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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Sie angeben, wo Sie sich in der Nacht, als er getötet wurde, aufgehalten haben?«
    »Ja. Das war das erste, woran ich gedacht habe, als ich das in der Zeitung gelesen habe: Sie kommen und fragen dich danach. Also hab’ ich es mir sehr genau überlegt. Ich habe es mir sogar aufgeschrieben. Einen Brief an mich selbst. Roy, du warst an diesem Abend in der Kirche. Und wenn sie kommen und dich fragen, weißt du, wo du gewesen bist -« Er hätte sicher noch ein paar Tage so weitergemacht, aber Milo unterbrach ihn.
    »In der Kirche? Sind Sie ein religiöser Mensch, Roy?« Longstreth stieß ein Lachen aus, das erstickt und ängstlich klang.
    »Nein, nein, ich war nicht beim Beten. Bei der Ledigengruppe der Westside, in der Presbyterianerkirche in Bei Air. Ronald Reagan ist auch dort hingegangen.«
    »Zu der Ledigengruppe?«
    »Nein, nein. In die Kirche. Er hat dort gebetet, bevor er gewählt wurde, und -«
    »Okay, Roy. Sie waren also bei der Ledigengruppe- von wann bis wann?«
    Als er sah, daß sich Milo Notizen machte, wurde er noch nervöser. Er begann auf und ab zu wippen, eine Marionette in der Hand eines Puppenführers mit Schüttellähmung. »Von neun bis halb zwei. Ich bin bis zum Schluß dortgeblieben. Hab’ auch noch geholfen beim Saubermachen. Ich kann Ihnen auch sagen, was es zu essen gegeben hat. Eine Guacamole und Nachos und große Flaschen Gallo-Wein und Shrimpssalat und -«
    »Natürlich waren auch viele Leute dort, die Sie gesehen haben.«
    »Klar«, sagte er, dann hielt er inne. »Ich - ich war eigentlich nicht viel unter den Leuten. Aber ich hab’ ausgeholfen und die Bar übernommen. Ich habe viele Leute gesehen, doch ich weiß nicht, ob sie sich an mich - erinnern.« Seine Stimme war nur noch ein Flüstern.
    »Das könnte ein Problem werden, Roy.«
    »Es sei denn… Nein… Ja, Mrs. Heatherington. Sie ist eine ältere Frau und hilft bei verschiedenen Veranstaltungen der Kirche. Ich habe lange mit ihr gesprochen, kann Ihnen sogar sagen, worüber wir gesprochen haben. Es ging um Sammelobjekte. Sie sammelt Norman Rockwells, und ich sammle Icarts.«
    »Icarts?«
    »Sie wissen schon, diese Art Deco-Drucke.«
    Das Wort Louis Icart stand heutzutage für hohe Preise. Ich fragte mich, wie ein Apothekenhelfer sich so etwas leisten konnte.
    »Mutter hat mir einen geschenkt, als ich sechzehn war, und sie-« Er suchte nach einem passenden Wort. »Sie haben mich regelrecht in Beschlag genommen. Sie schenkt mir gelegentlich einen zum Geburtstag, und ich kaufe hier und da auch einen. Doktor Handler hat sie auch gesammelt, wissen Sie.«
    »Ach, tatsächlich? Hat er Ihnen seine Sammlung gezeigt?« Longstreth schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Er hatte einen Icart in seiner Praxis. Ich habe ihn gesehen, und wir haben darüber gesprochen. Aber er hat das später alles gegen mich verwendet.«
    »Wie das?«
    »Nach meiner Bewertung - Sie wissen, ich wurde vom Gericht zu ihm geschickt, nachdem man mich…« Er schaute nervös hinüber zum ›Thrifty‹-Gebäude. »Nachdem man mich beim Ladendiebstahl erwischt hatte.« Tränen stiegen ihm in die Augen. »Du meine Güte, ich habe bei Sears eine Tube Klebstoff geklaut, und sie haben mich erwischt! Ich dachte, Mutter stirbt vor Scham. Und ich fürchtete, die Apothekenhelfer-Schule würde draufkommen… Es war furchtbar.«
    »Wie hat er die Tatsache, daß Sie Icarts sammeln, gegen Sie verwenden können?« fragte Milo geduldig. »Er hat es angedeutet, wissen Sie, aber nicht direkt gesagt, trotzdem, es hörte sich so an, daß man wußte, was er meinte, ohne daß man ihn darauf festlegen konnte.«
    »Was hat er denn angedeutet, Roy?«
    »Daß er sich bestechen lassen würde. Wenn ich ihm den einen oder anderen Icart schenke - und er hat mir sogar gesagt, für welche er sich am meisten interessiert -, dann würde er einen Bericht schreiben, der günstig für mich wäre.«
    »Und haben Sie es getan?«
    »Was? Ihn bestochen? Nie im Leben. Das wäre doch unehrlich gewesen!«
    »Ist er danach noch einmal auf das Thema eingegangen?« Longstreth zupfte an seinen Fingernägeln. »Wie gesagt, so, daß man ihn nicht festnageln konnte. Er sagte nur, ich sei ein Grenzfall - eine psychopathische Persönlichkeit oder etwas nicht ganz so Brandmarkendes - und daß ich entweder so oder so beurteilt werden könnte. Am Schluß hat er meiner Mutter dann doch gesagt, daß ich ein Psychopath bin.« Das blasse Gesicht verzerrte sich vor Wut. »Ich bin froh, daß er tot ist. Jetzt hab’ ich es

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