Blackout
blinzelte. Meine Augen brannten, als der Schweiß in die Höhlen lief. Jaroslav dagegen sah aus, als ob er gerade die Lektüre der Morgenzeitung beendet hätte.
»Nehmen Sie heißes Bad, Doktor, besorgen Sie sich nettes Mädchen, das massiert, und benützen Sie etwas Hamamelis zum Einreiben. Aber vergessen Sie das Wichtigste nicht: üben, üben, üben.«
»Wird gemacht, Andre«
»Rufen Sie mich an, wenn ich zurück bin - in einer Woche. Dann erzähle ich Ihnen, wie es mit Shandra Layne war, und sehe nach, ob Sie geübt haben.« Er stach mir spielerisch mit dem Zeigefinger gegen die Bauchmuskeln. »Abgemacht.«
Er streckte mir die Hand hin. Ich wollte sie schon ergreifen, dann spannte ich mich an und war darauf gefaßt, daß er noch einmal versuchte, mich umzulegen. »Ja, gut«, sagte er, lachte und ließ mich gehen.
Die pochenden Schmerzen vermittelten mir ein asketisches und stolzes Gefühl. Ich aß zu Mittag in einem Restaurant, das von einem der Quasi-Hindu-Kults geführt wurde, welche zuletzt doch Los Angeles einem Aufenthalt in Kalkutta vorzogen. Ein unaufhörlich lächelndes Mädchen mit leerem Blick watschelte in ihrer weißen Robe und im Burnus herbei, um meine Bestellung entgegenzunehmen. Sie hatte das Gesicht eines Kindes reicher Leute, kombiniert mit der Gespreiztheit einer Nonne, und es gelang ihr, zu lächeln, während sie sprach, zu lächeln, während sie schrieb und zu lächeln, während sie wegging. Ich fragte mich, ob das nicht auf die Dauer weh tat.
Ich aß einen Teller mit Salat, Sojasprossen, gebratenen Sojabohnen und geschmolzenem Ziegenkäse auf chapati-Brot - eine Art sakraler Tostada- und schwemmte das Ganze hinunter mit zwei Glas Ananas-Kokosnuß-Guave-Nektar, der aus der heiligen Mojave-Wüste importiert wurde. Die Rechnung belief sich auf zehn Dollar und neununddreißig Cents. Das erklärte das Lächeln.
Ich kam gerade nach Hause, als Milo dort mit einem neutralen, bronzefarbenen Matador anhielt.
»Der Fiat hat den Geist aufgegeben«, erklärte er. »Ich hab’
ihn verbrennen lassen und die Asche bei den Erdölpumpen vor Long Beach ausgestreut.«
»Mein Beileid.«
»Statt Blumen werden Beiträge auf die Anzahlung für meine nächste Wunderkiste entgegengenommen.«
»Laß dir doch von Doktor Silverman einen neuen kaufen.«
»Ich arbeite bereits daran. - Und was meinst du?« fragte er danach’.
Ich legte Brunos Akte auf den Tisch.
»Keine profunden Einsichten bisher. Bruno wurde Handler nach dem Scheckbetrug von der Bewährungshilfe empfohlen. Handler hat ihn im Lauf von vier Monaten insgesamt zwölfmal besucht. Als die Bewährung abgelaufen war, endete auch die Behandlung. Mir ist allerdings aufgefallen, daß Handlers Bemerkungen in seiner Akte relativ gnädig sind. Bruno war einer seiner neueren Patienten. Als er mit der Therapie begann, war Handlers zynische Periode bereits auf dem Höhepunkt angelangt, dennoch hat er keine bösartigen Bemerkungen über Bruno abgegeben.« Ich nahm die Akte wieder, blätterte sie durch. »Hier: Am Anfang bezeichnet ihn Handler als einen »glatten Betrüger-Typ‹.« Ich blätterte weiter. »Ein paar Wochen danach macht er einen Scherz über Brunos »Cheshire-Grinsen‹. Doch danach - nichts mehr von der Sorte.«
»Als ob sie sich befreundet hätten.«
»Warum sagst du das?«
Milo reichte mir ein Blatt Papier. »Hier, sieh dir das an.«
Es war ein Ausdruck der Telefongesellschaft.
»Das da« - er deutete auf eine eingekreiste siebenstellige Zahl - »ist Handlers Nummer- seine Privatnummer, nicht die der Praxis. Und das ist die Nummer von Bruno.«
Zwischen den beiden Nummern waren Striche gezogen wie Schuhbänder an hohen Stiefeln. Es hatte in den letzten sechs Monaten viele Kontakte zwischen den beiden gegeben.
»Interessant, wie?«
»Sehr.«
»Da ist noch etwas. ›Offiziell‹, sagte der Coroner, ›kann man unmöglich eine halbwegs genaue Zeit für den Tod von Bruno angeben. Die Hitze im Haus schließt die Anwendung aller Dekompositionstabellen aus...‹ Du weißt ja, diese Burschen denken nicht daran, nun einfach zu schätzen und Zahlen anzugeben auf die Gefahr hin, daß sie falsch sein könnten. Aber ich habe einen von den jüngeren Leuten dort gesprochen, der bereit war, mir eine inoffizielle Schätzung mitzuteilen, und er meint, daß Bruno bis zu seiner Entdeckung etwa zehn bis zwölf Tage tot gewesen sein muß.«
»Also ist er ziemlich genau zu der Zeit ums Leben gekommen, als auch Handler und die Gutierrez ermordet
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