Blackout
ein Juwel.« Das Dokument war vom Bürgermeister als Ehrenzeuge unterzeichnet und vom Direktor des Kinderheims, einem Reverend Augustus J. McCaffrey. Das Blatt war ein Wunderwerk der Kalligraphie, mit vielen reichverzierten Initialen. Sehr beeindruckend.
»Wirklich hübsch«, sagte Milo. »Wissen Sie, in welchem Hotel Mr. Bruno abgestiegen ist?«
»Normalerweise wohnt er im MGM, aber jetzt, nach dem Brand, weiß ich es nicht. Wir können ja zurückgehen in mein Büro und es herausfinden.«
Als wir wieder im Musterbeispiel für ›Das schöne Chefbüro‹ waren, nahm Gershman den Hörer des Telefons ab, drückte den Knopf der Gegensprechanlage und bellte in den Hörer: »Denise, wo wohnt Morry in Vegas? Schau nach.« Eine halbe Minute später summte die Gegensprechanlage. »Ja? Gut. Danke, Darling.« Er wandte sich an uns. »Im Palace.«
»Caesar’s Palace?«
»Ja. Soll ich dort anrufen? Dann können Sie mit ihm reden.«
»Wenn Sie nichts dagegen haben, Sir. Der Anruf wird Ihnen vom Polizeidepartment ersetzt.«
»Nee, nee.« Gershman machte eine Handbewegung. »Das geht auf mich. Denise, ruf im Caesar’s Palace an und sieh zu, daß du Morry an die Strippe kriegst. Wenn er nicht da ist, kannst du ihm hinterlassen, er soll - wen soll er denn anrufen?«
»Detective Sturgis von der Mordkommission beim Department West Los Angeles.« Gershman vervollständigte seine Anweisung. »Sie glauben doch nicht, daß Morry ein Verdächtiger ist, oder?« fragte er, nachdem er den Hörer aufgelegt hatte. »Es ist doch eine Zeugensache, oder?«
»Wir können wirklich nichts darüber sagen, Mr. Gershman.« Milo zeigte, daß er wußte, was Diskretion erforderte. »Ich kann es nicht glauben!« Gershman schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Sie halten Morry für einen Mörder! Einen Mann, der am Wochenende für Kinder arbeitet - einen Mann, der hier niemanden auch nur schief angeschaut hat und kein böses Wort sagt. Fragen Sie, hören Sie sich um bei mir, ich erlaube es Ihnen. Wenn Sie jemanden finden, der ein böses Wort über Morry Bruno sagt, bin ich bereit, meinen Schreibtisch aufzufressen.«
Er wurde unterbrochen durch den Summer.
»Ja, Denise? Was ist das? Bist du sicher? Vielleicht war es ein Irrtum. Erkundige dich noch mal. Und dann ruf im Aladdin und im Sands an - vielleicht hat er sich anders entschieden.«
Das Gesicht des alten Mannes wirkte besorgt, als er auflegte.
»Er ist nicht im Palace.« Er sagte es mit dem Bedauern und der Angst eines Menschen, der aus der beruhigenden Wärme seiner vorgefaßten Meinungen gerissen wurde.
Maurice Bruno war auch nicht im Aladdin und im Sands oder in einem anderen der größeren Hotels von Las Vegas. Weitere Telefonate aus Gershmans Büro zeigten, daß kein Maurice Bruno in den vergangenen Wochen bei einer der Fluggesellschaften, die Las Vegas anflogen, ein Ticket gebucht hatte. »Bitte geben Sie mir seine Privatadresse und seine Telefonnummer. «
»Denise kann sie Ihnen geben«, sagte Gershman. Wir ließen ihn allein in seinem großen Büro sitzen, wo er sein graustoppeliges Kinn auf die Hände stützte und die Stirn in Falten legte wie ein alter Bison, der schon ein paar Jahre zu lang im Zoo lebte.
Bruno wohnte in Glendale, normalerweise eine Zehnminutenfahrt von der Presto-Druckerei, aber es war sechs Uhr abends, es hatte einen Unfall westlich der Kreuzung des Hollywood und des Golden State Freeways gegeben, und auf allen Schnellstraßen zwischen Burbank und Pasadena herrschte stehender Verkehr. Als wir die Schnellstraße bei der Ausfahrt Brand Boulevard verließen, war es dunkel, und sowohl Milo als ich befanden sich in einer Scheiß-Laune.
Milo bog nach Norden ab und fuhr auf die Bergkette zu. Brunos Haus war in der Armelita Street, eine halbe Meile vom Ende des Boulevards entfernt. Es war das letzte Haus in einer Sackstraße, eine kleine, ebenerdige Tudorimitation mit einem sauberen Vorgarten, wo ein gepflegter Rasen von Eiben und Wacholdern eingerahmt wurde. Zwei große Lebensbäume bewachten den Eingang. Nicht gerade die Behausung, wie ich sie mir bei einem Junggesellen vorstellte, der die meiste Zeit in Las Vegas verbrachte. Aber dann erinnerte ich mich an das, was Gershman über die Scheidung gesagt hatte. Kein Zweifel, das war das Heim, aus dem seine Frau und die Kinder in den Osten geflohen waren.
Milo klingelte mehrmals hintereinander, dann klopfte er an die Tür. Als niemand kam, ging er zum Wagen und rief die Polizei von Glendale an. Zehn Minuten
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