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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sperrte den Revolver ins Handschuhfach, schloß dann den Wagen ab und ging einkaufen. Ich kaufte mir eine Jeans, dicke Socken, Schuhe mit Kreppsohlen, einen marineblauen Rollkragenpullover und einen Anorak, der ebenso dunkel war. Alles in dem Geschäft war mit Diebstahlsicherungsclips aus Plastik versehen, und die Verkäuferin brauchte mehrere Minuten, um die Sachen davon zu befreien, nachdem sie mein Geld in Empfang genommen hatte. »Wunderbare Welt«, murmelte ich.
    »Sie finden das schon schlimm, aber es ist noch viel schlimmer. Wir müssen die teuren Sachen - Leder, Pelze und so weiter - in den Vitrinen verschließen, sonst laufen die Leute einfach hinaus damit, egal, ob es piepst oder nicht.«
    Wir leisteten beide unser Quantum an Entrüstung und gaben rechtschaffene Seufzer von uns, und nachdem man mir klargemacht hatte, daß ich wahrscheinlich über eine Fernsehkamera beobachtet werden würde, verzichtete ich darauf, mich gleich hier in einer Kabine umzuziehen.
    Es war kurz nach sechs und bereits dunkel, als ich wieder hinauskam auf die Straße. Zeit genug, um mir ein Steak-Sandwich, griechischen Salat, Vanilleeis und viel schwarzen Kaffee hinter die Kiemen zu schieben und den sternlosen Himmel vom Blickpunkt eines Vordertischs in einem Kettenrestaurant am West Pico zu betrachten. Um halb sieben ging ich in die Herrentoilette des Lokals, um mich umzuziehen. Während ich in meine neuen Sachen schlüpfte, fiel mir ein zusammengefalteter Zettel auf, der am Boden lag. Ich hob ihn auf. Es war die Kopie der Unfallgeschichte von Lilah Towle, die mir Margaret Dopplemeier gegeben hatte. Ich versuchte sie noch einmal zu lesen, mit nicht viel größerem Erfolg als beim ersten Mal. Ich entzifferte etwas über die Küstenwache und eine Sturmflut, aber das war auch schon alles. Ich steckte den Zettel wieder ein, richtete mich auf und machte mich bereit für die Fahrt nach Malibu.
    Im hinteren Teil des Lokals gab es ein öffentliches Telefon, und ich rief von dort aus die Polizeistation West Los Angeles an. Erst dachte ich daran, Milo eine verschlüsselte Nachricht zu hinterlassen, aber dann fiel mir etwas Besseres ein, und ich fragte nach Delano Hardy. Nachdem man mich fünf Minuten lang hatte warten lassen, teilte man mir mit, er sei unterwegs im Einsatz. Also hinterließ ich ihm die verschlüsselte Nachricht, bezahlte an der Kasse und fuhr nach Malibu. Ich kam nur langsam voran, doch das hatte ich eingeplant. Kurz vor sieben erreichte ich Ramble Pacifico und zehn Minuten später das Schild, das auf La Casa de los Ninos hinwies. Der Himmel war leer und dunkel wie der Schacht eines endlosen Brunnens. Ein Kojote heulte in einem entfernten Canyon. Nachtvögel und Fledermäuse flatterten und quiekten. Ich schaltete die Scheinwerfer aus und fuhr die nächsten eineinhalb Meilen fast ausschließlich mit dem Tastsinn weiter. Es war nicht allzu schwer, aber der kleine Wagen reagierte heftig auf jede Rinne und jedes Schlagloch der Straße und gab die Schockwellen direkt auf mein Knochengerüst weiter. Eine halbe Meile vor der Abzweigung zu La Casa hielt ich an. Es war Viertel nach sieben. Keine anderen Fahrzeuge auf der Straße. Ich betete, daß es so blieb, stellte den Wagen quer und : blockierte auf diese Weise beide Spuren: die Hinterräder in der Nähe des Wassergrabens am Straßenrand, die vorderen Reifen vor dem dichten Gebüsch, das sich nach Westen ausbreitete. Dann saß ich im dunklen Innenraum des Wagens, den Revolver in der Hand, und wartete.
    Um sieben Uhr dreiundzwanzig hörte ich das Geräusch eines sich nähernden Motors. Eine Minute später kamen die rechteckigen Scheinwerfer eines Lincoln in Sicht, noch etwa eine Viertelmeile entfernt. Ich sprang aus dem Wagen, suchte Deckung im Gebüsch, duckte mich und hielt den Atem an. Er sah den leeren Wagen erst ziemlich spät und mußte mit kreischenden Reifen anhalten, ließ den Motor laufen, die; Scheinwerfer eingeschaltet, stieg aus und trat fluchend ins Licht seines Wagens. Das weiße Haar schimmerte wie Silber.
    Er trug einen anthrazitschwarzen, zweireihigen Blazer über einem weißen Hemd mit offenem Kragen, dazu eine schwarze Flanellhose und schwarzweiße Golfschuhe mit flachen Lederquasten. Keine Falte, alles makellos.
    Er strich mit der Hand über die Seite des kleinen Wagens, berührte die Motorhaube, knurrte und beugte sich dann durch die offene Fahrertür hinein.
    In diesem Augenblick kam ich mit meinen Kreppsohlen geräuschlos auf ihn zu und drückte ihm den Lauf

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