BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
eingeschaltet. Die Nachrichtensprecher verkündeten gute Neuigkeiten. Während weite Teile Europas noch immer stromlos waren, hatten die französischen Betreiber wenigstens in ein paar Regionen das Netz unter Kontrolle gebracht. Bis zum Abend erwarteten sie in den meisten Landesteilen wieder eine Grundversorgung liefern zu können.
Marpeaux versuchte, seine Kinder zu erreichen, doch die Telefonnetze waren nach wie vor ausgefallen oder überlastet. Angesichts der öffentlichen Versprechen hatte auch seine Frau ihre Klagen eingestellt und bibberte dem baldigen Wiederanspringen der Heizung entgegen.
Als er am Abend seine Schicht antrat, begrüßte ihn sein Vorgänger mit guten Nachrichten.
»Vor ein paar Minuten kam die Anweisung, den Reaktor auf das Hochfahren vorzubereiten.«
Eine Situation, die Marpeaux im Lauf seines Arbeitslebens bereits Dutzende Male begleitet und geleitet und noch öfter geübt hatte. Der heikle Teil bestand darin, die Abstimmung mit den Netzbetreibern so zu koordinieren, dass die eingespeiste Energie keine Spannungsschwankungen verursachte. Marpeaux wusste, was er zu tun hatte.
»Sind wir schon am Netz?«
»Seit drei Stunden bekommen wir wieder regulären Strom.«
Damit hing die Notkühlung nicht mehr von den Dieselaggregaten ab.
»Was ist mit dem defekten Diesel?«
»Ist repariert.«
»Getestet auch?«
»Einsatzbereit. Viel Erfolg beim Hochfahren. Gute Nacht.«
Mailand
»Und was, wenn er recht hat?«, fragte Curazzo Trappano. »Eine Erklärung für die plötzlichen, großflächigen Ausfälle wäre es immerhin.«
»Hören Sie mir bloß damit auf! Wir haben schon so genug Schwierigkeiten.«
»Nur einmal angenommen«, ließ Curazzo nicht locker. »Sehen Sie hier die Zeitschiene.« Er holte ein Diagramm vom Nebentisch. »Gestern Abend begann der Ausfall. Plötzlich, ohne ersichtlichen Grund, in großen Regionen. Daraufhin die Kettenreaktion. Während der Nacht haben wir versucht, das Netz wieder hochzufahren. In vielen Gebieten gelang das. Für Mailand deckt sich das mit der Uhrzeit, die der Typ genannt hat. Hier. Aber kaum eine Stunde später fiel der Strom wieder großflächig aus. Als ob jemand nur darauf gewartet hätte, dass wir hochfahren, um die Haushalte erneut vom Netz zu nehmen und damit unkontrollierbare Frequenzschwankungen auszulösen, die abermals zum Zusammenbruch führten.«
Trappano fixierte Curazzo. »Niemand nimmt einfach so Millionen Haushalte vom Netz. Ich will nichts mehr davon hören, solange wir nicht alle sinnvollen Möglichkeiten durchgespielt haben.«
Ischgl
Manzano bedankte sich bei dem Mann, der ihnen im Licht der Taschenlampe den Weg erklärt hatte. Von dem Alpendorf ringsum war nicht viel zu erkennen. Die Straßen lagen im Dunklen. Hinter vielen Fenstern erkannte Manzano das schwache Licht von Kerzen. Er war froh, unter diesen Bedingungen überhaupt jemanden auf der Straße angetroffen zu haben. Er gab die Straßenkarte Bondoni zurück.
»Hoffentlich brauchen wir keine Schneeketten«, meinte er. In radebrechendem Englisch hatte der Mann erklärt, dass sie noch eine kurvige Bergstraße zu erklimmen hatten, um das Ferienquartier von Bondonis Tochter zu erreichen.
»Hoffentlich ist Lara überhaupt da«, erwiderte Bondoni. »Eine Schnapsidee, diese Fahrt.«
In den Kurven beleuchteten die Lichtkegel der Scheinwerfer die Schneewände zu beiden Seiten der Straße. Nach einer halben Stunde Fahrt durch tiefste Dunkelheit entdeckten sie unterhalb der Straße endlich ein paar Lichter.
»Das muss es sein.«
Sie fanden die Zufahrt in der Schneewand und parkten auf einem freigeschaufelten Flecken, wo noch andere Autos standen. Manzano leuchtete die Wagen mit der Taschenlampe ab.
»Da ist ein belgisches Kennzeichen. Weißt du, mit was für einem Auto sie unterwegs sind?«
»Keine Ahnung.«
Auf der ersten Holzhütte stand »Empfang«. Sie traten ein. Hinter einem Tresen begrüßte sie eine junge Frau in Tracht. Daneben stand eine Sitzgruppe um einen offenen Kamin, in dem ein gemütliches Feuer knisterte.
Manzano erklärte der jungen Frau, wer sie waren und wen sie suchten. Die Dame beäugte sie skeptisch, gab aber schließlich zu, dass Lara Bondoni und drei weitere Gäste vor etwa drei Stunden angekommen waren.
»Zum Glück!«, rief Bondoni. »Aber wieso erst jetzt?«
Die Empfangsdame brachte sie zu der Hütte.
»Papa! Was machst du denn hier? Und du, Piero?«
Manzano kannte Lara von den Besuchen bei ihrem Vater, wenn auch nur flüchtig. Er konnte sie
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