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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Ekelhaft«, sagte ein Teenie-Girl zu seiner Freundin. Gut gesagt, Mädchen.

12
    Am dritten Vormittag, nachdem wir Bruno entdeckt hatten, wollte Milo zu mir kommen, um die psychiatrischen Unterlagen des so grausam ermordeten Verkaufsgenies im Detail durchzugehen. Ich verschob es auf den Nachmittag. Getrieben von Instinkten, die mir nicht ganz klar waren, rief ich Andre Jaroslav in seinem Studio in West Hollywood an und fragte ihn, ob er Zeit hätte, meine Karatekenntnisse ein bißchen aufzufrischen.
    »Doktor«, sagte er, und sein Akzent war dick wie Gulasch, »Sie haben aber lange nicht mehr sehen und hören lassen.«
    »Ich weiß, Andre. Zu lange. Ich hab’ mich gehenlassen. Aber ich hoffe, daß Sie mir helfen können.«
    Er lachte. »Ts, ts, ts. Ich habe fortgeschrittene Gruppe um elf und Privatunterricht um zwölf. Dann fliege nach Hawaii, Doktor. Um Kampfszenen choreographieren für neues Pilotfilm. Weibliches Polizeiperson, das kann Judo und schnappt sich Vergewaltiger. Wie finden Sie?«
    »Sehr originell.«
    »Ja. Ich arbeite mit rothaariger Schönheit - mit diese Shandra Layne. Zeige ihr, wie man umlegt große Männer. Wie in Wonder Women, ja?«
    »Ja. Haben Sie vor elf noch Zeit?«
    »Für Sie, Doktor - bestimmt. Wir kriegen Sie schon in Form. Kommen Sie um neun, und gebe Ihnen zwei Stunden.«
     
    Das Institut für die Kunst der Selbstverteidigung lag am Santa Monica Boulevard bei der Doheny Street, nicht weit vom Troubadour-Nachtklub. Es war eine vertraute Einrichtung in Los Angeles und kam der Kung Fu-Mode mindestens fünfzehn Jahre zuvor. Jaroslav war ein o-beiniger tschechischer Jude, der in den fünfziger Jahren emigriert war. Er hatte eine hohe, quiekende Stimme, und er behauptete, das komme daher, daß er von den Nazis in den Hals geschossen worden sei. In Wahrheit war er natürlich mit dem Stimmumfang eines hysterischen Kapauns geboren worden. Es mußte, nicht ganz einfach gewesen sein für. ihn als Jude mit schriller Stimme im Nachkriegs-Prag. Aber Jaroslav hatte sich einen Weg gebahnt, um damit fertigzuwerden. Als Junge schon hatte er sich mit Körpertüchtigung und Turnen beschäftigt, dazu mit Gewichtheben und der Kunst der Selbstverteidigung. Als er zwanzig war, beherrschte er jede Disziplin des Kampfsports vom Säbelfechten bis zu Hokaido, und manch einer, der es mit ihm aufnehmen wollte, erlebte schmerzliche Überraschungen.
    Er begrüßte mich an der Tür, nackt von der Taille bis oben, einen Strauß Osterglocken in der Hand. Der Gehsteig war bevölkert mit unterernährten Gestalten verschiedenen Geschlechts, die sich an ihre Gitarrenkästen klammerten, als wären sie Rettungsanker, dazu tief den Rauch aus Zigaretten einsogen und den vorbeiziehenden Verkehr mit jenseitig fixiertem Interesse betrachteten.
    »Vorsprechen«, quiekte er und zeigte mit dem Finger auf die Tür des ›Troubadour‹; dazu schaute er die Gestalten mit verächtlichen Blicken an. »Die Künstler des neuen Zeitalters, Doktor.«
    Wir gingen hinein in das Studio, das leer war. Er stellte die Blumen in eine Vase. Der Übungsraum war eine große Fläche polierten Eichenholzbodens, umgeben von weißgekalkten Wänden. Signierte Photos von Stars und Beinahe-Stars hingen in einzelnen Gruppen daran. Ich ging mit der weißen Kleidung, die er mir gegeben hatte, in einen Umkleideraum, und als ich wieder herauskam, sah ich aus wie ein Statist in einem Bruce Lee-Film.
    Jaroslav schwieg und ließ dafür seinen Körper und seine Hände sprechen. Er stellte mich in die Mitte des Studios und baute sich mir gegenüber auf. Dann lächelte er leicht, wir verbeugten uns voreinander, und er führte mich durch eine Serie von Aufwärmübungen, die meine Gelenke zum Knarren brachten. Ich hatte zu lange nichts getan.
    Als die einleitenden katas vorüber waren, verbeugten wir uns wieder. Er lächelte, dann fuhr er fort, den Boden mit mir aufzuwischen. Am Ende der ersten Stunde fühlte ich mich, als ob man mich in den Müllzerkleinerer gesteckt hätte. Jede einzelne Muskelfaser schmerzte, jede Synapse bebte in ausgesuchter Qual.
    Er machte weiter, lächelte und verbeugte sich, stieß gelegentlich einen vollkommen beherrschten, hohen Schrei aus und warf mich herum wie einen Kartoffelsack. Gegen Ende der zweiten Stunde hatte der Schmerz aufgehört zu stören - er war zu einer Lebensäußerung geworden, zu einem Bewußtseinszustand. Aber als wir aufhörten, fühlte ich, daß ich meinen Körper wieder beherrschte. Ich atmete schwer, streckte mich,

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