Blackmail: Thriller (German Edition)
Richtung ich komme. Ich denke, es ist wie bei diesen Gemälden. Wenn manche Leute zu lange darauf starren, entdecken sie ein verborgenes anderes Gemälde unter dem ersten. Hab ich übrigens auch noch nie gesehen, so etwas. Ich schätze, ich bin zu sehr Realist.«
»Das ist nicht unbedingt schlecht.«
Sie zuckt die Schultern und blickt zu mir auf. »Und?«, fragt sie. »Möchtest du nun meine großartige Idee hören?«
»Was für eine Idee?«
»Ich denke, ich kann Marko dazu bringen, dass er mir erzählt, was am Tag von Kates Tod passiert ist.«
»Wie das? Niemand weiß, wo er sich versteckt hält.«
Mia lächelt verschlagen. »Seine Freundin schon.«
»Alicia Reynolds? Die Cops observieren sie seit Tagen, und ihnen ist nichts Verdächtiges aufgefallen.«
»Vierundzwanzig Stunden am Tag?«
»Ich nehme es an. Ich weiß es nicht.«
Mias Augen glänzen vor Überzeugung. »Alicia weiß, wo er sich versteckt, glaub mir. Wenn sie es nicht wüsste, wäre sie mit den Nerven am Ende. Aber sie ist fröhlich und munter.«
»Du meinst, Marko versteckt sich in der Nähe?«
Mia nickt.
»Auf der Rave-Party in Oakfield hat er mir erzählt, er würde die Stadt verlassen.«
»Ich glaube, er hat abgewartet, um sicher zu sein, dass Dr. Elliott schuldig gesprochen wird. Er hat Alicia erzählt, dass er sie mitnehmen wird, wenn er aus Natchez weggeht.«
»Würde sie mit ihm gehen?«
Mia schnaubt. »Wohin soll sie denn sonst? Soll sie vielleicht im Piggly Wiggly arbeiten? Sie hat sich nicht mal fürs College beworben.«
»Okay, sagen wir, Marko versteckt sich irgendwo in der Stadt. Warum sollte Alicia dir das verraten? Du hast sie schon eine ganze Woche lang genervt, ohne Ergebnisse.«
»Weil ich ihr diesmal Angst machen werde. Und wenn sie darüber mit Marko spricht, kriegt er Angst. Und dann wird er selbst mit mir reden wollen.«
»Was könnte ihm so viel Angst machen?«
»Die Wahrheit.«
»Welche Wahrheit?«
»Dass Coach Anders sein Alibi widerrufen hat. Das wird Marko den Boden unter den Füßen wegziehen, so großspurig er sonst auch tun mag.«
»Du könntest recht haben. Aber selbst wenn Marko es mit der Angst kriegt, was könnte ihn bewegen, dich persönlich zu treffen? Er weiß bereits, welche Gefahr ihm droht.«
»Nein, weiß er nicht. Ich werde Alicia nur sagen, dass es etwas mit Coach Anders zu tun hat. Markos Verfolgungswahn besorgt den Rest.«
Mia würde eine erfolgreiche Karriere als Anwältin machen, wenn nicht sogar beim fbi. »Wieso sollte Marko dir glauben? Du kommst aus heiterem Himmel zu seiner Freundin und willst ihn retten?«
Mia wendet sich von mir ab und starrt über die Grabsteine ins Nichts. »Es ist nicht aus heiterem Himmel.«
»Was meinst du damit?«
»Ich kenne Marko besser, als du denkst. Besser, als ich dir bis jetzt gesagt habe.«
Ich beuge mich hinab und will ihr in die Augen sehen, doch sie weicht meinem Blick aus.
»Ich hab mit ihm geschlafen, okay?«, sagt sie. »Gleich als er nach Natchez gekommen ist. Es hielt ungefähr zwei Monate. Dann kam ich dahinter, dass er mich nur benutzt hat.«
Ich setze mich neben ihr auf die Mauer. »Als Sexobjekt?«
»Ja. Und um an Kate heranzukommen.«
Gütiger Himmel. »Kannst du mir mehr darüber erzählen?«
Mia steht auf und dreht sich zum Fluss um, als könnte sie es nicht ertragen, mir in die Augen zu sehen, während sie ihr Geständnis ablegt. »Als Marko an die St. Stephen’s kam, hielt jeder ihn für unglaublich cool. Er hatte diese Ausstrahlung, weißt du? Er war der ultimative Bad Boy, den überhaupt nichts scherte. Und er war gerissen, verdammt gerissen. Jeder konnte das sehen.«
Sie beugt sich vor und pflückt einen frischen Grashalm. »Er interessierte sich sehr für mich. Ich war damals ganz allein. Das letzte Jahr hatte angefangen, und mein Freund war mit seiner Familie nach Minnesota gezogen, weil die Reifenfabrik dichtgemacht hatte. Alle waren schrecklich aufgeregt, weil es das letzte Jahr war, und ich fühlte mich nur tot. Dann … kam Marko hereinspaziert. Es hatte mehr mit Kate zu tun als alles andere, selbst für mich, schätze ich.« Endlich wendet sie sich wieder zu mir um. Ihre Augen sind feucht. »Weil alle glaubten, Marko würde sich an Kate heranmachen, weißt du? Ich ebenfalls. Aber das tat er nicht. Er wollte mich – oder tat zumindest so, als wollte er mich. Und das machte mich richtig glücklich. Deswegen bin ich wahrscheinlich mit ihm ins Bett gegangen, wenn ich ehrlich bin.«
»Hat Marko dich
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