straße, dass der Prozess gegen Drew Elliott nichts mit Gerechtigkeit zu tun hat.«
»Ich bin nicht sicher, ob Shad sich deswegen Kopfzerbrechen macht. Sie haben es selbst gesagt, seine Sorge gilt der vorgezogenen Bürgermeisterwahl. Das bedeutet, dass er sein Versprechen einlösen muss, für Chancengleichheit vor dem Gesetz zu sorgen, was gleichbedeutend ist mit: einen reichen weißen Mann an die Wand zu nageln.
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