Blackmail: Thriller (German Edition)
auch völlig falsch. Sie glauben, wenn Sie mir nicht erzählen, was ich wissen muss, lasse ich Sie wegen der alten Drogengeschichte hochgehen.«
Jaderious rümpft die Nase mit der Arroganz eines verbannten Diktators. Dann beginnt er, seine Fingernägel zu säubern.
»Aber das werde ich nicht tun«, fahre ich fort. »Weil es mir nicht weiterhilft. Nein, Jaderious, wenn Sie mir nicht sagen wollen, was ich wissen möchte, werde ich draußen auf der Straße verbreiten, dass Sie seit anderthalb Jahren für Sonny Cross als Spitzel gegen Cyrus gearbeitet haben.«
Der Informant zuckt zusammen.
»Anschließend werde ich der Spezialeinheit Ihren Namen nennen. Man wird Sie nach Tracetown holen und Sie sechs Stunden am Stück verhören. Und all Ihre Kumpels da draußen werden es erfahren.«
»Das können Sie nicht tun, Mann!«, kreischt Huntley und schüttelt heftig den Kopf.
»Ich will es nicht tun. Weil Sie das Ende der Woche dannnicht erleben werden. Vielleicht nicht einmal das Ende des Tages. Und ich habe wirklich nichts gegen Sie persönlich.«
Jaderious beobachtet mich aus verängstigten Augen, als wäre ich eine gereizte Klapperschlange.
»Sie kennen Cyrus nicht«, sagt er leise. »Sie wissen nicht, wozu er imstande ist.«
»Ich habe eine ungefähre Vorstellung.«
»Gar nichts haben Sie! Ich rede davon, Menschen zu verstümmeln, Mann! Gliedmaßen abschneiden und alles! Löcher in die Knochen bohren! Während sie noch am Leben sind, Mann!«
Speichel fliegt aus seinem Mund, und das Weiß in seinen Augen verrät Panik. Seine Aussage, dass Cyrus White Menschen foltert, hat mich überrascht. Ich hätte eine derartige Taktik von einer asiatischen Drogenbande erwartet, aber nicht von einem Drogendealer aus Natchez. Wenn Jaderious wegen meines Besuchs heute ein solches Schicksal droht, was kann ich dagegen unternehmen? Wäre ich noch immer Staatsanwalt, könnte ich ihm Polizeischutz anbieten. Doch als Privatmann – nichts. Doch dann denke ich an Sonny Cross, der in seiner Einfahrt von Kugeln durchsiebt wurde, voller Angst um das Leben seiner Söhne, und an Kate Townsend, die halbnackt in den mit Wasser vollgesogenen Zweigen eines umgestürzten Baums gehangen hat, und meine Besorgnis für Jaderious Huntley verfliegt.
»Sie haben nur eine Chance«, sage ich. »Dieser Mann dort«, ich deute mit dem Daumen auf meinen Vater hinter mir, »dieser Mann ist Dr. Tom Cage. Er kann Ihnen ein Mittel geben, dass Sie sich übergeben, als hätten Sie den schlimmsten Entzug. Und wenn die Leute fragen, was wir hier oben gemacht haben, können Sie denen sagen, er hätte einen Hausbesuch gemacht, eine Gefälligkeit gegenüber Ihrer Mama. Sie haben doch eine Mama, Jaderious?«
Er nickt misstrauisch.
»Die Geschichte mag sich dünn anhören, aber es ist alles, was Sie kriegen. Und Sie kriegen sie erst dann, wenn Sie mir gesagt haben, was ich wissen muss. Falls Sie sich weigern,hängen wir Ihnen eine Leuchtreklame um den Hals, und jeder kann lesen: ›Jaderious Huntley ist ein Spitzel der Cops.‹ Das verschafft Ihnen ganz bestimmt die persönliche Zuwendung von Cyrus White.«
Huntley blinzelt in rasender Geschwindigkeit, als wären seine Augenlider ein Maß für seine Hirnaktivität. Ich blicke James Ervin an. Der alte ehemalige Cop hat die Augen eines Beagles, ein ewig trauriger Blick. Was hält er davon, dass ich einen schwarzen Bruder auf diese Weise ausquetsche? Betrachtet er Jaderious überhaupt als einen Bruder? Oder sieht er in ihm eine verlorene Seele, die sich schon vor langer Zeit an den Teufel verkauft hat?
»Wenn er so viel Angst hat«, sagt Ervin leise, »muss Cyrus ganz in der Nähe sein.«
Jaderious wendet sich an Ervin. »Nah genug, um dir den beschissenen Kopf abzuschneiden, alter Mann. Verdammter Weißen-Arschkriecher!«
Ervin starrt den Drogenkurier einige Sekunden lang an; dann macht er drei bedächtige Schritte auf ihn zu und sieht ihm ins Gesicht. »Junge, du bist ein Nichts«, sagt er. »Weißt du das? Du bist schlimmer als ein Nichts. Du zerrst deine eigenen Leute mit dir runter, und du merkst es nicht mal. Und daran ist niemand schuld außer dir ganz allein.«
Jaderious dreht den Kopf und sieht zur Wand, eine so entschiedene Bewegung, als hätte er einen Vorhang um sich herum zugezogen.
James Ervin geht zur Tür. »Okay, verfüttern wir ihn an seinen Boss.«
Ich geselle mich zu Ervin. »Komm, Dad. Er ist zu dämlich, um seinen eigenen Hintern zu retten.«
Meine Hand liegt auf dem Türknauf, als Huntley
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