Blackout
Caroline an. Ich entschuldigte mich für meine Verspätung und fragte, ob sie nicht zu mir kommen wollte. Zögernd willigte sie ein, was ich als Fortschritt wertete. Ich hätte gerne etwas gekocht, aber mein Ausflug ins kriminaltechnische Labor hatte mich zu viel Zeit gekostet, also fuhr ich zu Simon’s Café hinunter. Der gleichnamige Besitzer, ein gepflegter, grauhaariger Mann mit schwarzem Schnurrbart, erfüllte alle Eigenschaften, die man sich von einem Koch wünscht. Ein marokkanischer Export, der via Haifa nach L.A. gekommen war, sieben Sprachen sprach und ein Börek mit einer Mischung aus drei verschiedenen Käsesorten und einer Garnierung aus eingelegten Zitronen zubereitete, nach dessen Verzehr man redete wie ein Buch. Das letzte Mal war ich mit Geneviève bei Simon’s gewesen, ein spätes Abendessen, nach dem wir, betrunken vom guten Essen, in die warme Luft des Valley hinausgestolpert waren.
In L.A. ist es üblich, beim Ausgehen die Leute rundherum neugierig zu beobachten, und ich merkte, wie sich die Köpfe drehten und die Gäste tuschelten, als ich das Lokal betrat. Ich ging an die Theke und bezahlte meine Bestellung.
Das vertraute Restaurant ließ die zehn Monate, die seit der Trennung von Geneviève vergangen waren, auf gefühlte Stunden zusammenschnurren. Unsere Trennung war zwar nicht im Bösen verlaufen, aber doch einigermaßen hitzig, und es war so mancher unausgesprochene Groll in der Luft hängengeblieben. Danach hatten wir kaum noch miteinander geredet. Mir kam in den Sinn, dass Geneviève sich in meiner Abwesenheit wahrscheinlich verändert hatte, diese beschleunigte Veränderung, die viele nach einer Trennung durchlaufen. Die Geneviève, die ich gekannt hatte, war vielleicht gar nicht die, die gestorben war. Ich habe einmal einen Psychiater in einer Talkshow gehört, der zu behaupten wagte, dass die Menschen im Laufe ihres Lebens entweder emotional gesünder oder kränker werden. Sie bleiben jedoch nie dieselben. Wenn man von so einem psychologischen Gesellschaftsspiel ausging, welchen Weg hatte dann wohl Geneviève eingeschlagen?
Als ich gerade mit meinem verpackten Essen hinausgehen wollte, kam mir in der Tür eine Frau entgegen. Ihr von tiefen Falten durchzogenes Gesicht wirkte eher gequält als wütend. »Sie dürften überhaupt nicht frei herumlaufen.«
Ich lächelte höflich. »Aber wie soll ich denn sonst den Mörder von Nicole Simpson finden?«
Ich flitzte nach Hause, ließ die Päckchen auf der Ablage in der Küche liegen und ging durchs Haus, wobei ich die Lichter anschaltete und nach Xena pfiff.
Die zerschredderten Überreste mehrerer Zierkissen lagen im ganzen Wohnzimmer verstreut. Kleine Fetzen der Füllung hingen überall auf dem Teppich und im Kamin. War mein Haus durchsucht worden? Schon wieder? Weswegen?
Ein Streifen Toilettenpapier lief von der Gästetoilette durch den Eingangsbereich und verschwand im dunklen Wohnzimmer. Ich zog die Pistole und schaltete das Licht ein. Das Sofa war ebenfalls hingemetzelt worden, das Wildleder in kleine Stückchen zerrissen. Ich folgte dem Toilettenpapier um die Ottomane, hinter der ich eine zufrieden schnarchende Xena vorfand. Das Ende des zweilagigen Papiers hing ihr noch aus der versabberten Schnauze.
Ich ließ die Waffe sinken und betrachtete den Schaden. »Schön, dass deine Zähne doch zu was nütze sind.«
Vom Klang meiner Stimme wachte sie auf und rappelte sich auf die Füße, leckte mir die Hand und folgte mir dann zerknirscht, während ich fluchend die größeren Fetzen des Sofabezugs zusammenklaubte.
Als ich das Abendessen auf Teller füllte, rief ich im Hope House an und ließ mir Junior geben.
»Ich muss Xena zurückbringen.«
»Du kannst keinen Hund zurückbringen.«
»Sie hat mein halbes Haus zernagt.«
»Hey, Kumpel, sie ist nur durcheinander, weil du sie den ganzen Tag alleingelassen hast. Du musst jetzt schon die Verantwortung übernehmen.«
Ich hielt im Tischdecken inne. »Verantwortung übernehmen?«
»Genau. Ich komm vorbei und red mit ihr, Kumpel. Das hilft garantiert.«
»Ich liefere sie wieder ab. Gleich morgen früh.«
»Wo? Hier? Ich kann hier nichts mit ihr anfangen.«
»Dann bringen wir sie zurück zu deinem Cousin.«
»Das war nicht mein Cousin.«
»Natürlich nicht. Ich komme morgen früh vorbei. Mit dem Hund. Und dann liefern wir sie irgendwo ab, oder ich werde sie eigenhändig ertränken.« Ich legte auf und sah Xena an. Der Sabber hing ihr rechts und links in langen Fäden aus der
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