Blade 02 - Nachtklinge
überrascht.
»Was soll ich tun?«
»Im Augenblick nichts. Beobachte deinen Herrn und merk dir, mit wem er spricht und worüber. Gräfin Desdaio solltest du ebenfalls nicht aus den Augen lassen.«
»Ihr wisst, dass sie Tycho besucht?«
»Das habe ich für ein Gerücht gehalten.«
»In einer Woche war sie sogar dreimal bei ihm, und zwar immer, wenn Graf Atilo in den Ratssitzungen war. Wenn Prinzessin Giulietta nicht wäre, würde sie heute Abend wahrscheinlich wieder zu ihm gehen.«
Roderigos Miene wurde undurchdringlich. »Das musst du mir genauer erklären.«
»Vor drei Wochen hat die Prinzessin Tycho besucht. Sie hat ihm vorgehalten, dass er Gräfin Desdaios Ruf gefährdet, wenn er sie empfängt. Angeblich ist es zu einem heftigen Streit gekommen.«
»Hast du dir sagen lassen.«
Iacopo starrte vor sich auf den Tisch.
»Vermutlich bist du Gräfin Desdaio auf eigene Faust gefolgt?«
»Ja, Hauptmann.«
»Du hast Graf Atilo nichts davon gesagt?«
»Das letzte Mal, als ich ihm die Wahrheit sagte, hat er mir das Gesicht zerschnitten und ich musste die Wunde selbst nähen.« Iacopos Stimme war tonlos, und er strich unwillkürlich über die Narbe.
»Welche Wahrheit?«
»Dass Gräfin Desdaio Tycho in seinem Keller aufgesucht hat.«
»Damals war er noch Sklave?«
Alexa beugte sich dichter über die Schale. Zu ihrem Ärger hatten betrunkene Seeleute der
San Marco
das Gerücht verbreitet, Tycho und ihre Nichte hätten ein Liebesverhältnis. Etliche von ihnen waren danach in einen Schlaf gefallen, aus dem sie nie mehr erwachten. Andere hatte man mit durchgeschnittener Kehle im Kanal gefunden. Und nun sollte Desdaio Bribanzo, die berühmteste und reichste Jungfrau der Serenissima, ebenfalls Tychos Geliebte sein?
»Ja, Graf, damals war er noch Sklave.«
Roderigo sah angewidert aus. »Und Atilo weiß nichts von ihren neuesten Besuchen in Tychos Haus?«
»Jedenfalls nicht von mir. Das ist übrigens noch nicht alles.«
»Ich höre.«
»Tycho hat kürzlich Prinzessin Giulietta besucht.«
Alexa war zum ersten Mal wirklich überrascht.
»Darüber weiß ich Bescheid«, sagte Roderigo.
In diesem Moment wurde Alexa klar, dass sie tatsächlich Anlass zur Sorge hatte. Wieso wusste sie nichts von Tychos Besuch, Alonzos Mitstreiter hingegen sehr wohl? Diese Neuigkeit beschäftigte sie derart, dass sie Roderigos nächste Frage verpasste. Aber Iacopos Antwort war auch so zu verstehen.
»Ich bin Atilos neuem Lehrling gefolgt.«
»Warum denn?«
»Er ist Tychos Spion. Oder sein Lustknabe.«
»Darauf dürfen wir wohl kaum hoffen.«
»Dann habt auch Ihr nicht viel für Herrn Tycho übrig, Baron?«
Roderigo schob das Kinn vor. »Er hätte den Regenten nicht enttäuschen und sein Vertrauen missbrauchen dürfen. Das wird ihm noch leidtun.«
Der folgende Teil der Nacht war für Iacopo der seltsamste. Für Alexa hingegen war offensichtlich, was Roderigo plante: ködern, schmeicheln und bestechen. Zuerst das Treffen in einem Klub am Canalasso, wo Hauptmann Roderigo Iacopo wie seinesgleichen behandelte. Dann folgte etwas, das Iacopos kühnste Träume übertraf. Roderigo nahm ihn mit in ein Luxusbordell hinter Giovanni e Paolo. Man erreichte den schmalen Palazzo durch einen winzigen privaten Hinterhof, einen
corte.
Die jungen Dirnen dort hatten Manieren und waren im Vergleich zu denen, die Iacopo bisher kennengelernt hatte, geradezu schüchtern.
Roderigo schob ihn durch die Eingangstür. Er teilte einem würdig aussehenden Majordomus mit, Iacopo sei ein Vertrauter des Prinzen Alonzo, um den man sich kümmern solle. Er verabschiedete sich mit einem kurzen Gruß von Iacopo, stieg eine Marmortreppe hoch und war verschwunden. Sein Schützling blieb mit offenem Mund in der opulenten Eingangshalle zurück.
Die Blätter der vergifteten Blume hatten sich geöffnet, wie Alexa es vorhergesehen hatte. Ihr Schwager kannte sich ebenfalls in der Kunst der Verführung aus.
Iacopo wurde gebadet, massiert und eingeladen, zwei Mädchen zuzusehen, die sich miteinander vergnügten. Als die beiden ihr Liebesspiel nach einer Weile unterbrachen, wollte Iacopo nur noch tun, was er noch nie zuvor getan hatte: selbst zwischen den Schenkeln einer dieser Frauen liegen.
»Welche von uns möchtest du haben?«
Er wählte die jüngere, hübschere, dümmere. Wie Alexa erwartet hatte. Als das blonde Mädchen sah, wie er ihr rundes Hinterteil sehnsüchtig in einem Spiegel betrachtete, konnte sie ein Lächeln nicht unterdrücken. »Ist das dein erster
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