Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
Wort war kaum hörbar. »Ja, es ist dunkel. Und da ist noch etwas.«
    »Nein.«
    »Okay. Bleiben wir noch ein bißchen am Fenster sitzen.«
    Ein paar Minuten später:
    »Kannst du etwas im Dunkeln sehen, Sarah?«
    »Nee. Nur dunkel.«
    Ich versuchte es noch mehrmals, schließlich gab ich es auf Entweder sie hatte nichts gesehen, und die Erzählung von den zwei oder drei dunklen Männern war nur Fabuliererei, oder sie war blockiert. In beiden Fällen würde ich vorläufig nichts aus ihr herausbekommen.
    Ich ließ sie wieder ihren Lieblingsplatz genießen, suggerierte ihr die Rückkehr ins Bewußtsein und ein Gefühl von Erfrischung und Glück, dann holte ich sie sachte aus der Hypnose. Sie lächelte. »Das war schön.«
    »Es freut mich, daß es dir gefallen hat. Du hast scheinbar einen wirklich schönen Lieblingsplatz.«
    »Du hast gesagt, ich brauch’ es dir nicht zu sagen.«
    »Das stimmt. Brauchst du auch nicht.«
    »Und wenn ich es will?«
    »Dann sagst du es.«
    »Hm.« Sie überlegte, genoß einen Moment lang ihre Macht. »Ich sag’ es dir. Ich bin in Gedanken auf dem Karussell gefahren, auf dem Pferd. Immer im Kreis herum und immer schneller.«
    »Das war eine gute Idee.«
    »Jedesmal, wenn ich herumgefahren bin, habe ich mich glücklicher gefühlt. Können wir ein andermal wieder Karussell fahren?«
    »Klar.« Jetzt hast du es geschafft, Alex. Jetzt steckst du in einer Sache drinnen, aus der du dich so leicht nicht zurückziehen kannst. Der Sofort-Daddy zum Hausgebrauch; man brauchte nur noch etwas Schuldgefühl hinzuzugeben.
    Als wir wieder im Wagen saßen, wandte sie sich an mich. »Alex, du hast gesagt, beim Hypnotisieren erinnert man sich besser.«
    »Es kann sein.«
    »Könnte ich es auch benutzen, um mich an meinen Daddy zu erinnern?«
    »Wann hast du ihn denn zuletzt gesehen?«
    »Nie. Er ist weg, als ich noch ein kleines Baby war. Er und Mama leben nicht mehr zusammen.«
    »Besucht er euch manchmal?«
    »Nein. Er wohnt weit fort. Einmal hat er mich angerufen, vor Weihnachten, aber ich habe geschlafen, und Mama hat mich nicht aufgeweckt. Da bin ich ganz wütend geworden.«
    »Das kann ich verstehen.«
    »Ich hab’ sie geschlagen.«
    »Da mußt du wirklich sehr wütend gewesen sein.«
    »Ja.« Sie biß sich auf die Lippe. »Manchmal schickt er mir Sachen.«
    »Wie Fatso?«
    »Ja, und andere Sachen.« Sie kramte in ihrem Täschchen und zog etwas heraus, was wie ein großer, getrockneter Kern aussah. Das Ding war so mit dem Messer bearbeitet worden, daß es an ein Gesicht erinnerte - eine Fratze mit Glasaugen und einer Locke schwarzen Kunsthaars obendrauf. Ein Schrumpfkopf. Wie der Kitsch, den man an der Grenze nach Mexiko in den Buden von Tijuana kaufen kann. Sie hielt ihn in der Hand, als wäre es ein Kronjuwel aus Tausendundeiner Nacht. »Sehr schön.« Ich faßte das Ding an und gab es ihr dann zurück.
    »Ich möchte ihn so gern einmal sehen, meinen Daddy, aber Mama sagt, sie weiß nicht, wo er ist. Glaubst du, daß Hypnotisieren hilft, mich an ihn zu erinnern?«
    »Es wäre nicht gerade leicht, Sarah, weil du ihn so lange nicht gesehen hast. Trotzdem, wir könnten es ja mal versuchen. Hast du irgend etwas, das dich an ihn erinnert, sagen wir, ein Photo oder ein Bild von ihm?«
    »Ja.« Sie kramte wieder in ihrem Täschchen und zog eine zusammengerollte und zerfranste Photographie heraus, die aussah, als sei sie wie ein Rosenkranz befingert worden. Ich mußte an das Photo in Towles Büro denken. Dies war anscheinend meine Woche der Einnerungen in Zelluloid. Wenn Sie nur wüßten, Mr. Eastman, wie man mit Ihrer kleinen schwarzen Box die Vergangenheit konservieren kann - fast wie einen totgeborenen Fetus in einer Formalinlösung. Es war ein verblichenes Farbphoto, das einen Mann und eine Frau zeigte. Die Frau war Bonita Quinn in jüngeren, aber keineswegs hübscheren Tagen. Selbst als Zwanzigjährige war ihr Gesicht eine mürrische Maske gewesen, die eine gnadenlose Zukunft voraussehen ließ. Sie trug ein Kleid, das ihre unterernährten Beine und Hüften betonte. Ihr Haar war lang, gerade und in der Mitte gescheitelt. Sie und ihr Begleiter standen vor einer Art ländlicher Bar, eine Kneipe, wie man sie manchmal unerwartet an einsamen Abschnitten der Landstraßen findet. Die Wände des Gebäudes bestanden aus roh behauenen Bohlen. Im Fenster stand ein Budweiser-Reklameschild. Ihr Arm war um die Taille des Mannes geschlungen, der seinerseits einen Arm um ihre Schultern gelegt hatte. Er trug ein

Weitere Kostenlose Bücher