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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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um, sondern setzte sich gleich an den Tisch. Ich nahm auf dem Stuhl gegenüber Platz.
    »Die Fakten sind immer weniger erschreckend«, sagte sie. »Irgendwie besser zu kontrollieren.«
    »Wenn man sie denn findet.«
    »Was haben Sie herausgefunden? Über mich?«
    Ich erzählte es ihr.
    »Es war eine Besserungsanstalt, kein Gefängnis«, erklärte sie. »Ein Verhörzimmer mit einer Tür, die nicht abschließbar war. Sie waren zu dritt. Drei Männer. Sie haben ihr Revier verteidigt und die anderen nicht reingelassen. Es hat nicht Tage gedauert, sondern zwei Stunden und zweiundvierzig Minuten.« Sie hielt ihre Augen unbeweglich auf mich gerichtet und beobachtete meinen Gesichtsausdruck genau. Ich gab mir alle Mühe, keine Reaktion zu zeigen, aber anscheinend misslang es mir. Sie lehnte sich vor, so dass ich ihren Atem ganz schwach auf meinem Gesicht spüren konnte. »Hey«, sagte sie, »immerhin hab ich davon die Syphilis gekriegt.«
    Ich musterte sie eine geraume Weile und dachte mir, dass sie wahrscheinlich erwartete, mich gleich händeringend durchs Wohnzimmer laufen zu sehen.
    Stattdessen sagte ich: »Wie wär’s mit einem Glas Wein?«
    »Ich werde nicht mit Ihnen darüber reden. Nicht im Detail. Nicht in groben Zügen. Bilden Sie sich also nicht ein, dass wir dann auf Kuschelkurs gehen und ich meine kathartischen fünf Minuten bekomme. Das Thema bleibt tabu. Klar?«
    »Ja.«
    »Gut. Dann trinke ich jetzt gerne etwas.«
    Ich zog den Korken wieder heraus, goss zwei Gläser ein und reichte ihr eines. »Falls Sie prätentiöser sein sollten, als Sie aussehen, dann lassen Sie sich gesagt sein, dass dies ein kräftiger, erdiger Sauvignon mit üppigem Abgang ist.« Ich senkte meine Nase ins Glas und sog den Duft ein.
    »Der ist ja köstlich.« Sie sah sich um, als würde sie sich erst jetzt ihrer Umgebung bewusst. »Spektakuläre Aussicht haben Sie hier.«
    »Sie dürfen nicht liebenswürdig sein. Sonst erkenne ich Sie nämlich nicht wieder.«
    Zur Antwort fletschte sie kurz die Zähne. Ich holte die Teller aus der Küche, und wir ließen es uns schmecken. Allerdings hatten wir beide leichte Probleme mit dem Designerbesteck, da das Essen immer wieder auf die Teller zurückplumpste, bevor es den Mund erreichte. Schließlich hielt sie eine der Gabeln aus dem Museum of Modern Arts in die Höhe – eine einzige Zinke, die sich am Ende gabelte. »Ich bin nicht geschickt genug, um mit so was zu essen.«
    »Aber ist die nicht hübsch?«
    »Das ist eine Gabel. Die ist dazu da, Essen in den Mund zu transportieren.«
    »In unserem Fall offensichtlich nicht.« Ich drehte meine Gabel hin und her und begutachtete das Design. »Die sind richtig scheiße, stimmt’s?«
    Jetzt grinste sie übers ganze Gesicht. »Haben Sie nicht irgendwas, was leichter zu handhaben ist? Vielleicht einen kleinen Spaten?«
    »Stäbchen?«
    »Wie wär’s mit Fladenbrot?«
    »Ich guck mal in den Ofen. In der Zwischenzeit …« Ich nahm unsere Gabeln und warf sie in den Mülleimer. Stattdessen fand ich Plastikbesteck von meinem letzten Take-away, und wir machten uns erneut über unsere Teller her, diesmal mit größerem Erfolg.
    »Das schmeckt ja unglaublich gut«, sagte sie. »Was ist denn das?«
    »Israelischer Salat. Seien Sie vorsichtig. Er hat gerade eine Gegenoffensive gegen das Wiener Schnitzel gestartet.«
    »Ich schick noch einen Couscous als Eingreiftruppe.«
    »Dann bombardiere ich Sie mit Big Macs.«
    »Sagen Sie, wollen Sie den Wein denn gar nicht probieren?«
    Ein aufzuckendes Erinnerungsbild, sechs Jahre jung – ein Mustang, der schräg im Hortensienbeet parkt, mit voll aufgedrehtem Radio, während ich vor dem dampfenden Kühler stehe und heiser Morrisons
The End
mitschreie, zusammen mit einer Blondine mit Schmetterlingszopfspangen.
    »Ich heiße Andrew Danner, und ich bin Alkoholiker.«
    »Sollten Sie dann nicht lieber einen Bogen um alle alkoholischen Getränke machen?«
    »Ich muss sie im Auge behalten, damit sie sich nicht von hinten anschleichen können.«
    »Wie der israelische Salat.«
    »Exakt.«
    »Wie kommen Sie so zurecht mit dem Nüchternbleiben?«
    »Verdirbt mir das Trinken.«
    »Was für ein Alkoholiker-Typ waren Sie denn?«
    »Ich war einer von denen, die nie merken, wann eine Party definitiv vorbei ist. Solange noch Alk da war und jemand anders auch noch trank, machte ich einfach immer weiter. Wie das Schwein am Trog. Bei jedem Saufgelage in Studentenwohnheimen war ich dabei. Ich gehörte nicht zu den Säufern, die

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