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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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Einkommensquelle versiegte – was in Anbetracht ihrer Ursache unzweifelhaft der Fall sein würde –, würde Tony verärgert sein, vielleicht schlimmer als zuvor.
    »Es ist äußerst wichtig«, erklärte Novak, »dass Sie sich genau so verhalten, wie Sie es immer tun, bis Sie wieder von mir hören. Vor allem dürfen Sie mit absolut niemandem über den Plan sprechen.«
    »Da ich nicht weiß, wie der Plan aussieht«, sagte Joanne, »dürfte das nicht schwierig sein.«

35.
    Abgesehen vom Beginn der Vorweihnachtszeit zählte der Oktober für Christopher zu den aktivsten Monaten, auch was seine karitativen Tätigkeiten betraf, zu denen das größte HANDS-Benefiz-Dinner des Jahres im Savoy gehörte, sodass Christopher in den Wochen zuvor fast genauso viel Zeit bei Besprechungen mit Dalia Weinberg und den Mitgliedern von HANDS verbrachte wie in Operationssälen oder Sprechzimmern.
    Sich nach außen hin weiterhin als eheliche Einheit zu präsentieren, wozu Lizzie sich stillschweigend bereit erklärt hatte, erwies sich als belastend für beide. Immerhin war es vor den Kindern, die sie beide mit gleicher Leidenschaft liebten, weniger schwer; auf gewisse Weise hatte Lizzie ja auch schon jahrelange Übung darin, vorzugeben, dass in ihrem ehelichen Garten alles bestens gedieh. Doch ihre Willenserklärung hatte die Machtpositionen in ihrer Ehe verschoben, und so bußfertig Christopher sich ihr gegenüber auch zu geben versuchte, echte Demut lag ihm nicht.
    »Kommst du dieses Jahr mit ins Savoy?«, fragte er sie acht Tage nach ihrer Konfrontation.
    »Warst du schon bei einem Psychiater?« Trotz des späten Abends war sie mitten im Backen und rollte gerade Teig für eine Pastete aus.
    »Nächste Woche habe ich einen Termin.« Er warf einen kurzen Blick zur Tür.
    »Bei wem?« Lizzie streute ein wenig Mehl auf ihr Nudelholz. »Keine Bange. Die Kinder sind im Bett, und Gilly nimmt ein Bad.«
    »Es ist nur ein Vorgespräch.«
    »Trotzdem«, entgegnete sie ruhig, »wüsste ich gern einen Namen.«
    »Hast du vor, mich zu kontrollieren?« Seine Wangen röteten sich.
    »Ich glaube nicht.«
    »Duncan Campbell«, sagte Christopher. »Dienstag um zwanzig Uhr.« Er hielt inne. »Er empfängt mich aus Kollegialität unter Ärzten außerhalb der Praxiszeit.«
    »Gut«, sagte Lizzie. »Das ist nett von ihm.«
    »Es tut mir Leid«, sagte Christopher, »dass du mir das aus der Nase ziehen musstest. Ich weiß, es gehört zu unserer Abmachung.«
    »Schon gut.« Lizzie hörte auf, den Teig auszurollen. »Es ist nicht meine Absicht, dich in Verlegenheit zu bringen.«
    »Du hättest jedes Recht dazu.«
    »Ich komme mit zum HANDS-Dinner«, sagte sie plötzlich.
    »Vielen Dank.« Er zögerte. »Ich fürchte, ich muss dich noch um einen weiteren Gefallen bitten.«
    »Und welchen?« Sie holte eine Backform aus einem Schrank, schnitt ein wenig weiche Butter von einem großen Stück ab und fettete die Backform ein.
    »Du weißt doch, dass David Lerman vor kurzem ein künstliches Hüftgelenk bekommen hat?«
    »Natürlich. Wir haben ihm Blumen geschickt.«
    »Weil er krank war, habe ich in letzter Zeit mit seinem Seniorpartner zu tun gehabt, Robin Allbeury.«
    »Gibt es Probleme?« Lizzie hob den Teig vom Brett in die Backform, drückte ihn gleichmäßig fest und schnitt geschickt die Ränder zurecht.
    »Im Gegenteil. Er ist eigentlich Experte für Eherecht, aber er hilft HANDS aus Gefälligkeit, und er ist sehr tüchtig. Außerdem ist er ein Fan von dir, wie sich herausgestellt hat.«
    Sie sah ihn an. »Um was für einen Gefallen geht es denn?«
    »Ich würde ihn gern zum Abendessen einladen, wenn es dir nicht zu viel ausmacht.«
    »Du möchtest, dass ich mitkomme?«, fragte sie.
    »Ich hatte eigentlich gehofft«, sagte Christopher, »dass du für ihn kochst.«
    »Kommt darauf an, wann.«
    »Also wärst du bereit?«, fragte er.
    »Im Prinzip ja.«

36.
    Eine Woche war bereits verstrichen, und das Warten wurde zur Qual.
    Voller Zweifel, Schuldgefühle und Angst vor dem Ungewissen, dem sie ihr Kind aussetzen würde, quälte Joanne jetzt zusätzlich die Tatsache, dass Tony sich Irina gegenüber immer noch wie ein normaler Vater benahm. Nicht unbedingt vorbildlich, aber auch nicht wie ein Ungeheuer.
    Wir könnten hier bleiben.
    Wenn sie nur wüsste, was vor ihr und Irina lag. Wenn sie nur ein klein wenig mehr darüber wüsste, wie ihr Verschwinden vonstatten ginge. Dann wäre sie nicht so verängstigt.
    Sie hatte ihr Leben und Irinas Zukunft Fremden anvertraut:

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