Blanche - Die Versuchung
Das stand ihr gut, fand Blanche. „Aber nein. Ich glaube , das ist ein Test oder so.“
„Ich könnte ihn ebenfalls testen.“ Zum Beispiel , wie weit er bei einem Tritt in den Hintern flog. Zu ihrer Enttäuschung schüttelte Nella den Kopf.
„Professor Bernard hat gesagt, dass er nichts gegen mich persönlich hat. Er muss sich erst an die neue Situation gewöhnen.“
Dieser dämliche Klugschei ß er hatte anscheinend auf alles eine Antwort. „Und wie will dein Professor dem kleinen Kotzbrocken Manieren beibri n gen?“
„Gar nicht“, sagte sie überrascht. „Er meint, dass sich der Junge aus dieser Phase rauswächst.“
Darauf würde sie nicht wetten. Ein verzogener Bengel wurde immer selbstsüchtiger, wenn niemand rechtzeitig eingriff und gegensteuerte. Im Moment testete er seine Grenzen aus, und weder sein Papino noch Professor Schlaumeier boten ihm Einhalt. In zehn Jahren hätte er sich zu einem eg o zentri sch en Arschloch entwickelt, der es gewohnt war, seinen Willen durc h zusetzen, egal wie und auf wessen Kosten.
„Kann ich vielleicht auch etwas für dich tun?“, fragte Nella unsicher.
Aber sicher. Wie wäre es mit einem Magazin Mantelgeschosse, deren Kern Weihwasser enthält ? Die ideale Kur für Zoey Hurensohnowitsch, z u mindest eine, die er nicht so schnell vergessen würde.
Innerlich seufzte sie. Also schön, anscheinend lief das so unter Freunden. Erst verabredete man sich zum Einkaufen, dann plauderte man ein wenig über die lieben Kinder und zum Schluss bittet die e ine die a ndere um einen Gefallen. Kein Problem, das packte sie, sie war ein Profi. Was war das schon, verglichen mit der Observierung, die sie mit vierzehn Jahren mit Wayne durchgeführt hatte ? Damals sollten sie einen Drogendealer bei der Übergabe des Stoffs beobachten. Wenn die Pakete mit einem schwarzen Punkt ma r kiert waren, den man nur unter Infrarot sehen konnte, handelte es sich um gestohlene Straßenware, und der Dealer war fällig. Stundenlang hockten sie mit diesen bescheuerten Brillen an der vereinbarten Stelle. Blanches Beine waren dreimal eingeschlafen und sie hatte schrecklichen Durst. Als der Typ endlich aufkreuzte, stellte sich heraus, dass das Ganze eine Falle für Wayne war. Also mussten sie sich einen Weg da raus schießen, und durch die Kan a lisation fliehen. Der Gestank war nichts gegen ihre Angst. Nicht um sich selbst, sondern um ihren Mentor, der nicht zuließ, dass sie getroffen wurde. Er hatte mehrere Patronen für sie abgefangen, bevor er blutend den Rückzug antrat. Die Schweine waren entkommen, zumindest zwei von ihnen. Der Rest war an Ort und Stelle von Wayne exekutiert worden. Einmal in den Kopf, zweimal ins Herz – so hatte sie es gelernt.
Später war Wayne zurückgegangen und hatte die Verfolgung der beiden flüchtigen Dealer aufgenommen. Keine v ierundzwanzig Stunden später wu r den ihre Leichen aus der Seine gefischt. Die Hintermänner gehörten zum algerischen Kartell, das Enzos unbequemen Henker loswerden wollte. Eine schlechte Idee, wie sich herausstellte, denn ihre Köpfe wurden zwei Tage später an die Führer der anderen Klans geschickt. Einer davon war an Sergej gegangen, und dieser hatte die Warnung verstanden. Danach wurde Wayne für einige Monate nicht mehr behelligt.
Dagegen war das hier ein Kinderspiel. Obwohl sie sich lieber ihren Weg freigeschossen hätte, als mit Nella Geheimnisse auszutauschen.
Andererseits … Sie räusperte sich. „Da wäre schon etwas . “
Nella strahlte. „Ja?“
„Ich meine, du hast doch bestimmt …“
Nella bedeutete ihr mit einem Nicken , fortzufahren. Abermals räusperte sich Blanche.
„Ich meine , du kennst dich doch mit Sex aus, oder?“
Nella hob die Schultern. „Was willst du wissen?“
„Es ist so. Ich treffe mich mit jemandem …“
„Ehrlich?“, brach es aus ihr heraus. Als sie Blanches gequälten G e sicht s ausdruck bemerkte, schwieg sie und nickte ihr aufmunternd zu.
„Ja, also, er ist etwas B esonderes, weißt du ? “
Wieder nickte Nella.
Verdammter Mist, warum hatte sie damit angefangen? „Der Sex ist toll und so. Aber beim letzten Mal – ich weiß auch nicht. Es war so …“ Heiß? He f tig? Hungrig? „… brutal.“
„Hat es dir gefallen?“ J etzt flüsterte Nella.
Wahrscheinlich war das auch besser so. Sie vermutete, dass hier überall Wanzen angebracht waren und stellte sich vor, wie es im Kontrollraum i m mer leiser wurde, und sich die Jungs vor den Monitoren weiter vorbeugten , damit ihnen
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