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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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seiner Linken, Liebesromane zur Rechten – und lächelte wieder. »Perfekt.« Er hielt inne. »Ich möchte, dass Sie verstehen«, sagte er, »dass Ihnen wirklich ganz klar ist, dass Sie von meiner Seite aus unter keinerlei Druck stehen, Mrs Patston. Der Sinn der Sache ist einzig und allein, Ihnen zu helfen, die Kontrolle über Ihr Leben wiederzugewinnen, die sie verloren zu haben glauben.«
    »Woher wissen Sie von mir? War es das Krankenhaus?« Joanne musste es wissen, bevor sie weitermachte. »Ich habe Mr Novak gefragt, aber er hat mir keine richtige Antwort gegeben.«
    »Eine der Krankenschwestern, eine Freundin, hat sich Sorgen um Irina und Sie gemacht«, sagte Allbeury.
    »O Gott«, sagte Joanne.
    »Schon gut. Es war nichts Offizielles.« Er hielt inne. »Hat Ihre Angst irgendwie mit Irinas Adoption zu tun?«
    »Warum fragen Sie das?«, fragte Joanne misstrauisch.
    »Weil Mike Novak versucht hat, ein bisschen mehr über Sie herauszufinden. Und als er zu der Adoption kam, ist er auf ein paar Lücken gestoßen. Machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Mike versteht seinen Job. Er hat keine Wellen geschlagen.«
    Joanne zögerte noch einen Moment. Am liebsten hätte sie sich Irina geschnappt und wäre davongelaufen.
    Irgendjemandem musst du vertrauen.
    »Die Adoption war nicht legal«, sagte sie und fühlte sich, als wäre sie von einer Brücke gesprungen.
    In der Bücherei war es ruhig. Es war kaum jemand hier außer den Bibliothekaren, und die waren in ihre Arbeit vertieft, tauschten hier und da ein paar Worte und zeigten keinerlei Interesse an Joanne und Allbeury. Nach einer Weile zogen die beiden an den Tisch um, schlugen Bücher und Zeitungen auf und sprachen sehr leise miteinander. Allbeury, fand Joanne, war ein guter Zuhörer. Das musste er in seinem Beruf wohl auch sein.
    »Eigentlich müsste ich Tony hassen, ich weiß«, sagte sie. »Aber das konnte ich nie, nicht richtig, weil er das alles ja für mich getan hat. Dass wir Irina auf diese Weise zu uns geholt und so viel Geld ausgegeben haben, dass wir all diese Risiken eingegangen sind.« Sie warf noch einen kurzen Blick auf das Kind und fuhr eilig fort: »Ich glaube nicht, dass er seine Trinkerei noch im Griff hat, und sie ist der Grund für seine Gewalttätigkeit. Vielleicht auch, weil Irina ihn daran erinnert, dass er kein richtiger Vater ist. So hat er das immer gesehen, verstehen Sie? Und das macht ihn wütend.«
    »Was glauben Sie«, fragte Allbeury, »würde passieren, wenn Sie bei Tony blieben?«
    »Ich weiß es nicht.« Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie wischte sie ab.
    »Sie haben große Angst, nicht wahr?«, fragte Allbeury.
    »Ja.«
    »Wovor fürchten Sie sich am meisten, Joanne?«
    »Dass Irina schlimm verletzt wird«, sagte sie.
    »Und dass die Behörden sie Ihnen wegnehmen?«
    »Ja!«, stieß sie verzweifelt hervor, und drüben, bei den gebundenen Romanen, schaute eine Frau auf. »Sie braucht mich.« Joanne senkte die Stimme wieder. »So wie ich sie brauche.«
    »Natürlich«, sagte Allbeury. »Wenn Sie einen sicheren Platz für Irina und sich fänden, einen Ort, an den Sie gehen können und wo weder Ihr Mann noch die Polizei Sie fänden …«
    »Ich habe kein Geld«, sagte sie schnell.
    »Was ich Ihnen anbiete, würde Sie keinen Penny kosten«, sagte Allbeury. »Sie würden mit neuer Identität in einer vollkommen anderen Umgebung leben. Und irgendwann, wenn Irina in die Schule geht, können Sie wieder arbeiten gehen, wenn Sie wollen – unabhängig werden.«
    »Eine neue Identität? So wie bei wichtigen Zeugen?«
    »So etwas Ähnliches.« Allbeury nickte. »Nur dass niemand Sie auffordern würde, gegen Tony auszusagen, weil uns klar ist, dass Sie damit riskieren würden, Irina zu verlieren.«
    Drüben am Fenster stand Irina von ihrem Stuhl auf.
    »Ich muss zu ihr«, sagte Joanne.
    »Tun Sie das«, sagte Allbeury. »Ich warte.«
    Er beobachtete, wie sie zu dem Kind ging und kurz mit ihm sprach. Er sah den lieben, ernsten Gesichtsausdruck des kleinen Mädchens, als sie zuhörte, was ihre Mutter ihr sagte; er sah, wie sie mit Joanne zu den Kinderbuchregalen ging und sich dann mit einem neuen kleinen Stapel Bücher wieder an den Tisch setzte.
    Ein braves, ungewöhnlich geduldiges Kind. Es fiel Allbeury schwer, daran zu denken, woher dieser Gehorsam kam.
    »Tut mir Leid«, sagte Joanne, als sie sich wieder setzte. »Ich kann nicht mehr lange bleiben.«
    »Das sehe ich«, sagte er. »Sie haben bestimmt Fragen.«
    »Ja. Vor allem eine.

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