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Blade Runner Ubik Marsianischer Zeitsturz

Titel: Blade Runner Ubik Marsianischer Zeitsturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Philip K
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jetzt standen.
    Â»Es würde mich nicht überraschen, wenn an der Zeittheorie etwas Wahres wäre«, sagte Leo. Er schaute auf seine Armbanduhr. »Ach, und da wir gerade von Zeit sprechen, ich finde, wir …«

    Â»Ja«, willigte Jack nachdenklich ein, »wir sollten zurückfliegen.«
    Noch etwas war ihm an der Zeichnung des Kindes aufgefallen. Er fragte sich, ob sein Vater es auch bemerkt hatte. Die Gebäude, die weiträumigen Genossenschaftswohnungen, die der Junge skizziert hatte, veränderten sich vor ihren Augen auf verhängnisvolle Weise. Beim Betrachten entdeckte er einige letzte Details, die Leos Blick erstarren ließen; er schnaufte und sah seinen Sohn an.
    Die Gebäude waren alt, sackten schon durch. Ihre Fundamente wiesen große Risse auf, die nach oben ausstrahlten. Fenster waren zerbrochen. Und auf dem Land um sie herum wuchs etwas, das wie hohe Unkrautbüsche aussah. Es war ein Bild des Verfalls und der Verzweiflung und einer schweren, zeitlosen Bürde.
    Â»Jack, er zeichnet einen Slum!«, rief Leo aus.
    Das war es: ein verfallender Slum. Gebäude, die Jahre, vielleicht schon Jahrzehnte gestanden hatten, deren Blütezeit vorbei war und die man dem Verfall preisgegeben hatte, altersschwach und teilweise verlassen.
    Manfred zeigte auf einen klaffenden Riss, den er gerade gezeichnet hatte, und sagte: »Kwatsch.« Seine Hand fuhr über das Unkraut, die zerbrochenen Fenster. Wieder sagte er: »Kwatsch.« Er warf ihnen einen Blick zu und lächelte ein wenig ängstlich. »Was bedeutet das, Manfred?«, fragte Jack.
    Er bekam keine Antwort. Der Junge zeichnete weiter. Und während er zeichnete, wurden die Gebäude vor ihren Augen älter und älter, zerfielen mit jedem verstreichenden Moment immer mehr zu Ruinen.
    Â»Gehen wir«, sagte Leo heiser.
    Jack nahm das Papier und die Buntstifte des Jungen an sich und zog ihn auf die Füße. Alle drei stiegen wieder in den Hubschrauber.

    Â»Sieh mal, Jack«, sagte Leo. Er musterte die Zeichnung des Jungen eingehend. »Was er da über den Eingang des Gebäudes geschrieben hat.«
    In verschlungenen, zittrigen Buchstaben hatte Manfred geschrieben:
    AM-WEB
    Â 
    Â»Muss wohl der Name des Gebäudes sein«, sagte Leo.
    Â»Ist es auch«, erwiderte Jack, als er das Wort entzifferte; es war die Zusammenziehung eines genossenschaftlichen Slogans. »›Alle Menschen werden Brüder‹«, flüsterte er auf Deutsch. »Das taucht bei der Genossenschaft immer wieder auf.« Er erinnerte sich noch gut.
    Jetzt griff Manfred erneut nach den Buntstiften und nahm sein Werk wieder auf. Unter den Augen der beiden Männer zeichnete er etwas an den oberen Rand des Bildes. Dunkle Vögel, wurde Jack klar. Riesige, düstere, geierartige Vögel.
    Hinter eines der zerbrochenen Gebäudefenster zeichnete er ein rundes Gesicht mit Augen, Nase und einem heruntergezogenen, verzweifelten Mund. Jemand im Innern des Gebäudes, der stumm und hoffnungslos hinausstarrte, als wäre er darin gefangen.
    Â»Aha«, sagte Leo. »Interessant.« Sein Gesichtsausdruck zeigte grimmige Wut. »Aber warum zeichnet er so etwas? Das kommt mir nicht gerade wie gesundes oder positives Verhalten vor. Warum kann er es nicht so zeichnen, wie es einmal sein wird, neu und ohne jeden Makel, mit spielenden Kindern und Haustieren und zufriedenen Menschen?«
    Jack sagte: »Möglicherweise zeichnet er eben das, was er sieht.«
    Â»Also, wenn er das da sieht, ist er krank. Es gibt so viel Herrliches und Wunderbares, was er stattdessen sehen könnte – warum sollte er so was sehen?«

    Â»Vielleicht hat er keine andere Wahl«, sagte Jack. Kwatsch, dachte er. Ich frage mich: Könnte Kwatsch Zeit bedeuten? Die Kraft, die für den Jungen Verfall, Verschleiß, Vernichtung und letztlich Tod bedeutete? Eine Kraft, die überall am Werk ist, allerorts im Universum.
    Und sieht er nur das?
    Wenn ja, dachte Jack, wundert es mich nicht, dass er autistisch ist; kein Wunder, dass er nicht mit uns kommunizieren kann. Eine so einseitige Sicht des Universums – sie bietet nicht einmal ein vollständiges Bild der Zeit. Zeit bringt nämlich auch Neues hervor; sie bringt auch Reife und Wachstum mit sich. Und offensichtlich nimmt Manfred diesen Aspekt der Zeit gar nicht wahr.
    Ist er krank, weil er es so sieht? Oder sieht er es so, weil er krank ist? Vielleicht eine sinnlose Frage,

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