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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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wahrscheinlich in der Hoffnung, uns den Mäulern dieser Ungetüme zu überlassen, aber wir blieben ihr auf den Fersen und folgten den Bewegungen ihres wackelnden Hinterns, bis wir wieder eine Doppeltür erreicht hatten. Sie stieß sie auf und zwang Milo und mich, schneller zu gehen, wenn wir vermeiden wollten, daß uns die Türen gegen die Nasen prallten. Ein kurzer Korridor, wieder eine Doppeltür, und wir wurden von einer Stille umgeben, die überwältigend war.
    Die Büros der Geschäftsleitung bei der Presto-Schnelldruckerei hätten auf einem anderen Planet sein können. Weiche, pflaumenblaue Teppiche, bei denen man aufpassen mußte, daß man nicht darin versank, die Wände mit rötlichem Nußbaumholz getäfelt. Große Türen mit Nußbaumfurnier und Namen in Messingbuchstaben darauf, geschmackvoll und sauber in die Mitte des oberen Drittels gesetzt. Und Stille. Die Blondine blieb am Ende des Korridors stehen, vor einer besonders großen Tür mit »besonders geschmackvollen Goldbuchstaben, die ›Arthur M. Gershman, Präsident‹ verkündeten. Sie ließ uns in ein Wartezimmer von der Größe einer durchschnittlichen Bahnhofshalle ein und deutete uns an, daß wir uns auf Sessel setzen sollten, die so aussahen und sich auch so anfühlten wie ungebackener Brotteig. Dann ließ sie sich hinter ihrem Schreibtisch nieder, einer komischen Kombination aus Plexiglas und Rosenholz, welche der Welt einen ungehinderten Blick auf ihre Beine gestattete, drückte auf den Knopf einer Konsole, die zum Kontrollzentrum der NASA zu gehören schien, bewegte kurz die Lippen, nickte und stand wieder auf.
    »Mr. Gershman möchte Sie jetzt sprechen.«
    Das Allerheiligste war wie erwartet: von der Größe einer Kathedrale, ausgestattet wie etwas, das nur auf den Seiten des Architectural Digest ausgekocht worden sein konnte, sanft erleuchtet und bequem, aber zugleich kantig genug, daß man wach blieb… Der Mann hinter dem Schreibtisch jedoch war das absolute Gegenteil dessen, was man erwarten konnte.
    Er trug eine Khakihose und ein kurzärmeliges weißes Hemd, das mal wieder gebügelt hätte werden müssen. Seine Füße steckten in Hush Puppies, und da sie auf dem Schreibtisch lagen, waren die Löcher in den Sohlen unübersehbar. Er war Mitte siebzig, glatzköpfig mit Brille, wobei eine der seitlichen Stangen der Brillenfassung mit Klebeband geflickt war, und er hatte einen riesigen Bauch.
    Er telefonierte, als wir hereinkamen.
    »Bleib mal dran, Lenny.« Er blickte hoch. »Danke, Denise.« Die Blondine verschwand. Dann, zu uns: »Einen Moment. Setzen Sie sich und machen Sie sich was.« Damit deutete er auf eine voll ausgerüstete Bar, welche die Hälfte einer Wand einnahm.
    »Okay, Lenny, ich hab’ die Bullen hier, muß Schluß machen. Ja, die Bullen. Ich weiß nicht, willst du sie fragen? Ha, ha. Ja, das sag’ ich ihnen bestimmt, du alter Bock. Ich sag’ ihnen, was du das letztemal in Palm Springs getan hast, als wir mitsammen dort waren. Ja. Okay, diesen Sahara-Auftrag in Dreihunderttausender-Auflagen mit Untersetzern und Streichholzbriefen- nein, nicht Schachteln, Briefen - die flachen Dinger, ja. Hab’ ich. Auslieferung in zwei Wochen. Was? Vergiß es.« Er blinzelte uns zu. »Dann hau doch ab, geh zu jemandem bei euch, mir ist es egal. Ich hab’ sowieso höchstens noch ein, zwei Monate, bis mich der Laden hier umbringt. Glaubst du, es macht mir noch etwas aus, wenn ein Auftrag platzt? Es geht ja doch alles an Onkel Sam und an Shirley und an meinen Sohn, den Prinzen, der einen deutschen Wagen fährt. Nee, nee, ein BMW. Mit meinem Geld. Ja. Was willst du machen, ich kann es doch nicht mehr ändern. Zehn Tage?« Er machte eine Masturbationsbewegung mit der freien Hand und grinste uns an. »Du bist ein Wichser, Lenny. Mach wenigstens die Tür zu, damit es niemand sieht. Also gut, zwölf Tage, Ende. Okay. Zwölf. Richtig. Ich muß jetzt aufhören, sonst schleppen mich diese Kosaken noch in ihr Hauptquartier. Goodbye.« Der Hörer wurde auf die Gabel geknallt, dann fuhr der Mann hoch wie eine Feder, die man losgelassen hat. »Artie Gershman.«
    Er streckte uns eine mit Tinte befleckte Hand entgegen. Milo schüttelte sie, dann folgte ich seinem Beispiel. Sie war hart wie Granit und voller Schwielen und Hornhaut.
    Danach setzte er sich und legte die Füße wieder auf den Schreibtisch.
    »Tut mir leid, daß Sie warten mußten.« Er hatte die Jovialität eines Mannes, der von lauter Automaten wie Denise umgeben war, welche seine

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